Menden/Balve/Lüdenscheid. Premiere fürs MK-Impfzentrum in Lüdenscheid: Der Kreis zeigt sich zufrieden, Besucher kritisieren glatte Straßen und Parkplätze. Viele zu früh.
Karl-Heinz Schneidermann ist 94. Der frühere Bauingenieur aus Lendringsen zählt an diesem Montagnachmittag zu den ersten, die im Impfzentrum in der Lüdenscheider Schützenhalle am Loh den ersehnten Stich gegen die Coronaseuche erhalten sollen. Geduldig sitzt er schon seit einer halben Stunde im Wagen neben seinem Schwiegersohn Gerd Küster auf dem riesigen, schneebedeckten Parkplatz vor der Halle. Die beiden Mendener sind deutlich früher als zu ihrem Termin um 14.15 Uhr hier. Gerd Küster ist zeitig losgefahren, weil er nach dem Wintereinbruch mit einer längeren Fahrtzeit gerechnet hatte. „Auf der A2 standen sie ja quer.“ Doch sie seien einigermaßen durchgekommen, auf der A 46 und auch auf der Sauerlandlinie. Ob es einen Wartebereich gibt, wissen die beiden nicht. „Das ist nicht schön so, aber im Wagen ist es warm genug“, sagt Küster.
Bis 18 Uhr nur neun Absagen, drei Viertel der Kandidaten sind versorgt
Deutlich länger als für den Weg nach Lüdenscheid hatte Küster vor Wochen gebraucht, um für den Schwiegervater online den Impftermin zu ergattern. Wegen des Wetters wollte er den nun verlegen lassen. „Aber da wurde mir dann gesagt, dass es dann März, April oder Mai werden könnte.“ Worauf er sich mit dem Schwiegervater entschlossen habe, dann doch lieber die Rutschpartie nach Lüdenscheid in Kauf zu nehmen.
Bis etwa 18 Uhr zählt der Märkische Kreis nur neun wetterbedingte Absagen bei 264 Impflingen, von denen jetzt rund 180 versorgt sind. Das sind wenige angesichts eines Wintereinbruchs, der seinen Namen tatsächlich verdient hat. Jetzt geht es hier noch bis annähernd 8 Uhr abends weiter. Ab dem kommenden Montag soll hier auch vormittags geimpft werden. Die Umwandlung der Schützenhalle am Loh in ein medizinisches Zentrum konnte auch dank der Mendener Firma Optimal Messe- und Ausstellungsbau GmbH realisiert werden.
Man liege am ersten Tag gut im Rennen, auch wegen der Frühansteher, denn die seien rasch durchgeleitet und geimpft worden, berichtet Alexander Bange vom MK-Presseteam am frühen Abend. Und wer am Montag nicht kommen konnte, erhielt für Dienstag zur selben Uhrzeit gleich einen neuen Termin. Der findet dann zwar am Nachmittag nach einer eiskalten Nacht statt, aber immerhin soll es am Dienstag nicht mehr so stark schneien.
Ärger über Baubetrieb der Stadt Lüdenscheid: „Die hätten hier räumen müssen“
Dann bleibt laut Gerd Küster zu hoffen, dass vor allem die Stadt Lüdenscheid sich besser vorbereitet zeigt. So sei auf dem ganzen Weg von Menden bis hierher die am schlechtesten präparierte Strecke ausgerechnet die Reckenstraße gewesen, die steil hinauf zur Schützenhalle führt.
Dann folgt der Parkplatz: Zwar ist die direkte Zuwegung geräumt, aber eben nur die: „Den Parkplatz hätten sie vorher doch schieben müssen, da war den ganzen Tag über Zeit. Und die wussten doch, dass heute lauter sehr alte Menschen kommen, die jetzt mit ihren Rollatoren durch den Schnee müssen“, ärgert sich ein Lüdenscheider Impfkandidat über den städtischen Baubetrieb.
Von Risikogruppen und „Jammern auf hohem Niveau“
Auf die Frage, ob er sich denn jetzt freue, mit der Impfung einen wirksamen Schutz gegen das für hochbetagte Menschen so gefährliche Coronavirus zu erhalten, antwortet Karl-Heinz Schneidermann unterdessen mit einem Satz, der für seine Generation wohl charakteristisch ist: „Man verhält sich, wie man das von uns erwartet.“ Schwiegersohn Gerd Küster ist mit 68 selbst „hart an der Risikogruppe“, wie er sagt. Er hätte es praktisch gefunden, wenn man die Begleitpersonen gleich mitimpfen würde. „Aber klar, die Älteren sind zuerst dran.“ Ohnehin werde auf hohem Niveau zu viel gejammert, findet der Mendener.
Die Pünktlichen und die Frühen: Zum Start um 14 Uhr drubbelt sich’s am Eingang
Zehn nach Zwei: Als die beiden maskiert losgehen, hakt sich Schneidermann bei seinem Schwiegersohn unter, mit dem anderen Arm stützt er sich auf seine Gehhilfe. Vor dem nahen Eingang zur Schützenhalle zeigt sich, dass fast alle Seniorinnen und Senioren in Begleitung hier sind. Viele sind, wie die Mendener, wetterbedingt offenbar zu früh dran, sie wollen aber nicht mehr in den Autos warten.
Jedenfalls sammelt sich bald eine größere Gruppe, 40 bis 50 Leute, erst vor dem Bauzaun und dann in der Schlange zum dahinterliegenden Empfangszelt. Das sollte durch die Terminvergaben eigentlich vermieden werden. Doch dass die Gruppenbildung aus virologischer Sicht trotz der FFP2-Masken problematisch ist, bemerken nur die frierenden Journalisten vor dem Zaun. Sie erhalten wegen des Seuchenschutzes ebenso wenig Zutritt zur Halle wie der ältere Mann, der gerade abgewiesen wurde. Er schimpft jetzt laut, dass er hier „keinen Termin bekommen“ habe, dabei habe das schon am Telefon nicht geklappt. Es ist allerdings auch nicht vorgesehen, sich direkt in der Halle zu melden.
Mit Vorab-Beratung und anschließender Beobachtung dauert es eine gute Stunde
Im Laufe des Nachmittags tröpfelt es dann nur noch, was die neu eintreffenden „Impflinge“ betrifft. Mit dem Ablauf hat sich nach Angaben der Pressestelle auch der Ärztliche Leiter des Impfzentrums Dr. Gregor Schmitz zufrieden gezeigt. Schmitz ist Hausarzt in Balve.
Karl-Heinz Schneidermann hat die Prozedur in einer der zwölf Impfkabinen samt Beratungsgespräch vorab und anschließender Beobachtungsphase nach einer guten Stunde hinter sich gebracht. Für Begleitpersonen wie Gerd Küster haben sie nach Anfragen rasch noch eine Wartezone eingerichtet. Sein Termin für die zweite Impfung liegt im März. Dann hoffentlich bei weniger Eis und Schnee.
Hier noch einmal alle wichtigen Regelungen für das Impfzentrum auf einen Blick.