Menden. Ein Mann soll in Menden seine Ehefrau mit Gewalt sexuell bedrängt haben. Vor dem Amtsgericht beschuldigt die Frau ihren Mann zusätzlich schwer.

Bei der Fortsetzung eines Prozesses wegen sexueller Gewalt in der Ehe hat die Frau ihren Mann schwer beschuldigt. Der Mann habe sie über Monate massiv unter Druck gesetzt und ihr sogar eine Pistole an den Kopf gehalten. Der Ehemann hatte vor dem Amtsgericht Menden bereits alle Vorwürfe – auch nur im Ansatz – bestritten. Er sehe vielmehr seine Frau in der Verantwortung.

+++ Hintergrund: Sexuelle Gewalt in der Ehe: Whatsapp soll bei Aufklärung helfen +++

Über fünf Stunden zieht sich die Vernehmung der 35-Jährigen hin: Sie schildert im Detail aus ihrer Sicht ein Martyrium. Nach der Trennung von ihrem Mann habe sie mit ihm und den Kindern noch gemeinsam im Haus gelebt. Immer wieder habe er ihre Gewalt angedroht, sie unter Druck gesetzt, angedroht, sich selbst vor den Zug zu werfen.

Vorwurf: Mann soll seine Frau festgehalten und dann sexuell berührt haben

Rund um Himmelfahrt 2020 soll sich dann der Vorfall zugetragen haben, der zur Anklage führte: Er soll sich, obwohl er bereits im Keller wohnte, zu ihr ins Bett gelegt haben. Er soll sie berührt und schließlich festgehalten haben. Dann habe er ihr die Kleidung und seine Hose ausgezogen und sich an ihr gerieben. Er soll sie gegen ihren erklärten Willen im Brust- und Intimbereich angefasst haben. „Ich habe gesagt: Hör bitte auf“, sagt die Ehefrau. Sie sei in Tränen ausgebrochen. Schließlich habe er von ihr abgelassen.

„Es gibt bestimmt Leute, die deutlich schlimmere Sachen gemacht haben, aber mich hat er einfach zerbrochen“, sagt die Frau. Sie spricht auch von „das Schlimmste, was mir jemals in meinem Leben passiert ist“. Sie zeigte den mutmaßlichen Vorfall allerdings nicht direkt an. Aktenkundig wurde die Sache erst, als es Ende August zu einem Polizeieinsatz am Haus der Familie kam. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Frau aus dem Haus ausziehen wollen. Sie offenbarte das Erlebnis einer Polizistin.

Vorwurf: Pistole in der Garage an den Kopf gehalten

Das Amtsgericht Menden: Hier muss sich der Angeklagte verantworten, weil er seine Frau in der Ehe unter Gewalt sexuell berührt haben soll.
Das Amtsgericht Menden: Hier muss sich der Angeklagte verantworten, weil er seine Frau in der Ehe unter Gewalt sexuell berührt haben soll. © WP | Sophie Beckmann

Vor Gericht wurde nun erstmals bekannt, dass sich das mutmaßliche Opfer zuvor auch anderen Menschen offenbart haben soll. Drei Freundinnen und eine Heilpraktikerin sollen aus Gesprächen davon erfahren haben. Die Freundinnen sollen nun als Zeuginnen vor Gericht aussagen. Die Heilpraktikerin muss erst noch ermittelt werden. Im Rahmen der Beweisführung könnten die Zeugenaussagen noch von größerer Bedeutung sein.

Zunächst fast schon beiläufig schildert die als Zeugin geladene Ehefrau einen anderen Vorfall, der sich in der Garage des gemeinsamen Hauses zugetragen haben soll. Dort habe er ihr eine Schreckschusspistole an den Kopf gehalten und anschließend damit ein Blatt Papier zerschossen. Er habe das getan, um ihr zu demonstrieren wie es mit ihr aussehen könnte.

Angeklagter streitet Vorwürfe konsequent ab

Ob sie dabei Todesangst gehabt habe, will Richter Martin Jung wissen. Die Frau zögert. In den Tagen danach sei ihr das klar geworden, in dem Moment habe sie einfach nur Angst gehabt. Sie schildert allgemein ein Klima der Angst. „Nach dem Übergriff wusste ich: Er handelt auch.“

Der Angeklagte dagegen hatte das gesamte Geschehen vor drei Wochen komplett anders dargestellt. Er sprach davon, dass seine Frau ihn ständig habe verführen wollen. Eine Annäherung seinerseits, auch nicht liebevoller Art, habe es nie gegeben. Auch sie habe den Eindruck, dass er diese Wahrnehmung habe, sagt die Frau: „Für ihn war das ein kompletter Komplott.“

Umfangreicher Nachrichtenverlauf bei Whatsapp gesichert

Das Gericht hält der Frau eine Whatsapp-Nachricht vor. Darin hatte sie nach dem Termin, den sie als Trennung angibt, ihrem Mann immerhin in Aussicht gestellt, dass sie mit ihm wieder Geschlechtsverkehr haben werde. Bestandteil der Gerichtsakte ist ein mehrere hundert Seiten umfassender Ausdruck des Nachrichten-Verlaufs zwischen den Partnern. Es ist möglich, dass die Nachrichten bei einer möglichen Verurteilung eine Rolle spielen.

Das Verfahren soll mit einer weiteren Vernehmung der Frau fortgesetzt werden. Staatsanwaltschaft und Verteidigung haben noch die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Für das Verfahren sind noch mindestens zwei Termine angesetzt. Richter Martin Jung machte in der Verhandlung keinen Hehl daraus, für wie kompliziert er diesen Prozess hält. Da der Mann alle Vorwürfe gänzlich abstreitet, nimmt das Gericht einen ungewöhnlich großen Zeitraum vor dem angeklagten Vorfall mit unter die Lupe. Bislang sind keine eindeutigen Beweise für eine klare Täterschaft des Mannes bekannt.