Menden. Freispruch für angeklagten Ehemann. Vorwurf: Sexuelle Nötigung. Mutter des mutmaßlichen Opfers sorgt für Verwirrung.
In der Fortsetzung des Gerichtsprozesses wegen sexueller Gewalt in der Ehe wurde der angeklagte Ehemann freigesprochen. Zunächst wurde knapp anderthalb Stunden die Mutter der Ehefrau verhört. Auch eine Heilpraktikerin, bei der die Ehefrau in Behandlung gewesen sein soll, musste als Zeugin aussagen.
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Sexuelle Nötigung – so lautete der Vorwurf, den die 35-Jährige ihrem eigenen Ehemann machte. Beim fünften Verhandlungstermin wurde dieser allerdings nun freigesprochen, sogar die Staatsanwaltschaft forderte Freispruch. Denn die geladene Zeugin, die Mutter des mutmaßlichen Opfers, habe sich in ihren Aussagen regelrecht verstrickt. Zu Beginn der Vernehmung am vergangenen Freitagmorgen schilderte die Schwiegermutter den Vorfall wie folgt: Der Angeklagte soll sich ins Schlafzimmer seiner Frau begeben, sich ausgezogen und zu ihr ins Bett gelegt haben. Danach habe er sich ihr genähert, sie an sich gedrückt und gegen ihren Willen festgehalten. „Er war sehr mitgenommen, aber er hat mir direkt gesagt: ,ich habe sie nicht vergewaltigt’“, schilderte die Mutter die Situation. Zunächst antwortet sie auf die Frage von Richter Martin Jung, wann sich das Geständnis ereignet habe: „Das war Ende Mai.“ Doch im Laufe der Verhandlung bestritt sie das dann: „Der Vorfall war Ende Mai, glaube ich, ich weiß es nicht mehr. Erzählt hat er mir das Anfang August.“ Verwirrung bei Staatsanwaltschaft, Verteidigung und beim Richter selbst. „Wann genau hat er Ihnen das denn jetzt erzählt?“, wollte Richter Jung erneut von der Schwiegermutter wissen. „Das war Anfang August, bevor es diese Eskalation gab“, wiederholte sie und meint mit der Eskalation den Polizeieinsatz im Haus des Ehepaares, der sich Ende August ereignete.
Amtsgericht Menden: Zeugin sorgt für Verwirrung
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Weiter berichtet die Zeugin, dass ihre Tochter sich zu diesem Zeitpunkt für längere Zeit im Krankenhaus befand. „Wir haben uns zusammen um die Kinder gekümmert und da hat er mir das erzählt.“ Richter Jung stellte ihr die Frage, warum sie ihre Tochter nicht auf den Vorfall angesprochen habe und, ob sie das Geständnis der sexuellen Nötigung als „normal“ empfand. „Ich dachte mir, in der Ehe passieren viele Sachen, ich dachte nicht, dass das so schlimm wäre“, fuhr die Schwiegermutter fort. Im Nachhinein jedoch sei ihr bewusst geworden, dass ihre Tochter sich seither sehr verändert habe, sie sei enorm verschlossen und erzähle nie etwas.
Wann die Tochter ihrer Mutter von dem Übergriff erzählt habe, wollte Richter Jung im weiteren Verlauf wissen. „Das war nach der Eskalation, im Auto“, so die Mutter der Klägerin. Nach dem Polizeieinsatz Ende August soll die Tochter demnach weinend bei ihrer Mutter im Auto gesessen haben und ihr von dem Vorfall berichtet haben. Doch als die Staatsanwältin die Zeugin erneut auf den Zeitrahmen ansprach, sagte diese, dass ihre Tochter ihr das doch nicht im Auto erzählt habe, sondern erst danach. Großartig darüber gesprochen haben beide dann jedoch nicht mehr, beteuert die Schwiegermutter des Angeklagten und betont immer wieder, dass sie sich nicht mehr genau erinnern könne. Die Staatsanwältin legt der Zeugin zugrunde, dass das mutmaßliche Opfer jedoch aussagte, dass sie ihrer Mutter von dem Vorfall an dem besagten „Eskalations-Abend“ im Auto berichtet habe. Erneute Verwirrung bei allen Beteiligten. „Sie wissen, dass Sie hier zur Wahrheit verpflichtet sind“, weist Martin Jung die Zeugin zurecht. Doch diese beteuert, dass ihre Aussage der Wahrheit entspreche.
Heilpraktikerin aus Hemer ebenfalls vorgeladen
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Und dann kam noch der Vorfall ins Spiel, bei dem der Angeklagte seiner Ehefrau eine Pistole gegen den Kopf gehalten haben soll. „Warum haben Sie das oder den anderen Vorfall nicht im Scheidungsverfahren erwähnt oder bei der Polizei?“, wollte die Staatsanwältin wissen. „Ich habe das nicht für relevant gehalten“, antwortete die Zeugin. Warum sie ihre Tochter ebenso nicht direkt auf die besagten Vorfälle ansprach, dafür hatte sie folgenden Grund: „Ich habe mich einfach nicht getraut.“ Für Staatsanwaltschaft und Richter Martin Jung wurde die Angelegenheit zunehmend wirr. Plötzlich war sich die Zeugin nämlich auch nicht mehr sicher, ob sich der Vorfall Ende Mai ereignet habe, denn der Angeklagte habe ihr das dann doch nicht gesagt, sie habe das lediglich aus WhatsApp-Nachrichten entnommen. Durch welche und wie genau, das wusste sie allerdings nicht mehr.
Was ebenfalls nur wenig Licht ins Dunkeln brachte: die Heilpraktikerin. Denn die Ehefrau des Angeklagten soll sich nach dem sexuellen Übergriff einer Heilpraktikerin anvertraut haben. Doch das Gericht musste zunächst ermitteln, welche das war. Nun war eine Heilpraktikerin vorgeladen, bei der das mutmaßliche Opfer sogar in Behandlung war. Allerdings liegt das schon sieben Jahre zurück, 2014. Doch die Ehefrau soll lediglich ein Mal bei der Heilpraktikerin in Behandlung gewesen sein.
Letztenendes einigten sich Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Richter Jung darauf, den Angeklagten vom Vorwurf des sexuellen Übergriffes mit Gewalt freizusprechen. „Die dem Angeklagten vorgeworfene Tat konnte nicht festgestellt werden“, heißt es seitens des Gerichts. Zudem lag eine sogenannte Aussage - gegen - Aussage-Konstellation vor. Richter Jung erläuterte weiter: „In derartigen Fällen ist die Glaubhaftigkeit einer Zeugenaussage besonders sorgfältig zu prüfen. Insbesondere ist die Aussage einer Aussageanalyse zu unterziehen, in deren Rahmen zu prüfen ist, ob die Aussage von einer solchen Qualität ist, dass ihr Entstehen nur durch einen tatsächlichen Erlebnisbezug zu erklären ist. Das war vorliegend nicht der Fall, unter anderem da die Zeugenaussage eine deutliche Tendenz zur Übertreibung enthielt. So fiel die Schilderung von Gewaltdrohungen des Angeklagten der Zeugin gegenüber im Zuge des Verfahrens immer drastischer aus, ohne dass der Grund dafür nachvollziehbar gewesen wäre.“ Insbesondere die Mutter der Zeugin, die behauptete der Angeklagte habe ihr gegenüber die Tat eingeräumt, verstrickte sich in Widersprüchen, so Jung.
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