Hagen. Über Monate wird der Wirtschaftsbetrieb damit beschäftigt sein, die Flüsse freizuräumen und den Hagenern ein Stück Sicherheit zurückzugeben.
Meter für Meter bewegen sich die Räder des Schreitbaggers in Hagen durch das sanft dahinplätschernde Wasser der Volme. Das ungewöhnliche Gerät bewegt sich fast wie eine Spinne durch das seichte Nass unweit der Stadthalle, packt mit seinem Greiferlöffel einen mächtigen Baumstamm, wuchtet diesen in die Höhe, um ihn am Ufer abzulegen. „Es gibt zurzeit ein großes Unsicherheitsgefühl bei den Menschen in Hagen, die unweit der Gewässer wohnen“, weiß Alexander Horn, beim Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) verantwortlich für Gewässerausbau und -unterhaltung. „Deshalb wird von uns aktuell tatsächlich alles abgeräumt.“
Gut drei Wochen ist es inzwischen her, dass die Starkregenfluten des Tiefdruckgebietes „Bernd“ die Hagener Flüsse jenseits aller bislang überlieferten Pegelstände zu zerstörerischen Strömen haben anschwellen lassen. Mit den ungeheuren Wassermassen wurden auch entwurzelte Bäume angespült, unfassbare Mengen Erde und Geröll aus den angrenzenden Tälern und Hängen abgelagert sowie Unrat und Sperrgut aus überfluteten Gärten und Firmengeländen mitgerissen. Die Spuren dieser Unwetter-Katastrophe allein in den Flussbetten und sämtlichen angrenzenden Bachtälern zu beseitigen, wird Monate, teilweise sogar Jahre in Anspruch nehmen.
Engpässe an den Brücken
Massen an Geröll
Die ungeheuren Massen an Geröll werden vorerst auf Parkplätzen und Zwischendepots gelagert. Manches kann später zum Verfüllen genutzt werden.Allerdings ist der rundgespülte Flussschotter beispielsweise für den Straßenbau ungeeignet, weil er zu instabil ist und für diese Zwecke erst gebrochen werden müsste.
„Um die dringendsten Aufgaben zu erledigen, hat der WBH seine Vertragsfirmen erst einmal von laufenden Baumaßnahmen abgezogen“, gibt es für Alexander Horn und seine Kollegen derzeit nur eine Priorität: „Den schadlosen Wasserabfluss wieder herzustellen – das steht über allem anderen.“ Das Fachunternehmen, das sich beispielsweise um die Lenne-Dynamisierung kümmert, bringt natürlich auch das notwendige Know-how mit, um riesige Geröllanlandungen zu beseitigen sowie den Ab- und Durchfluss vorzugsweise an den Brückenbauwerken wiederherzustellen.
Die angemieteten Schreitbagger, die meist in Bergregion eingesetzt werden und mit ihren Rädern Absätze von bis zu 1,80 Metern Höhe überwinden können, kümmern sich zunächst einmal darum, an besonders kritischen Ecken wieder den Zugang in die Flussbetten für schweres Gerät zu schaffen. Immerhin müssen hunderttausende Tonnen Schutt und Geröll noch bewegt, bis durch die Fluten aufgetürmte Rückstaudämme beseitigt sowie Lenne, Volme und Ennepe wieder in ihre angestammten Bahnen gelotst werden. „An viel zu vielen Stellen gibt es zurzeit viel zu viel Material“, skizziert der WBH-Experte die aktuelle Lage. Andernorts verändern wiederum Auskolkungen – also durch große Wurzeln, Schotterbetten oder Wasserwalzen entstandene Strudellöcher – den Fließrhythmus.
Aufgaben für Monate
Alexander Horn blickt allerdings keineswegs bloß auf die Flussläufe, sondern auch in die Bachtäler: „In der Obernahmer gibt es einen sonst nur einen halben Meter breiten Bachlauf, bei dem hat sich das Geröll auf zwei Meter Breite und zwei Meter Höhe aufgetürmt – und das gleich auf 150 Metern Länge.“ Etwas weniger Priorität hat der Hohenlimburger Koenigsee, der sich in ein gewaltiges Kiesdepot verwandelt hat. „Aber der Durchfluss für das Wasser ist gewährleistet“, versucht der WBH-Experte gleich zu beruhigen.
Bis zu den großen Winter-Hochwassern müssen Gehölze und Kiesbänke verschwunden sein, ebenso der Unrat entlang der Uferböschungen. Dabei handelt es sich keineswegs bloß um Gartenutensilien wie Plastikmöbel, Grills oder auch Spielgeräte, sondern ebenso um Bauschuttcontainer, Gastanks und sogar ein Boot mitsamt Trailer. Und täglich gehen beim Wirtschaftsbetrieb neue Meldungen ein, wo die Starkregenfluten noch ihre Spuren hinterlassen haben: „Harmlose Bachläufe haben Wanderwege in Canyons verwandelt“, kann Alexander Horn bloß erahnen, welche Probleme in den Wäldern schlummern: „Manche Einsatzorte der nächsten Wochen und Monate sind noch gar nicht entdeckt“.