Hagen-Mitte. Der Volmepark mit seiner Fluss-Plattform ist neben dem Volkspark die wichtigste innerstädtische Grünfläche. Doch viele Bürger nutzen sie nicht.
Die metallenen Bänke ohne Rückenlehne in der Volmeaue erinnern eher an eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme eines Orthopäden-Lobbyverbandes als an einen Ort des perfekten Sitzgenusses. Für einen sechsstelligen Betrag wurde hier einst die ausladende, elliptische Kragterrasse am Volmepark Hagen über die Ufereinfassung des Flusses konstruiert. Eine durchaus attraktive Idee, wie sie auch in vielen anderen Städten umgesetzt wurde. Aber was ist aus diesem angedachten Ort des Verweilens eigentlich geworden? Der erste Eindruck: Ein ramponierter Holzboden mit vier schlichten Sitzangeboten macht die Plattform mit Edelstahl-Brüstung und ohne jegliches Grün nicht gerade zu einem Hort der Gemütlichkeit.
Immerhin: Wer hier Platz nimmt und die Augen fest verschließt, vernimmt bei entsprechendem Wasserstand der Volme ein imposantes Rauschen, das beinah an eine Alpenklamm erinnert. Der Verkehrslärm auf der Badstraße sowie rund um das Sparkassen-Karree wird weitgehend übertönt. Mit Hilfe von Wasserbausteinen wurde in diesem Abschnitt versucht, dem Stadtfluss wenige Meter vor seiner Verschmelzung mit Ennepe und Ruhr ein Stück Natürlichkeit zurückzugeben. Das stattliche Grün im Flussbett, in dem sich die Vogelwelt zwischen den Resten der Jahrhundertflut im Geäst tummelt, zeigt, dass Ökologie hier noch funktioniert.
Der tiefergelegte Fluss
Nichtsdestotrotz bleibt der Fluss mit seiner steinernen Spundwand-Optik hier letztlich eine Volme-Autobahn. Dass dies selbst im Innenstadtbereich nicht so sein muss, haben zuletzt die Siegener Stadtväter und -mütter bewiesen: Hier wurde durch eine Öffnung des Flussbettes durch ausladende Uferterrassierungen die Sieg aus einem tief abgesenkten Schlund des Vergessens in Kombination mit gastronomischen Angeboten wieder in das Bewusstsein der Bürgerschaft zurückgeholt. Plötzlich wird die Nähe zum Wasser durch eine bauliche Öffnung wieder zum Synonym für Genuss und Lebensqualität.
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Dass derartige Konzepte funktionieren, kennt jeder ebenso aus seinen Urlaubserfahrungen: Dort bilden die gestalterische Verbindung aus Urbanität und Stadtgewässer häufig die entscheidende Grundlage für eine pittoreske Wohlfühlatmosphäre.
In Hagen ist im Rahmen der Neugestaltung der „Neue Mitte Hagen“ die Aufwertung des Uferbereichs zwischen Rathaus- und Springmannstraße ein städtebaulicher Rohrkrepierer geblieben. Unsummen wurden investiert, um beispielsweise die Flusstreppe am Rathaus zu konstruieren. Ein Projekt, das lediglich für Hohn und Kritik im Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes gesorgt hat. Ähnlich desaströs der sich anschließende Trampelweg am Fluss entlang, der entweder überspült, vermüllt oder zugewuchert ist und letztlich im Volmepark wieder aus den Tiefen des Flusses herausführt.
Die unberührte Trinkerkultur
Während die üppige Treppenanlage inzwischen einem Hagener Gastronomen einmal im Jahr als Weinfest-Bühne dient, bliebt das übrige Invest bis heute ungenutzt. Hier tummeln sich – ähnlich wie in der Grünanlage zwischen Volme und Sparkasse – lediglich jene Gestalten, die den Tag lieber mit einer Dose Pils-Bier als mit einem heißen Kaffee einläuten. Sie stören dort inzwischen niemanden mehr, wollen aber auch nicht gestört werden.
Das gegenüberliegende Ufer aufseiten des Ricarda-Huch-Gymnasiums entwickelt sich derweil zumindest in den wärmeren Monaten zunehmend zum Familientreff. Während morgens es vor allem die Senioren und flirtende Schüler während einer Freistunde sind, die die wenigen Plätze auf einer Bank zum Genießen nutzen, erobern am Nachmittag vorzugsweise Eltern mit Kindern das innerstädtische Grün für Bürger ohne Balkon, Terrasse oder gar Garten am Zuhause. Bolzplatz, Wiese und Spielplatz – hier wird gekickt, gebasketballert, gewippt, geklettert, geschaukelt oder ausgelassen getobt.
Genießen ohne Gastro-Angebot
Im Schatten der noch jungen Bäume breiten Familien mit Kinderwagen ihre Decken aus: Ein ideales Plätzchen zum Tratschen, während die Kleinen gefahrlos spielen können. Für die gastronomische Versorgung muss jedoch jeder selbst sorgen. Da die diskutierte Idee eines Stadthotels am Rande des Volmeparks ja nie realisiert wurde, bleibt nicht bloß der uncharmante Anblick des stahlbetonierten Parkhauses erhalten, sondern auch ein attraktives Bistro-Angebot ein Wunschtraum. Nicht einmal ein Eiswagen versucht im Herzen der Stadt ein paar Euros zu verdienen. Stattdessen erlebt hier die Kühltasche eine Renaissance, um die Essensreste kümmern sich die Stadttauben.
Dennoch zeigt die Vitalität des Ortes, dass die Volmeaue als innerstädtische Grünanlage neben dem Volkspark durchaus Potenzial entwickeln könnte. Allerdings bleibt seit Jahren das Rätsel ungelöst, warum eine Stadt, die mit dem Vier-Flüsse-Etikett glänzen könnte, ihre City-Gewässer so unnahbar versteckt. An diesem etwas unbefriedigend Zustand – auch das Elbersufer und der David-Park bieten hier Entwicklungschancen, ändert auch eine ausladende Plattform hoch über dem Wasser wenig.