Hagen. Die Hagener Enervie AG will in Zukunft die Solartechnologie als Geschäftsfeld ausbauen. Dafür müssen jedoch die Rahmenbedingungen passen.
Während die städtische Gebäudewirtschaft (GWH) in Hagen bislang erheblich damit fremdelt, auf den Dächern öffentlicher Gebäude oder auf Freiflächen konsequent Solartechnik zu installieren, zeigt die Enervie AG sich für derartige Investitionen sehr offen: „Wir gehen davon aus, dass sich die gesetzlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für solche Anlagen weiter verbessern werden und dass auch in Hagen die Errichtung und der Betrieb von Photovoltaik-Freifeldanlagen möglich wird“, meint Dr. Arndt Bohrer, Leiter der Abteilung Erneuerbare Energien beim Hagener Energieversorger. Die Vorbereitungen für konkrete Projekt seien bereits angelaufen.
Erneuerbare Energien als Strategie
„Due Enervie-Gruppe als größter Energieversorger der Region hat sich den zügigen Ausbau der Erneuerbaren Energien in Südwestfalen auf die Fahne geschrieben“, unterstreicht Vorstandssprecher Erik Höhe diese strategische Stoßrichtung. Zugleich macht er aber auch deutlich, dass es bei den politischen Rahmenbedingungen noch Optimierungsspielräume gebe: „Leider waren die bisherigen Genehmigungsverfahren oft sehr langwierig und komplex und die gesetzlichen Hürden zu hoch.“ Entsprechend setzt er auf neue Impulse aus Düsseldorf: „Wir freuen uns darauf, dass die neue Landesregierung den Ausbau der Erneuerbaren Energien zukünftig aktiver unterstützt und notwendige Rahmenbedingungen schafft, damit wir die Energiewende in unserem Versorgungsgebiet deutlich beschleunigen können.“
Bei der städtischen Gebäudewirtschaft hat man sich derweil in jüngster Vergangenheit auf andere energetische Maßnahmen fokussiert, während 2021 auf keinem einzigen Dach kommunaler Immobilien Solaranlagen errichtet wurden. Immerhin gibt es Planungen für die Gebäude der Hauptschule Geschwister Scholl, die Sporthalle Vorhalle, das Schulzentrum Wehringhausen, das Rathaus I sowie die Sporthallen Volmetal, Wehringhausen und das Kirchenbergstadion.
Neue Chancen für grünen Strom
Freiflächenanlagen, wie sie viele Hagener beispielsweise bei Urlaubsfahrten in Richtung Süden schon entlang der Autobahnen beobachtet haben dürften, sind in NRW derweil wenig verbreitet. Das liegt vor allem daran, dass beispielsweise das Sauerland oder die Märkische Region zu den regenreichsten und zugleich sonnenärmsten Flecken in Deutschland zählen und somit wirtschaftlich bislang wenig attraktiv erschienen. Allerdings hat sich diese Betrachtungsperspektive durch die stetig steigenden Strompreise zuletzt verändert. „Eventuell können zukünftig durch Verkauf in den Stromgroßhandel oder durch Direktverkauf von regional erzeugtem grünen Strom an Industrie-, Gewerbe- und eventuell auch Privatkunden Projekte finanziert werden“, zeigt Bohrer aktuelle Chancen auf.
Ganz konkret blickt Enervie zurzeit auf eine Zehn-Megawatt-Anlage (MW) in Neuenrade-Küntrop sowie ein Ein-MW-Projekt auf dem ehemaligen Kohlelagerplatz des Herdecker Cuno-Kraftwerks. Darüber hinaus gibt es bereits Verhandlungen mit zwei Grundstückseigentümern in Hagen, die forst- und landwirtschaftliche Flächen für Photovoltaik-Freifeldprojekte bereitstellen würden. Diese befinden sich vorzugsweise im Hagener Süden bei Kalthausen, Wiggenhagen, Brechtefeld oder auch bei Holthausen – in Summe 50 MW. Darüber hinaus hat der heimische Energieversorger weitere Areale in Hagen im Blick, die aktuell allerdings noch nicht benannt werden sollen.
Aufweichung der Flächenlimits
Der Landesentwicklungsplan NRW sieht jedoch vorzugsweise Korridore entlang der Autobahnen und Bahnstrecken vor: Nur dort locken bislang Vergütungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Diese Flächenlimits müssten deutlich ausgeweitet werden, um Photovoltaik richtungsweisend zu unterstützen, meint Enervie durchaus als Appell in Richtung der künftigen NRW-Landesregierung. Erste Weichenstellungen sehe hier immerhin das „Osterpaket“ der Bundesregierung vor, das zumindest für Agrar-Photovoltaik-Anlagen (unter den aufgeständerten Solarmodulen ist weiterhin Landwirtschaft möglich) Verbesserungen vorsehe.
„Wir würden uns zudem wünschen, dass Photovoltaik-Freifeld-Anlagen genau wie Windkraftanlagen im Außenbereich privilegiert werden, so dass kein Bebauungsplan notwendig wäre“, verspricht sich Bohrer davon nicht bloß eine Kostenreduzierung, sondern vor allem einen Entwicklungsschub. Parallel dazu, so die Vorstellung der Enervie, solle die Stadtverwaltung die Initiative ergreifen und für Hagen einen Kriterienkatalog entwickeln, auf welchen Flächen unter welchen Bedingungen Photovoltaik zugelassen werden solle. „Gerne unterstützen wir dabei“, bietet Bohrer hier seine Expertise an.