Menden. Sylvia Olbrich (44) will für die Grünen in den Landtag. Die 44-Jährige über ihre sächsische Heimat, ihre Politik und persönliche Attacken.
Sylvia Olbrich will für die Grünen in den Landtag einziehen. Die 44-Jährige wurde von ihrer Partei sehr spät nominiert. Die Iserlohn lässt im Interview aber keine Zweifel aufkommen, dass sie es mit ihrer Kandidatur ernst meine. +++ Hier gibt es am Wahltag die Ergebnisse +++
Sie wohnen in Iserlohn und sind die einzige Kandidatin, die von außen in den Wahlkreis kommt. Wie wollen Sie trotzdem in Menden und Balve punkten?
Ich glaube, dass ich durch mein soziales Profil punkten kann. Es geht nicht darum, wo jemand herkommt. Denn dann dürfte ich auch nicht Ratsfrau in Iserlohn sein. Ich komme eigentlich aus Meißen. Ich bin Zugezogene. Ich kann auch richtig Sächseln. Ich vertrete die Menschen. Ich vertrete Standpunkte.
Was hat Sie von Meißen nach Iserlohn getrieben?
Mein Ex-Mann.
Was hat Sie hier gehalten?
Es ist schön hier. Ich liebe es. Das Umfeld ist so ähnlich wie meine Heimat in Sachsen. Ich mag es hier.
Kann der Märkische Kreis etwas von Meißen lernen?
Ich denke, jeder kann etwas von jedem lernen. Man sollte nicht lernen so rechts zu sein wie viele in meiner Heimat. Es macht mir große Sorgen, dass es dort so rechte Tendenzen gibt. Das gibt es hier nicht. Nicht in dieser Form wie in Sachsen.
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Sylvia Olbrich: Für mich gibt es klare antidemokratische Tendenzen in der AfD
Sie setzen sich auch im Märkischen Kreis sehr offensiv mit Rechten auseinander. Prägt das auch den Wahlkampf?
Nein. Es prägt mein politisches Profil. Ich habe ein ganz klares Standings gegen Rechts. Ich biete einen klaren Gegenpol. Ich spreche die antidemokratischen Tendenzen, die ich in der AfD sehe, ganz klar an. Es gibt dort auch viele unsoziale Tendenzen. Die sind nicht für den kleinen Bürger, wenn ich sehe, was die über Hartz IV und Rente sagen.
Der Einzug in den Landtag wäre für Sie eine große persönliche Veränderung. Wäre das überhaupt für Sie machbar? Sie haben schon so viele Verpflichtungen.
Ja, klar. Man muss sich natürlich darüber Gedanken machen. Ja, ich bin aktuell keine hauptberufliche Politikerin. Aber dennoch prägt Politik mein Leben. Auch ein Ratsmandat bedeutet ja Verantwortung. Ich arbeite aber auch bereits in der LWL-Fraktion eng mit dem Landtag zusammen. Aber zusammengefasst sage ich: Ja, ich will! Ich habe keine Angst davor.
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Bei der vergangenen Landtagswahl sind Sie im EN-Kreis angetreten. Das bringt einem bei der Konkurrenz den Ruf ein, dass „die“ vielleicht doch nicht will und nur eine Zählkandidatin ist.
Definitiv nicht. Das war ich da nicht und das bin ich hier nicht. Sonst würde ich nicht wahlkämpfen. Das ist ja auch Arbeit. Ich würde sonst nicht so viel Engagement hineinstecken. Ich habe die Notwendigkeit einer Kandidatur gesehen im Kreis. Ja, ich will, weil ich Bock drauf habe. Selbst wenn ich es nicht werde, ist mir ein gutes Ergebnis wichtig. Ich will dem Märkischen Kreis eine starke Stimme geben.
Warum hat sich bei den Grünen zunächst niemand für die Kandidatur gefunden? Die Grünen könnten doch mit den Ergebnissen vergangener Wahlen viel selbstbewusster auftreten.
