Menden/Wuppertal. Der Schreck stand Anliegern ins Gesicht geschrieben: Um einen Kokain-Dealerring zu sprengen, tauchen schwer bewaffnete SEK-Beamte in Menden auf.

Der Zugriff auf der Kolpingstraße in Menden erfolgt blitzschnell: Am sonnigen Samstagabend tauchen gegen 17.15 Uhr plötzlich mit Maschinenpistolen bewaffnete Sondereinsatzkräfte der Polizei auf. Sie springen in Höhe der Seniorenresidenz aus Mannschaftswagen und Zivilfahrzeugen und fordern die Leute in barschem Ton auf, in die Gebäude zu gehen. Im Café Italia heißt es: „Bleiben Sie von den Fenstern weg!“ Ein Anwohner, der nichtsahnend aus der Tür kommt, blickt, wie er erzählt, in die Mündung einer MP. Auch ihm wird unmissverständlich befohlen ins Haus zurückzuweichen. „Das habe ich dann mal lieber auch gemacht“, schildert der Mann später – immer noch wie vom Donner gerührt.

Blitzschnelle Festnahmen: Der Spuk ist nach wenigen Minuten vorbei

Dann sieht er aber, wie mehrere Leute tatsächlich auf der Parkplatz-Einfahrt verhaftet werden. Schon nach wenigen Minuten ist der Spuk vorbei. Hansi Rennebaum transportiert noch einen grauen Golf mit Solinger Kennzeichen ab, begleitet von einer grünen Minna. Das war’s. Die Leute bleiben erschreckt und ratlos zurück.

Staatsanwaltschaft Wuppertal: Handel mit Kokain in zweistelligem Kilobereich

Die Lösung: Wie der Wuppertaler Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert am Montag auf WP-Anfrage bestätigt, hat die Polizei in Menden und Solingen einen mutmaßlichen Kokain-Dealerring gesprengt. Nach Hinweisen aus sogenannten „Encrochat-Verfahren“ begann die Kripo Wuppertal demnach bereits vor Monaten mit Ermittlungen gegen mehrere Personen. Der Verdacht: gewerbsmäßiger Handel mit Betäubungsmitteln. Nach ersten Erkenntnissen sollen die Verdächtigen (23 bis 52 Jahre) täglich bis zu 40 Kunden mit Drogen beliefert haben. Kommunizieren sollten die Beschuldigten über diverse Messenger-Dienste. Der Verdacht erhärtet sich, es ergeben sich „Anhaltspunkte für Einfuhrschmuggel von Kokain im zweistelligen Kilogrammbereich“. Weiter wird festgestellt, dass für Transport und Auslieferung der Drogen eigens präparierte Fahrzeuge verwendet werden.

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Noch am Montagmorgen wird zusätzlich eine Frau verhaftet

Encrochat entschlüsselt

„Encrochat“ ist eine über manipulierte Handys laufende Kommunikaion, über die viele Kriminelle ihre Geschäfte abgewickelt haben. Seit es der Polizei gelang, den Code zu entschlüsseln, gab es europaweit einige Zugriffe wie in Menden.Den Verdächtigen drohen laut der Staatsanwaltschaft bei einer Verurteilung „empfindliche Freiheitsstrafen“.

Als sich Hinweise auf ein anstehendes Drogengeschäft verdichten, schlagen die Ermittler in Solingen und Menden zu. Hierbei stellen sie neben anderem Beweismaterial auch ein Kilo Kokain sicher. Sieben tatverdächtige Männer werden vorläufig festgenommen. Gegen fünf erlässt der Haftrichter auf Antrag der Staatsanwaltschaft auch Haftbefehle. Am Montagvormittag wird nach weiteren Ermittlungsergebnissen eine Frau festgenommen, die ebenfalls vor den Haftrichter muss.

Neben Wuppertaler Ermittlern waren laut Baumert auch Kräfte aus Bochum, Ennepetal und des Landeskriminalamtes LKA im Einsatz.