Hönnetal..


Der kalkweiße Schlamm spritzt bis über das Dach des Geländewagens. Die Scheibenwaschanlage hat ihre liebe Mühe, wieder für freie Sicht zu sorgen. Normale Autos wären auf dem Gelände des Kalksteinbruchs Asbeck schon längst steckengeblieben. Gäste sind hier eigentlich ohnehin nicht willkommen. „Das ist ein Betriebsgelände. Hier wird gearbeitet. Das ist lebensgefährlich“, erklärt Reinhold Münch. Der Leiter für Sicherheit und Betriebstechnik bei Lhoist steuert das Auto durch den Steinbruch. Die Landschaft verändert sich hier ständig.

Der Tieflader ist haushoch

Stück für Stück fressen sich die Bagger durch den Berg zwischen Hönnetal und Eisborn. Immer neue Steintreppen entstehen. Die Experten sprechen wie im Bergbau von Sohlen. Die mächtigen Schaufeln wuchten gewaltige Steinbrocken auf die Ladefläche. Ein Sprengmeister hat die Brocken zuvor präzise aus dem Stein gesprengt. Früher hätte es bei Sprengungen auch gerne mal in umliegenden Ortschaften Steine geregnet, erklärt Münch. Diese Zeiten seien längst vorbei. Der moderne Sprengstoff reduziere den Lärm und die Vibration im Berg. Auch die Gefahr sei geringer. „Der Sprengstoff zündet bei 6000 Grad Celsius. Zum Vergleich: Bei 4000 Grad wird geschweißt.“

Ein Tieflader rauscht mit der Ladung Felsen davon. Auf der Anzeige neben der Tür steht: „93 Tonnen.“ Das Fahrzeug hat 100 Tonnen Nutzlast. „Da wäre noch mehr drin gewesen“, sagt Reinhold Münch. Effizienz ist ein wichtiges Stichwort im Steinbruch. So kann Lhoist mit der Konkurrenz gut mithalten.

Steinbruch Menden
Steinbruch Menden © WNM | WNM

Der Tieflader kippt die Steine ab. Ein mächtiger Brecher zerteilt sie. Über Laufbänder werden die Brocken in Richtung Oberrödinghausen transportiert. Dort werden sie weiter zerkleinert. In den großen Öfen wird aus dem Stein das feine Pulver, das fast jeder als Kalk kennt.




Die Dimensionen hier sind gewaltig. Ein Fußmarsch um das riesige Gelände ist fast 20 Kilometer lang. Der Tieflader kostet eine Million Euro. Das Fahrzeug hat die Höhe eines Einfamilienhauses. Alleine die mächtigen Reifen sind mannshoch. Münchs Geländewagen muss mindestens 50 Meter Abstand zu dem Tieflader halten. Wenn mal etwas hinunterfällt, dann ist das ein tonnenschwerer Klumpen. So einen möchte man nicht auf der Motorhaube liegen haben.

Auf dem Gelände herrscht Linksverkehr. Der Fahrer in linkslenkenden Autos soll immer den Fahrbahnrand im Blick haben. Bei Nebel oder Staub wird hier die Sicht schnell schlecht.

Münch gibt Gas, damit der Allradwagen nicht steckenbleibt. Es geht Sohle für Sohle hinauf bis auf die Höhe unterhalb von Eisborn. Ein Stück weiter hat Lhoist damals einen Wall gezogen, auch um deutlich zu machen, wie weit der Abbau noch möglich wäre. Noch ist diese Grenze nicht erreicht. Es sei fraglich, ob sie überhaupt jemals erreicht wird, betont Münch. Im Moment konzentriere sich Lhoist auf den Abbau in Richtung Horst, also in südlicher Richtung.

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Das Gesamt-Kalkvorkommen rund um den bestehenden Steinbruch würde bei gleichbleibender Abbaugeschwindigkeit wohl noch 200 Jahre ausreichen. Alleine der Besitz von Lhoist reiche noch für 100 Jahre Abbau. „Das ist ein Juwel für die Volkswirtschaft“, sagt Münch. Der Kalk wandert in die Hochöfen von Thyssen-Krupp in Duisburg oder geht in die chemische Industrie. „Ein wichtiger Rohstoff für unsere chemischen Veredlungsprozesse.“

Zwischen den Büschen wird der Blick auf den 22 Hektar großen See frei. Durch den Kalk im Wasser schimmert das Wasser fast 200 Meter unter dem Aussichtspunkt azurblau. Die Wasserqualität sei gut, sagt Münch. Zusätzlich zu vielen seltenen Vögeln in den Hängen haben sich im Wasser dicke Fische angesiedelt. Das lädt zum Schwimmen ein. Münch warnt massiv davor: „Niemand wird es überleben, dort hindurch zu schwimmen“, erklärt er. Unter der Wasseroberfläche strömt eiskaltes Wasser aus dem Felsgestein.

Immer wieder kommt es vor, dass der Sicherheitsdienst ungebetene Eindringlinge aufgreift. Man sehe sich in der Pflicht, aufzupassen, betont das Unternehmen. „Hier gibt es viele Gefahren“, sagt Münch. Seien es Hänge, die plötzlich nachgeben, oder die riesigen Geräte. Die Schönheit ist gefährlich.