Lenhausen/Rönkhausen. Am Tag nach den Überschwemmungen wird das Ausmaß sichtbar. In Lenhausen bleibt ein Haus unbewohnbar. Doch die Hilfe auf dem Dorf ist immens.

Mittags hatten sie die Berichte vom Hochwasser im Fernsehen gesehen. „Wie schlimm es in Hagen war. Da haben wir uns glücklich geschätzt, dass wir nicht vom Hochwasser getroffen wurden“, erzählt Mechthild Schulte aus Lenhausen. Ein paar Stunden später hatte sich ihr kompletter Hof in einen schmutzigen Teich verwandelt. Gegen 18 Uhr kroch schließlich das Wasser ins Haus. Grundwasser drückte sich von unten durch. „Ich habe mich gefühlt wie auf einer Hallig“, sagt Schulte.

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Plötzlich stand das Wasser im Wohnzimmer bis zu den Knöcheln

Innerhalb einer Stunde lief das Erdgeschoss in dem denkmalgeschützten Fachwerkhaus in der Alten Schloßstraße voll. „Mein Sohn und ich saßen gerade im Wohnzimmer, als es passierte“, sagt Hermann Schulte. Plötzlich ging alles ganz schnell. Knöcheltief standen sie in der braunen Brühe. Weil das Haus keinen Keller hat, lief es direkt in den ebenerdigen Wohnbereich. „Wir haben den Strom abgestellt und so gut es ging alle Möbel und persönliche Gegenstände ins Obergeschoss gebracht“, so Schulte. Am Morgen danach sind die Wassermassen verschwunden. Die Arbeit damit aber noch lange nicht.

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„Vor eineinhalb Jahren wurde hier erst alles renoviert“, erzählt Schulte, als er durch den niedrigen Eingang des angemieteten Fachwerkhauses geht. Schlammige Schlieren ziehen sich über den Kachelboden im Flur, ein Eimer Dreckwasser steht im Badezimmer, ein Bodenabzieher ist an die Wand gelehnt. Wenn man über den Boden im Wohnzimmer geht, schmatzt es unter den Füßen. Der Teppich hat sich mit Wasser vollgesogen und wellt sich über die gesamte Fläche. „Bis hierhin hat das Wasser gestanden“, sagt Hermann Schulte und zeigt auf den rund 10 Zentimeter hohen Absatz, der ins benachbarte Zimmer führt. Auch das wurde vollgespült. Der Bettrahmen im Schlafzimmer steht auf Pflastersteinen, genauso wie ein Stück des Ecksofas.

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Das Haus ist nach dem Hochwasser unbewohnbar. „Die Nacht haben wir bei meinem Sohn verbracht, der wohnt auch hier im Dorf“, erzählt Hermann Schulte. Das sei aber natürlich keine Dauerlösung. „Wir werden morgen oder übermorgen wahrscheinlich nach Plettenberg ziehen. Dort hat ein Neffe von mir ein leerstehendes Haus.“ Geplant war das alles anders, das Ehepaar fühlte sich wohl in Lenhausen. „Aber wir können von Glück reden, dass wir so glimpflich davon gekommen sind, wenn man bedenkt, dass anderswo Leute gestorben sind“, meint Mechthild Schulte.

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THW und Feuerwehr haben kaum noch Sandsäcke – Bauern helfen aus

Von Glück spricht auch Kristin Bölker. Die 27-Jährige wohnt mit ihrer Familie in einem Haus in Rönkhausen, dessen Grundstück direkt an den Glingebach grenzt. Im vergangenen Jahr haben sie den Garten komplett neu gestaltet, Edelrost-Herzen baumeln von den unteren Ästen eines Baumes herab. „Im Juni haben mein Mann und ich hier unsere Hochzeit ausgerichtet. Gut, dass es da nicht zu dem Hochwasser gekommen ist“, sagt sie und lacht. Die Rasenfläche ist mittlerweile wieder als solche zu erkennen, der Boden ist jedoch spürbar aufgeweicht. Am Ufer stapeln sich schwarze, schlauchförmige Sandsäcke. „Die haben wir von zwei Bauern aus der Nähe bekommen, weil Feuerwehr und THW kaum noch Sandsäcke übrig hatten.“

Trotzdem ließen sich die Wassermassen nicht ganz vom Haus fernhalten. Irgendwann lief auch der Keller voll. „Zum Glück habe ich noch rechtzeitig reagiert und konnte meine Masterarbeit retten“, erzählt die 27-Jährige. Die war nämlich auf der Festplatte des PCs gespeichert, der im Keller stand. „Ich habe die Arbeit auf einen USB-Stick gezogen und den PC hoch gestellt. Ich weiß nicht, ob die Uni mit so viel Verständnis darauf reagiert hätte, wenn ich jetzt gesagt hätte, dass es mit dem Abgabetermin Mitte August nicht klappt, weil wir Hochwasser hatten.“

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Am Tag danach geht es vor allem ums Aufräumen. Unter anderem ist ihre Schwester Janine Hoffmann, die auch in Rönkhausen wohnt, aber nicht von den Überschwemmungen betroffen ist, zum Helfen vorbeigekommen. Sie fischen Äste aus dem Bach, damit sich kein Damm bildet und das Wasser weiter ablaufen kann. Mit Schaufeln kratzen sie den Schlamm vom Asphalt – denn wenn dieser erstmal getrocknet ist, wird dieser so hart, dass die Arbeit umso mühseliger ist. „Ich habe mir dafür extra Urlaub genommen, um hier zu helfen“, sagt Janine Hoffmann. „Das ist ja auch nicht immer so, dass ein Arbeitgeber so viel Verständnis dafür hat und mir diesen spontan bewilligt, obwohl ich bald drei Wochen Urlaub habe.“ Das Schöne sei aber, dass man sich auf dem Dorf schnell und unkompliziert helfe. Vor allem in Krisenzeiten.