Hohenlimburg. Das Werk von Thyssenkrupp in Hohenlimburg befindet sich mitten in einer Phase des Umbruchs. Das wurde deutlich bei einer Wahlkampfvisite der SPD.

Für seinen Wahlkampf hätte sich der Hagener SPD-Bundestagskandidat Timo Schisanowski vielleicht keinen besseren Schauplatz aussuchen können als den Thyssenkrupp-Standort in Oege.

Das Werk befindet sich mitten in einer Phase der Umstrukturierung, der Zwiespalt zwischen Umweltschutz und Arbeitsplatzsicherung, der Deutschland in den kommenden Jahren prägen wird, zeigt sich hier in seiner ganzen Schärfe. „Ich habe mir diesen Ort ganz bewusst ausgesucht“, sagte Schisanowski, der am Freitag 40 Jahre alt wurde, denn auch: „Natürlich ist Klimaneutralität ein Ziel, das ich unterstütze, aber ich möchte hier und heute ein Bekenntnis zu den Industriearbeitsplätzen, die meinen Wahlkreis so sehr prägen, abgeben.“

Autobauer üben enormen Preisdruck aus

Und dass Thyssenkrupp 30 Millionen Euro in das Hohenlimburger Werk investiert, ist für Schisanowski ein Statement: „Ein Statement dafür, dass es weitergeht mit diesem Standort, mit guter Arbeit und einer starken Wirtschaft.“

Doch auch die Arbeiter und Angestellten in Hohenlimburg spüren längst den normen Preisdruck, den die Autobauer auf sie ausüben. „Viele Produkte lassen sich in Deutschland nicht mehr herstellen“, umschreibt Thomas Oberste-Lehn, Betriebsrat Federn und Stabilisatoren in Oege, die Konkurrenz mit billigeren Standorten im Ausland.

Mit 320 Mitarbeitern geht es weiter

Und natürlich sind die Beschäftigten heilfroh, dass Thysenkrupp die Fertigung von Federn und Stabilisatoren künftig in Oege konzentriert. 320 Mitarbeiter sollen dort künftig beschäftigt sein. Die Produktion in Olpe wird dagegen Ende dieses Jahres eingestellt, 330 Arbeitsplätze sind davon betroffen, 50 Mitarbeiter wechseln aus der Kreisstadt im Sauerland nach Oege.

Dass der Stellenabbau nötig wurde, liegt an der Automatisierung der Produktion. Diese solle im Federnwerk Oege weiter voranschreiten. Dazu wird das komplette Fertigungskonzept überarbeitet und umgestellt. Das umfasst den Prototypenbau, die Fertigung von Stabilisatoren für Kleinserien und das Ersatzteilgeschäft sowie die Serienproduktion von Federn für Autos bzw. Elektrofahrzeuge.

Erster Großauftrag für E-Fahrzeuge

Immerhin hat das Werk kürzlich den ersten großen Auftrag für Elektrofahrzeuge an Land gezogen, es handelt sich um Fahrwerksfedern für Fisker Automotive. Oberste-Lehn sieht gute Perspektiven: „E-Fahrzeuge benötigen größere Federn, die kalt nicht mehr formbar sind. Vielleicht können wir diesen Markt mit unserer Warmfertigung besser bedienen als andere.“

Fakt ist, dass die Autohersteller von den Zulieferern in zunehmendem Maße eine klimaneutrale Produktion verlangen: „Wer das nicht schafft, ist über kurz oder lang raus aus de Geschäft“, sagt der Betriebsrat. Für Rolf Mützenich (62) aus Köln, den SPD-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, der eigens nach Oege gekommen war, um Schisanowski im Wahlkampf zu unterstützen, ist das ein Beleg dafür, dass alles zusammengehört: „Gute Arbeit, gute Löhne, eine klimaneutrale Produktion.“ Olaf Scholz sei der richtige Mann fürs Kanzleramt: „Jetzt entscheiden wir darüber, ob Arbeitsplätze wie diese hier in Hohenlimburg auch am Ende dieses Jahrzehnts noch vorhanden sein werden.“

Bleibt Deutschland ein starker Industriestandort?

Mit von der Partie war am Freitag auch Jens Mütze, Bevollmächtigter der IG Metall in Hagen und ebenfalls Mitglied in der SPD. Wir müssten uns in Deutschland die Frage stellen, ob wir ein starker Industriestandort bleiben wollten, redete er sich angesichts der Forderungen nach einer radikalen CO2-Preiserhöhung in Rage: „Wenn ich höre, dass deutsche Unternehmen nach Frankreich ziehen, weil sie dort billigen Atomstrom beziehen können, macht mich das wütend.“

Es seien noch immer die Industriearbeitsplätze, die den Kommunen Geld ins Säckel brächten, man dürfe nicht alles auf die Umwelt abstellen: „Klar, ich bin auch froh, wenn ich an die frische Luft komme und dass ich nicht in den 60-er Jahren gelebt habe. Aber machen wir uns nichts vor: Wenn die Rahmenbedingungen bei uns nicht mehr stimmen, dann wird der Stahl woanders hergestellt.“