Hagen. Die Lage sei nichts weniger als dramatisch, sagt das Rote Kreuz in Hagen: Die Zahl der Blutspender sinkt stark, Blutkonserven werden knapp.

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) schlägt Alarm. Das Aufkommen an Blutspenden ist in den letzten Monaten stark zurückgegangen, DRK-Referent Stephan Jorewitz aus Hagen spricht von einer dramatischen Situation: „Wir haben mittlerweile eine bundesweit kritische Versorgungslage.“

An der Feithstraße in Hagen unterhält der DRK-Blutspendedienst West ein großes Spendencenter. Um die Krankenhäuser und Praxen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland mit lebenswichtigen Blutpräparaten zu versorgen, organisiert das DRK zudem täglich Blutspendetermine in der gesamten Region. „Mit unseren mobilen Entnahmeteams veranstalten wir jedes Jahr über 11.000 Blutspendetermine“, sagt Jorewitz.

Viel weniger Spenden als geplant

Doch Zahlen belegen, dass die Spendenbereitschaft der Bevölkerung gegenüber dem Vorjahr um über 20 Prozent zurückgegangen ist. Für den 7. Juni waren im Spendencenter an der Feithstraße zum Beispiel 660 Spenden eingeplant worden. Als sich abzeichnete, dass sich dieses Ziel nicht erreichen lässt, wurde die Zahl auf 613 korrigiert. Doch letztlich ließen sich an diesem Tag nur 472 Spender Blut abzapfen (minus 28,5 Prozent) gegenüber der ursprünglichen Planung.

Ähnlich negativ verlief die Entwicklung am 8. Juni. Die aufgrund der Vorjahreszahlen zugrunde gelegte Prognose von 723 Blutspenden wurde zunächst auf 658 reduziert, doch tatsächlich erschienen nur 562 Menschen zur Spende – ein Minus von 22,3 Prozent gegenüber der ursprünglichen Erwartungshaltung.

Es droht ein Blutkonserven-Notstand

Nach Auskunft von Jorewitz droht mittlerweile ein Blutkonserven-Notstand. Zwar habe das DRK noch einen für drei Tage reichenden Vorrat an Blutkonserven – mit dem jetzigen Bestand könnte die medizinische Versorgung also drei Tage lang aufrechterhalten werden. Die Abgaben von Konserven an die Krankenhäuser habe man aber bereits drosseln müssen, was zur Konsequenz habe, dass Operationen verschoben werden müssten, so Jorewitz: „Die Notversorgung ist natürlich gesichert, aber Operationen, die nicht sofort stattfinden müssen, werden auf einen späteren Zeitpunkt verlegt.“

Verknappung von Blutkonserven

Maren Esser vom Allgemeinen Krankenhaus in Hagen bestätigt: „Auch wir erleben aktuell eine Verknappung von Blutkonserven.“ Durch vorausschauende OP-Planung sei es aber bislang gelungen, alle Behandlungen wie geplant durchzuführen: „Wie lange dies aber der Fall sein kann, ist aktuell nicht absehbar.“

Für die rückläufige Spendenbereitschaft hat das Rote Kreuz mehrere Ursachen ausgemacht. Hohe Temperaturen, Ferien, Feiertage sowie ein hohes Reiseaufkommen zählten zweifellos zu den Ursachen, so Jorewitz. So mancher Urlauber, der in ein exotisches Land gereist sei, etwa an einer Safari in Afrika teilgenommen habe, dürfe nach seiner Rückkehr eine Zeitlang aus Sicherheitsgründen kein Blut spenden, um die Übertragung von unerkannten Erregern auszuschließen. Auch Reisende aus Staaten mit einer hohen Corona-Inzidenz dürfen kein Blut spenden.

Wer Corona hat, darf nicht spenden

Überhaupt Corona: Dass Virus sei zwar nicht mehr in aller Munde, sagt Jorewitz: „Aber es ist ja auch in Deutschland nicht verschwunden.“ Nicht nur infizierte Personen dürfen sich mindestens zwei Wochen lang kein Blut abnehmen lassen, auch deren Angehörigen ist der Gang zur Blutspende verwehrt.

Nur durch eine erhöhte Spendenbereitschaft könne ein Blutkonserven-Notstand jetzt noch abgewendet werden, appelliert Jorewitz an die Bevölkerung: „Bitte beziehen Sie die Blutspende mit ein in Ihre Freizeit- und Feiertagsplanung.“ Spenden kann jeder ab 18 Jahren, Neuspender bis zum 69. Lebensjahr. Männer dürfen sechs- und Frauen viermal innerhalb von zwölf Monaten Blut spenden, zwischen zwei Spenden müssen 56 Tage liegen. „Blut ist nicht ewig haltbar“, so Jorewitz: „Wir benötigen täglich neue Konserven.“