Hagen. Eine psychiatrische Tagesklinik soll die Versorgung der Kinder und Jugendlichen in Hagen in diesem Segment deutlich verbessern. Hier die Details:

Eine kinder- und jugendpsychiatrische Tagesklinik mit Institutsambulanz möchte das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke (GKH) in Hagen-Haspe errichten, um die kindermedizinische Versorgung sicherstellen zu können. Denn die Zahl der niedergelassenen Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Stadt ist deutlich zu gering, während der Bedarf stetig steigt. Mit einer solchen Einrichtung soll die wohnortnahe Versorgung der Familien deutlich verbessert und eine klassische Versorgungslücke geschlossen werden.

Förderantrag ist schon gestellt

Das GKH hat beim Land bereits einen entsprechenden Förderantrag gestellt, der in Absprache mit der Bauverwaltung auf die Quambusch-Schlittenwiese zwischen der Harkort-Grundschule (Twittingstr.) und der Kita (Jungfernbruch) direkt neben dem Spielplatz abzielt. „Dieser Standort hat eine ernsthafte Perspektive auf Realisierung“, meint der für Gesundheitsfragen verantwortliche Dezernent Sebastian Arlt und betont, dass dadurch ein eventuell notwendiger Ausbau der Schule nicht beeinträchtigt werde. Auf der abfallenden Grünfläche soll ein sternförmiger Flachbau mit drei Gebäudeflügeln entstehen, der über eine Gesamtfläche von 725 Quadratmetern verfügt. Davon entfallen 130 Quadratmeter auf die kinder- und jugendpsychologische Institutsambulanz, die zur Vorbereitung und Nachsorge der teilstationären Behandlung dient.

Zweifel der Politik an der Standortwahl

Die Bezirksvertretung Haspe hat erhebliche Zweifel angemeldet, ob der angedachte Standort für die kinder- und jugendpsychiatrische Tagesklinik am Quambusch zwischen Kita und Grundschule tatsächlich klug gewählt sei.Zum einen verweist die Politik darauf, dass durch das Projekt – neben der geplanten Wohnbebauung auf dem Sportplatz sowie der Wohneinrichtung für psychisch Behinderte der Evangelischen Stiftung Volmarstein – der ohnehin schonimmense Verkehrs- und Parkdruck in dem Quartier weiter erhöht werde.Zum anderen werde mit der beliebten Schlittenwiese neben dem Spielplatz eine der letzten Grünschneisen in dem Viertel für die Einrichtung geopfert.

Grundsätzlich ist das Team um Prof. Oliver Fricke (Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Kinderneurologie) für die medizinische Versorgung in diesem Segment in Hagen sowie im gesamten EN-Kreis verantwortlich. Das Land hat jetzt in seinem regionalen Planungskonzept entschieden, das bestehende Herdecker Angebot mit bereits 64 vollstationären und sechs tagesklinischen Plätzen in Hagen um 18 Plätze für Kinder im Alter von 4 bis 14 Jahren zu erweitern. In der Institutsambulanz sollen sogar Jugendliche bis 18 Jahren begleitet werden.

Parallel ist der Aufbau einer stationsäquivalenten Behandlung in Planung: Diese umfasst eine Krankenhausbehandlung im häuslichen Umfeld durch mobile, multiprofessionelle Behandlungsteams, um stationäre Aufenthalte zu vermeiden. „Die tagesklinischen Konzepte erlauben es, eng mit den Familien zusammenzuarbeiten“, betont Fricke. Dazu sei eine kindgerechte Umgebung wie am Quambusch sehr wichtig: „Kinder entwickeln sich dort besonders gut, wo auch andere Kinder sind“, unterstreicht der leitende Mediziner, der in Hagen mit einem 30-köpfigen Fachteam agieren möchte, die Qualitäten dieses Standortes.

Corona verschärft die Situation

Gleichzeitig betont Fricke, dass für die Menschen im Umfeld einer solchen psychiatrischen Einrichtung keinerlei Anlass zu Ängsten und Sorge bestehe. Die Tagesklinik werde mit einem systemisch-familientherapeutischen Konzept arbeiten und „eine Versorgung von Patienten mit einer forensisch bedeutsamen psychischen Störung“, so Fricke, sei dort nicht geplant.

Angesichts der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Familien sowie das Miteinander der jüngeren Generation prognostizieren Fachleute bereits einen starken Zuwachs von psychiatrischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Erwartet werden vor allem suizidale Krisen, Angst- und Essstörungen sowie schwere depressive Episoden. Daher wird sich in den Augen von Medizinern der Bedarf an Behandlungsplätzen deutlich erhöhen. Derzeit liegt die Auslastung der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Herdecke bereits bei 99,8 Prozent.