Ich hatte selbst schon vorher überlegt. Aber ich habe noch über den Zeitpunkt nachgedacht. Ich hatte gerade eine Trennung hinter mir. Aber ich habe die Unterstützung von meinem Ex-Mann und meiner Familie bekommen. Das war enorm wichtig. So eine Kandidatur geht man ja nicht an, weil ich nichts anderes zu tun habe. Das wäre der Kandidatur nicht angemessen und das wäre auch nicht wertschätzend. Ich trage doch ein starkes soziales Profil nach außen. Ich bin Christin. Ich bin Ossi. Ich gehe mit Freunden Kleinkaliberschießen. Ich bin untypisch. Für mich gibt es nicht nur den Klimaschutz, auch das soziale Profil.
Wie bekommt man das Interesse an der Politik geweckt?
Zahlt sich so eine Kandidatur auch aus, so dass sich mehr Menschen für eine Mitgliedschaft bei den Grünen interessieren? In Balve gibt es noch nicht einmal einen Grünen-Ortsverband.
Ja, das kann man sagen. Ich möchte Menschen motivieren, sich zu engagieren. Es gibt viele Politikerinnen und Politiker, die werden von den Menschen nicht mehr verstanden. Ich sage den Menschen meine Telefonnummer. Auch wenn ich ein paar bescheuerte Anrufe bekomme. Ich möchte mit den Menschen über Fragen und Probleme reden. Ich bin nicht perfekt, vielleicht der chaotischste Mensch, den man sich auf der Welt vorstellen kann. Aber man muss doch in Lösungen denken, klar reden. Redet doch alle mal wieder normal! Man kann doch Dinge normal erklären.
Dafür muss man diese Dinge selbst verstehen…
Ich komme selbst aus nicht so guten Verhältnissen. Ich sehe manchmal, wie es nicht so laufen sollte. Ich habe zwei Pflegekinder. Politik ist nicht immer einfach. Ich habe auch schon abends heulend im Bett gelegen. Manchmal ist eine Debatte doof gelaufen. Es gibt Sachzwänge. Jemand anders vertritt andere Ansichten. Dann ist man wütend, wenn die das nicht verstehen wollen.
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Die Angst vor Bodyshaming aus der rechten Ecke
Sie sprechen von Bereichen, in denen das Land tatsächlich zuständig ist. Wie kann man das Menschen auch nach dem Wahlkampf klar machen, dass Landespolitik ins Lokale hinein wirkt?
Wahlkampf ist eine Sache. Die Termine jetzt sind wichtig und gut. Aber ich ändere nach der Wahl meinen Arbeitsstil nicht. Ich bin danach auch genauso erreichbar. Ob ich gewählt werde oder nicht, ändert nichts daran, dass ich mich für die Menschen weiter einsetze. Daran wird sich nichts ändern. Ich bin ja im LWL aktiv. Schauen Sie sich den Koalitionsvertrag an. Darin sehen Sie schon meine Handschrift. Alles, was mit behinderten Pflegekindern zu tun hat, habe ich über Jahre erarbeitet. Dafür habe ich gekämpft. Ich bin Überzeugungstäterin.
Es heißt aus den anderen Parteien, dass Ihre Kandidatur die größte Wahlkampfhilfe für Matthias Eggers ist, weil Sie vielleicht eher Inge Blask etwas wegnehmen als ihm…
Ich hab doch in Hemer die Abstimmung im Gymnasium gewonnen (lacht), gegen ihn. Es wird sich nach der Wahl zeigen, wer mit wem zusammenarbeitet. Aber ich kämpfe für die Grünen, nicht für CDU, SPD oder wen auch immer.
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Sie vertreten sehr offen ihre Positionen...
Ich will nicht wegen meines netten Lächelns in den Landtag einziehen. Wegen meines Aussehens werde ich da nie reinkommen. Viele Politikerinnen erleben Bodyshaming, gerade aus der rechten Ecke. Ich habe einen dicken Hintern, an dem mir das vorbeigehen kann. Ich spiele manchmal gerne damit, um den Leuten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Aber natürlich macht das auch was mit einem. Man schaut schon genau darauf, mit wem man sich umgibt. Man muss das aber auch für sich selbst beherzigen. Ich werde immer kritisch in der Sache. Aber ich werde nie persönlich.