Olpe. Ein Rentner aus Olpe erhielt einen Anruf. Der Anrufer gab sich als Polizist aus, seiner Tochter wäre etwas passiert. Wie der Mann reagiert hat.
Herr M. aus Olpe ahnt nichts Böses, als er den Telefonhörer abnimmt. Warum auch. Eine Frauenstimme meldet sich am anderen Ende der Leitung. Eine Frau Schmidt. Frau Schmidt von der Polizei. „Ihre Tochter hat einen Unfall gehabt“, sagt die Anruferin. „Sie hat eine schwangere Frau angefahren und dann Fahrerflucht begangen.“ Der Rentner weiß nicht wie ihm geschieht. Sofort schießen Bilder durch seinen Kopf. Sein Blutdruck steigt. Er steht unter Schock. Seine Tochter? Nein, bitte, das darf einfach nicht sein. Und tatsächlich. Der Anruf ist nicht echt. Es handelt sich um einen versuchten Telefonbetrug – aber der Senior reagiert richtig.
Seit seiner Kindheit lebt Herr M. nun schon in Olpe. Hier ist er aufgewachsen. Hier hat er seine Familie gegründet. Der 80-Jährige und möchte nicht erkannt werden. Er möchte nicht, dass ihn fremde Menschen auf seine Geschichte ansprechen. Denn er hat einige Schicksale erleben müssen. Herr M. ist Witwer. Seine Frau ist im Herbst 2019 gestorben. Demenz Pflegegrad Vier. Die ganzen Jahre hat er sie gepflegt. Ganz allein. So lange sie konnte ist sie noch in die Stadt gegangen. Sie hatte Freude daran, Kleinigkeiten zu kaufen. Ihre gemeinsame Wohnung in Olpe trägt heute noch ihre Handschrift. An der Wand hängen die gestickten Bilder, die sie zusammen gemacht haben. Dekoartikel in Rosenoptik zieren das Wohnzimmer. Rosen waren ihre Lieblingsblumen. „So traurig es auch ist, aber sie hat wenig gelitten“, sagt der Rentner.
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Doch es sollte nicht bei diesem Schicksalsschlag bleiben. Kaum ein Jahr später stirbt sein Sohn. Er ist gerade mal 56 Jahre alt geworden. Eigentlich haben Vater und Sohn jeden Sonntag miteinander telefoniert. Doch an diesem einen Sonntag ruft er nicht an. Herr M. wird nervös, ruft in der Verwandtschaft an, ob jemand etwas von ihm gehört hat. Später öffnet die Polizei die Wohnung seines Sohnes – der Mann wird tot im Sessel sitzend vorgefunden. Keine Fremdeinwirkung. Kein Eigenverschulden. Ein natürlicher Tod. Der 56-Jährige hatte schon länger Probleme mit dem Herzen.
Die Frau weint nur
Als dann plötzlich am Dienstag, 5. Oktober, das Telefon klingelt, ist die Angst zunächst groß. Noch ein Schicksalsschlag könnte er jetzt nicht ertragen. Seine Tochter, die eine schwangere Frau anfährt und dann Fahrerflucht begeht? Das kann doch nicht sein. Genau das sagt er der Frau am Telefon. „Das kann nicht sein, meine Tochter wohnt in Heidelberg“, erzählt. „Ja, hier ist die Polizei Heidelberg“, erwidert die Frau und fragt ihn, ob er mit seiner Tochter sprechen möchte. Das ist der Moment, wo Herr M. stutzig wird. Mit ihr reden? Aber sie soll doch Fahrerflucht begangen haben. Er bejaht. Eine andere Frau kommt ans Telefon. Aber sie weint die ganze Zeit nur, sagt kein Wort. „Ich rufe jetzt meinen Rechtsanwalt an, der wird sich mit der Polizei Heidelberg in Verbindung setzen“, sagt er im Anschluss der angeblichen Polizistin Schmidt. Diese reagiert schnippisch. „Wenn Sie nicht wollen, dann eben nicht“, erwidert sie.
Herr M. hängt sich danach ans Telefon. Zuerst ruft er seine Tochter an – und erreicht sie auch einige Minuten später. Danach meldet er den Vorfall der Polizei. „Das war für mich ein riesiger Schock“, sagt Herr M. „Ich bin so schnell nicht darüber weggekommen. Das hat Tage gedauert.“ Ihm fällt noch ein, dass die angebliche Polizistin zunächst mit seiner Frau sprechen wollte. Aber was genau der Zweck dieses Anrufes war, ist unklar. Zu einer Forderung kam es nicht. Eben weil er zügig auf seinen Rechtsanwalt verwiesen hat, vermutet Herr M.
Kein Einzellfall im Kreis
Der Polizei Olpe sind diese Anrufe bekannt. Es handelt sich um den sogenannten Enkeltrick. Erst kürzlich haben Unbekannte eine Seniorin im Raum Olpe um eine fünfstellige Summe betrogen. Über Stunden hatte man die Frau am Telefon in ein Gespräch verwickelt – bis sie nachgegeben hat. Glücklicherweise ist das die Ausnahme, sagt Michael Klein, Pressesprecher der Polizei Olpe. „In der Regel verhalten sich die Angerufenen richtig und legen auf“, sagt er.
Es gibt kein einheitliches Schema, nach dem die Täter vorgehen. Mal spricht nur ein angeblicher Polizist am Telefon, mal ist noch ein angeblicher Staatsanwalt dabei. Die Täter orientieren sich an den Vornamen, suchen gezielt nach Namen, die auf einen älteren Menschen hindeuten. Die Anrufer erzählen von Unfällen, bei denen Menschen getötet und die Angehörigen festgenommen wurden. Durch die Zahlung einer Kaution sollten die Angehörigen wieder aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Kein Einzelfall im Kreis Olpe. „In den letzten 14 Tagen sind uns ungefähr 15 solcher Anrufe gemeldet worden“, sagt Michael Klein. „Davor ist es längere Zeit ruhig gewesen.“
So verhalten Sie sich richtig
Bei einem Anruf der Polizei erscheint nie die Notrufnummer 110 in Ihrem Telefondisplay.
Gibt sich die Anruferin/der Anrufer als Polizeibeamtin/Polizeibeamter aus, lassen Sie sich den Namen nennen und rufen Sie Ihre örtliche Polizeibehörde selbst an. Vergewissern Sie sich, ob es diese Polizeibeamtin/diesen Polizeibeamten gibt und wie sie/er erreichbar ist.
Geben Sie unbekannten Personen keine Auskünfte über Ihre Vermögensverhältnisse oder andere sensible Daten.
Öffnen Sie unbekannten Personen niemals die Tür oder ziehen Sie eine Vertrauensperson hinzu.
Übergeben Sie unbekannten Personen niemals Geld oder Wertsachen. Auch nicht Boten oder angeblichen Mitarbeitern der Polizei, Staatsanwaltschaften, Gerichten oder Geldinstituten.
Falls Sie unter der Rufnummer 110 mit einer Vorwahlnummer angerufen werden,legen Sie sofort auf und wählen Sie selbst die 110. Schildern Sie den Sachverhalt der Polizei.
Wenn Sie Opfer eines solchen Anrufes geworden sind, wenden Sie sich in jedem Fall an die Polizei und erstatten Sie eine Anzeige.
Weitere Infos finden Sie unter www.polizei.nrw/senioren