Hagen. Mindestens dreieinhalb Jahre Gefängnis warten auf den falschen Rotkreuz-Doktor und Impfarzt aus dem Gesundheitsamt. Heute fällt das Urteil.
Heute wird im Landgericht in Hagen das Urteil fallen. Was den falschen Rotkreuz-Doktor und Impfarzt aus dem Gesundheitsamt als Strafmaß erwartet, steht bereits fest: Mindestens dreieinhalb Jahre, höchstens viereinhalb Jahre Gefängnis. So war das bereits am ersten Verhandlungstag vereinbart worden. Im fünftägigen Prozess konnte der geschickte Hochstapler und Blender immer wieder neu überraschen.
Da ist diese Frau (34) aus Dortmund, die sich in den Mediziner, der gar keiner war, Hals über Kopf verliebte. Über eine Dating-Plattform im Internet hatten sich beide im April vergangenen Jahres kennengelernt und sind dann Lebensgefährten geworden. Er erzählte ihr, er sei Psychiater in der LWL-Klinik in Bochum und Notarzt beim DRK Hagen.
Viele Fachgespräche wurden geführt
Die Frau, die selbst eine echte Medizinerin ist, nahm ihm das ab: „Ich war auch mal Notärztin. Das passte.“ In all den Monaten, in denen sie mit ihm zusammenlebte, hatte sie nie Zweifel, einen echten Doktor und Arzt an ihrer Seite zu haben: „Es gab ja auch viele Fachgespräche zwischen uns. Er konnte dabei stets mithalten.“
Auf ein besonders dreistes Schmierentheater des angeklagten Hochstaplers war die Dortmunder Ärztin im September vergangenen Jahres hereingefallen: „Da hatte er mich zu seiner Facharztprüfung mitgenommen: Im Haus der Ärzteschaft in Düsseldorf“, erinnert sie sich leutselig im Zeugenstand: „Er ging durch Registrierung in einen anderen Bereich und kam etwa 40 Minuten später überglücklich wieder dort heraus. Dann hat er mich angelächelt und mir die Facharzt-Bescheinigung gezeigt: Bestanden!“
Beschwerde über Knast-Kleidung
Karriere hat der Blender auch in der Justizvollzugsanstalt Hagen gemacht, in der er derzeit einsitzt: Die Inhaftierten wählten ihn zu ihrem Gefangenensprecher – den ersten dort überhaupt. Während seines jetzt laufenden Strafverfahrens hat er sich bei der Gefängnisleitung schriftlich darüber beschwert, dass er nicht an jedem Prozesstag im Anzug vor Gericht auftreten durfte, sondern die übliche Knastkleidung tragen musste.
Für 9.30 Uhr wird heute im Landgericht das Urteil erwartet. Staatsanwalt Ömer Sivrice hat vier Jahre und drei Monate Gefängnis gefordert, Verteidiger Axel von Irmer dreieinhalb Jahre. Heute wird sich auch entscheiden, ob der falsche Arzt nach 306 Tagen Untersuchungshaft vorläufig wieder auf freien Fuß kommt, wie es der Verteidiger beantragt hat.