Hagen. Der Hagener Doppelhaushalt 2022/23 steht noch auf kippeligen Füßen. Kämmerer Gerbersmann will wegen Corona keinesfalls die Steuern erhöhen.

Ein Versprechen gibt Hagens Kämmerer Christoph Gerbersmann den Bürgern schon heute: „Für Mehrbelastungen durch die Corona-Pandemie werde ich keine Steuererhöhungen vorschlagen.“ Dass diese Sorge überhaupt im Raum steht, ist den aktuellen Etatplanungen geschuldet. Denn der jüngste Gesetzentwurf des NRW-Heimatministeriums sieht zwar vor, dass Extra-Belastungen und Einnahmeverluste des Covid-19-Fluchs auch im kommenden Jahr aus dem Zahlenwerk herausgerechnet und dann ab dem Jahr 2025 als Sonderposten über 50 Jahre abgeschrieben werden dürfen. Aber für 2023 ist das bislang noch nicht vorgesehen, obwohl die Pandemie-Lasten in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2025 wiederum geltend gemacht werden dürfen.

Für den Hagener Finanzdezernenten, der aktuell an einem Doppelhaushalt für die Jahre 2022/23 feilt, ist diese Betrachtungsweise keineswegs schlüssig: „Selbst mit einer Isolation der Corona-Belastungen ist ein ausgeglichener Haushalt für die nächsten beiden Jahre nur mühsam darzustellen, aber ohne diese Möglichkeit im Jahr 2023 schaffen wir das nicht.“ Vor diesem Hintergrund hat die Stadt Hagen bereits das NRW-Ministerium sowie über den Landtagspräsidenten die Fraktionen in Düsseldorf angeschrieben, um hier für eine pragmatische Lösung im Sinne der Kommunen zu werben. Dabei befindet sich Hagen in bester Gesellschaft, weil – neben dem Städtetag – auch die Städte Mülheim, Hamm, Duisburg und Wuppertal mit ähnlichem Zungenschlag interveniert haben.

Einzelhaushalte sind keine Option

Alternativ für die nächsten beiden Jahre mit Einzelhaushalten zu operieren, bis der Nebel rund um die Corona-Mehrbelastungen sich gelichtet hat, ist in Hagen keine Option. Denn im kommenden Jahr ist in der Kämmerei schon langfristig ein Datenbank-Umstieg im Rahmen des SAP-Systems terminiert, der weite Teile des Personals bindet und von einem externen Berater begleitet wird. „Das wird unsere Hauptarbeit im Jahr 2022 – eine kurzfristige Absage würde uns Millionen kosten“, warnt Gerbersmann.

In dieser Woche wird er die weiteren konkreten Schritte mit der Kommunalaufsicht in Arnsberg abstimmen, um mehr Klarheit für den anstehenden Doppelhaushalt zu bekommen. Dieser wird aufgrund der ebenfalls millionenschweren Flutproblematiken im Dezember oder sogar erst im Januar ja ohnehin schon mit Verspätung die Politik zur weiteren Beratung erreichen. Dabei will der Kämmerer auch klären, ob die nächsten Jahresrechnungen tatsächlich anhand der weniger aussagekräftigen Orientierungsdaten aus den jüngsten Krisenjahren zu erstellen sind.

Stadttöchter sollen liefern

Offensive bei den Investitionen

Parallel möchte Finanzdezernent Christoph Gerbersmann in Arnsberg bei der Kommunalaufsicht dafür werben, dass Hagen nach jahrelanger Zurückhaltung auch wieder im investiven Bereich aktiver vorgeht. Mit einem Investitionskreditlevel von gut 73 Millionen Euro bewegt sich Hagen für eine Stadt dieser Größenordnung hier zuletzt auf einem eher niedrigen Level.Daher plädiert der Kämmerer inzwischen für eine maßvolle Nettoneuverschuldung, um zumindest jene Projekte anzugehen, die nach Maßgabe der Baufachleute eine realistische Umsetzungsreife haben. Hier dürfte durchaus ein hoher zweistelliger Millionenbetrag für die nächsten Jahre im Raum stehen.Konkret denkt Gerbersmann hier vorzugsweise an Investitionen im Bildungsbereich, die aufgrund der anhaltenden Zuwanderung notwendig sind. Hier reichen die Mittel aus der Schulpauschale schon längst nicht mehr aus. Aber auch Investitionen in die Brücken-Infrastruktur sowie die Stadtteil-Projekte im Rahmen des ISEK (Integrierte Stadtentwicklung) – beispielsweise eine Erneuerung der Fußgängerzone – zählen dazu.Die Beseitigung der Flutschäden in einer vorläufig geschätzten Höhe von gut 200 Millionen Euro bleiben bei dieser Rechnung außen vor. Hier ist die Stadt noch immer mit der akuten Gefahrenabwehr beschäftigt und der tatsächliche Neuaufbau hat noch gar nicht begonnen. Diese Kosten sollen komplett aus der 30 Milliarden Euro schweren Wiederaufbauhilfe von Bund und Land gedeckt werden.

Dabei steht schon heute fest, dass Hagen auch weiterhin nicht ohne ein Haushaltssicherungskonzept auskommen wird. „Dabei wird es allerdings keine weiteren, spürbaren Spareinschnitte oder gar Steuererhöhungen für die Bürger geben müssen“, stellt der Finanzdezernent in Aussicht. Notwendige Einnahmeverbesserungen, die beispielsweise höhere Einkommenssteuerverluste abfedern sollen, müssen die städtischen Töchter liefern.

Zudem gibt es inzwischen auch wieder Lichtblicke bei der in Coronazeiten eingebrochenen Gewerbesteuer: Nach der schmerzlichen Einnahmedelle im Jahre 2020, als die Gewerbesteuer nach Rekordjahren auf 68 Millionen Euro abgesunken war, hatte die Kämmerei für 2021 vorsichtig mit einer 80-Millionen-Euro-Einnahme kalkuliert. Doch inzwischen, so zeigen die jüngsten Zahlen, steuert Hagen wieder auf eine Einnahme jenseits der 100-Millionen-Schwelle zu, die vorzugsweise den Corona-Schaden von etwa 36 Millionen Euro abpuffert, aber auf diesem Level sogar schon zu einem zarten Überschuss führt.