Menden. Im Kalkwerk von Lhoist in Menden explodiert Kohlestaub. Es gibt Verletzte. Wie kommt es zu der Verpuffung? Eine Reportage von der Unfallstelle
Erschöpft ziehen sich die Feuerwehrleute den Atemschutz vom verschwitzen Gesicht. Nach dreieinhalb Stunden ist die Lage am Braunkohlebunker gegen 12.15 Uhr endlich komplett unter Kontrolle. Nach einer Verpuffung am Donnerstagmorgen (21. April) drohte eine weitere explosionsartige Verpuffung durch glimmenden Kohlestaub auf dem Gelände von Rheinkalk/Lhoist. Fünf Arbeiter werden verletzt, zwei davon schwer.
+++ Bericht: Das ist am Donnerstagmorgen auf dem Gelände von Rheinkalk passiert +++
Gegen 8.45 Uhr muss es im Bereich neben dem riesigen Kalkofen auf dem Gelände mächtig gerummst haben. Arbeiter von einem externen Unternehmen waren gerade damit beschäftigt, die Anlage zu warten. Sie sind auch in einer Art Tank neben dem Ofen zugange. In dem Silo ist Braunkohlenstaub gelagert, der von dort in den Ofen geleitet wird, wenn dieser in Betrieb ist. Dass es sich bei der Wartung um einen heiklen Eingriff handelt, ist bekannt. Der Staub ist hochentzündlich. Dann passiert, was nicht passieren darf. Plötzlich zündet der Staub durch.
Zwei schwerverletzte Arbeiter von externer Firma mit Hubschrauber in Klinik
Zwei Arbeiter erleiden schwere Verletzungen. Sie werden mit Hubschraubern in eine Spezialklinik nach Bochum geflogen. Lebensgefahr besteht nach Angaben der Feuerwehr nicht. Laut Feuerwehr handelt es sich um Verbrennungen zweiten und dritten Grades. Auch drei weitere Menschen werden verletzt. Auch sie arbeiten für ein externes Unternehmen. Ihre Verletzungen werden noch vor Ort versorgt. Es soll sich vor allem um leichte Brandverletzungen und angesengte Kleidungsstücke handeln.
Während die Rettungsarbeiten laufen, ist die Situation weiter dramatisch. Die Feuerwehr und die Werksverantwortlichen befürchten, dass es noch einmal zu einer Verpuffung kommen könnte – mit vielleicht noch schlimmeren Auswirkungen.
+++ Fotostrecke: Alle Fotos von der Einsatzstelle auf dem Kalkwerksgelände in Menden +++
Kohlestaub rieselt glimmend aus drei Röhren im Kohlesilo
In dem hohen Silo sind drei Röhren, in denen jetzt Kohlestaub brennt. „Man hat richtig gesehen, wie die Glut unten herausrieselte“, sagt Feuerwehrchef Christian Bongard. Zusätzlich zu den hauptamtlichen Kräften von der Wache ist mittlerweile auch die Freiwillige Feuerwehr mit dem Löschzug Mitte und die Feuerwehr aus Bösperde eingetroffen. Weil weiter Kalkzüge auf dem sonst hermetisch abgeriegelten Gelände verkehren, müssen auch die Einsatzkräfte genau aufpassen, damit es zu keinem weiteren Unfall kommt.
+++ Hintergrund: Das ist Rheinkalk in Menden – ein Rundgang durch den großen Steinbruch +++
Die Feuerwehr kühlt das Silo von außen mit Wasserwerfern. Mit einer großen Schaumkanone wird versucht, das Feuer zu ersticken. Der Kohlestaub kann nicht mit Wasser gelöscht werden. Die brennende Braunkohle würde aufschwimmen. Irgendwann ist das Silo so weit mit Schaum geflutet, dass die Glut erstickt ist. Aufatmen im Werk und bei der Feuerwehr. Am Ofen gehen die Renovierungsarbeiten schon wieder weiter. Bei langem Stillstand in solch einem riesigen Werk droht sonst auch ein enormer wirtschaftlicher Schaden.
Bezirksregierung ermittelt an der Unglücksstelle
Noch während die Feuerwehr aufräumt, nehmen Experten von der Bezirksregierung und der Polizei die Ermittlungen auf. Die Aufsichtsbehörde kontrolliert die Anlage und Schläuche. Vor dem Silo mischen sich Schaumberge und Kalkreste zu einer unangenehmen Brühe. Arbeiter schieben den Schaum mit Wischern zur Seite.
Was genau führte zur Verpuffung? Unternehmenssprecher Mario Burda spricht von noch „ungeklärter Ursache“. Auch die Behörden äußern sich noch nicht. Mittlerweile ist sicher, dass auch die Aufräumarbeiten noch einmal kompliziert werden könnten. Die Feuerwehr muss am Freitag noch einmal ausrücken, um den Brandschutz sicherzustellen, wenn das Silo nach dem Brand gereinigt wird. Die Rückstände der Explosion müssen jetzt durch ein Spezialunternehmen entsorgt werden.