Menden. Ein Mendener soll seine Frau unter Gewalt sexuell berührt haben. Die Aufklärung gestaltet sich schwierig. Ein langer Whatsapp-Chat soll helfen.
Ein Mendener steht unter dem Verdacht, seine Ehefrau gegen ihren Willen und mit Gewalt sexuell bedrängt zu haben. Deshalb muss er sich vor dem Mendener Amtsgericht verantworten. Die Aufklärung gestaltet sich schwierig. Der Mann bestreitet sogar, dass es eine legale Annäherung gegeben hat. Weil direkte Zeugen fehlen, geht es auch um Glaubwürdigkeit. Deshalb muss das Gericht zur Aufklärung weit ins Privat- und Intimleben des Paares vordringen. Ein Whatsapp-Chat soll dabei helfen. +++ Das könnte Sie auch interessieren: Mann kassiert Arbeitslosengeld und bedrängt Frau +++
Keine Erinnerungen an eine Annäherung zur Ehefrau
Der Angeklagte präsentiert sich unauffällig. Man könnte ihn schnell für einen Sachverständigen im Gerichtssaal halten. Er hat sich schick gemacht, macht sich fortlaufend Notizen in seine Ledermappe. Er zeigt sich redewillig. Im Bett sei nie viel gelaufen, sagt der Mann. „Wir hatten nicht viel sexuellen Kontakt, die ganze Ehe nicht.“ Er bringt das als Argument dafür an, dass es diesen Vorfall gar nicht gegeben haben könne. Richter Martin Jung stellt die Argumentation des Angeklagten gleich zu Anfang in Frage und macht klar, dass er sich da nichts auftischen lassen werde: „Zweimal sollten Sie zumindest sexuellen Kontakt gehabt haben. Sie haben zwei Kinder.“ Oft muss der Angeklagte seine Aussagen auf erneute Nachfrage ein wenig relativieren. Dann bleibt er doch dabei: Den letzten Sex habe es in der Schwangerschaft gegeben.
Existenzängste in schwieriger Ehe für den Mann
Es sei ein schwieriger Umgang untereinander gewesen. Seine Frau habe ihn dann aber ab und an trotz getrennter Betten verführen wollen. Er habe das abgeblockt. Sie seien sich nur näher gekommen, wenn die Kinder dabei waren, dann aber nicht auf sexueller Ebene. Er habe es mit Hilfsangeboten probiert. Sie habe das abgewehrt. Unstrittig bleibt, dass die Ehe des Paares den Bach runter ging. Er spricht selbst von Existenzängsten. „Es war dieses verflixte siebte Jahr.“ Auch seine Verzweiflung bleibt unstrittig.
Das Gericht muss weite Umwege gehen, um sich der eigentlichen Tat zu nähern. Der Angeklagte will sich noch nicht einmal an einen Vorfall erinnern, der von der Ehefrau als Gewalt hätte interpretiert werden können. Daran ändert auch häufiges Nachfragen nichts.
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Gericht lässt kompletten WhatsApp-Chat auswerten
Das Gericht hat den kompletten WhatsApp-Chat seit 2019 zwischen den Eheleuten als Beweismittel herangezogen. Ausgedruckt umfasst die Kommunikation einen kompletten Aktenordner. In den Chatverläufen, die in Auszügen vor Gericht verlesen werden, ergibt sich ein anderes Bild, als es der Angeklagte beschreibt. Dort schildert der Angeklagte in expliziten Worten seine sexuellen Nöte, versucht seine Frau zu neuer körperlicher Liebe zu motivieren. Er zeigt auch Gefühle und sich von der verletzlichen Seite. Sie wehrt ab, aber lässt auch die Option offen, dass es wieder was werden könne. „Für mich klingt das überhaupt nicht nach dem, was Sie uns hier schildern“, sagt auch die Staatsanwältin. Er erklärt: Es habe einen klaren Unterschied zwischen dem gegeben, was geschrieben und dem, was gesprochen worden sei.
Staatsanwaltschaft und Gericht haken immer wieder nach, weil der Angeklagte selbst Dinge bestreitet, die nachvollziehbar und längst nicht strafbar wären. Er fragt: „Wieso wühlen wir gerade in unserem Privatleben rum?“
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Man versuche den Vorfall aufzuklären, sagt Richter Jung immer wieder. Die Ehefrau hatte die Tat angezeigt, als ein Streit im gemeinsamen Haus eskalierte und die Polizei hinzugezogen wurde. Sie zeigte an, dass er gegen ihren erkennbaren Willen ihre Kleidung beiseite gezogen und sie intim berührt haben soll. Dabei soll der Mann ihre Hände festgehalten haben. „Es geht hier nicht um eine eiskalte Tat gegen den Willen“, sagt Martin Jung schon in der Vernehmung. Es gebe eine klare Abstufung zur Vergewaltigung.
Angeklagter äußert Vorwürfe an die Ehefrau
Auf Nachfragen der Staatsanwältin zeigt sich der Angeklagte zunehmend ungeduldig. Immer wieder kommt die Frage, ob er nicht doch auch mal seiner Frau nähergekommen sei. Das sei doch durchaus aus allen Zusammenhängen nachvollziehbar. Ja, er habe auch Bedürfnisse, sagt er: „Ich habe nicht umsonst geheiratet und mit der Frau zwei Kinder gezeugt.“ Gleichzeitig streitet er wieder ab, dass er sich ihr genähert habe. +++ Auch interessant: E-Mails entlasten Mendenerin +++
Der Angeklagte wirft seiner Frau vor, dass sie ihn aus dem Haus verdrängen wolle. Auch sein Auto wolle sie von ihm haben. An einem weiteren Verhandlungstag soll jetzt die Ehefrau als Zeugin aussagen. Sie hat angekündigt, dass sie nicht von ihrem Schweigerecht Gebrauch machen will. Der Ausgang des Verfahrens ist offen.