Hagen. Wie Förster Martin Holl im Wildgehege in Hagen Wildschweine anlockt und was der 37-Jährige über Frischlinge zu berichten weiß.
Der Pfiff ist hell, aber nicht unangenehm laut. Und er zeigt sofort Wirkung. Nach wenigen Sekunden kommt ein halbes Dutzend Wildschweine aus dem Dickicht in Richtung Zaun gelaufen. „Das ist nichts Besonderes, ich kann nicht zaubern, die Wildschweine kennen mich einfach.“
Martin Holl ist für die Tiere eine Bezugsperson, die nach ihnen schaut und sich um ihr Futter kümmert. „Auf den Pfiff hören übrigens auch meine beiden Hunde“, lacht der Fachleiter im Bereich Forstwirtschaft des Wirtschaftsbetriebs Hagen (WBH).
Das etwa 14.000 Quadratmeter große Schwarzwildgehege im Deerth in Wehringhausen ist mit deinem doppelten Zaun umgrenzt, „das ist Vorschrift“, erklärt Martin Holl. 17 Wildschweine leben in dem Gehege, „es ist ein geschlossener Familienverband“.
Ein Findelfrischling habe es schwer, aufgenommen zu werden, da es sich im Grunde um eine geschlossene Population handele und die Rotte Fremde nicht akzeptiere.
Frischling mit der Flasche aufgezogen
Frischlinge – ein Thema, das Martin Holl neben dem Wald an sich ebenfalls am Herzen liegt. „Vor einiger Zeit hab’ich einen Frischling mit der Flasche aufgezogen, er wäre sonst nicht durchgekommen. Das Tier lebt jetzt hier im Wildschweinpark mit der großen Bache ,Smarties‘ und den anderen Tieren“.
Der 37-jährige Naturliebhaber deutet mit dem Finger nach links, „dort hinten, das sind alles Frischlinge. Frischlinge sind nicht nur die Tiere mit Streifen, man bezeichnet jedes Wildschwein im ersten Lebensjahr als Frischling“.
Das Wildgehege im Wehringhauser Bachtal, das Dam- und Muffelwild beherbergt, wurde vor 65 Jahren eingerichtet. Es ist 15 Hektar, also 150.000 Quadratmeter groß und bietet den Tieren einen passenden Lebensraum mit Laub- und Nadelbäumen, einer großen Wildwiese sowie einem Bach.
Etwa 35 Tiere leben im Dam- und Muffelwildgehege, das mit einem Futterautomaten ausgestattet ist. „Der Förderverein der Wildgehege Wehringhauser Bachtal, der über 200 Mitglieder hat, trägt die kompletten Futterkosten“, lobt Martin Holl das Engagement des Vereins.
Förderverein kümmert sich um Futterautomat
Zum Hintergrund: Der Verein hat vor Jahren den Betrieb des Futterautomaten von der Stadt Hagen übernommen und kümmert sich seit dem um den Kauf des Futters und um das Befüllen der Schachteln. Der Automat wird täglich mit neuem Futter aufgefüllt, das die Besucher vor Ort kaufen können.
„Es muss hinzugefüttert werden, die Tiere finden im Gehege selbst zu wenig Futter“, sagt Martin Holl. Im Herbst wird zusätzlich eine Futtersammelstelle eingerichtet, zu der Bürger eigens gesammelte Kastanien, Eicheln und Bucheckern bringen können.
„In drei, vier Wochen kommen so hunderte Kilos an Waldfrüchten zusammen“, lobt Martin Holl die Sammelleidenschaft vieler Leute, besonders Familien mit Kindern.
Beide Wildgehege befinden sich auf städtischem Gelände, sprich, Wald, Zäune und Bebauungen sind im Besitz des WBH, „eine solche Einrichtung kann nicht wirtschaftlich betrieben werden, das funktioniert nicht“, sagt Holl und unterstreicht nochmals die Wichtigkeit des Fördervereins und des Areals an sich, „der Wald und die Gehege sind für die Hagener Bürger Naherholungs- und Erlebnisraum, außerdem Schulungsraum, da auch viele Schulklassen hierher kommen“.
Rehe fressen Knospen an Zweigen ab
Aber wie sieht es mit Schäden, die die Tiere an den Bäumen hinterlassen, aus? „Besonders Rehe fressen die Knospen an den Zweigen ab“, räumt der Förster ein. Das sei ein natürlicher Vorgang, doch die Schäden wären noch tragbar, da die Tiere zur Bestandsregulierung auch abgeschossen würden, „besonders auf frisch bepflanzten Kulturflächen muss scharf gejagt werden“.
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Und die geschossenen Tiere? „Das Wildbret, größtenteils von Rehen und Wildschweinen, geht zu 95 Prozent an Privatkunden aus der Nachbarschaft, eine geringe Menge wird an Restaurants und Caterer in der Region verkauft“, erklärt der 37-Jährige.
Aber zurück an den Zaun des geräumigen Wildschweinparks: „Wildschweine sind ganz aufmerksame Tiere. Wenn die Leitbache von etwas Wind bekommt, bläst sie laut und warnt so die ganze Rotte“, weiß der Natur- und Tierschützer und ergänzt: „Wer einem Wildschwein begegnet, sollte es nicht erschrecken, sondern direkt auf sich aufmerksam machen. Das Tier muss mitbekommen, dass man da ist, dann zieht es sich in der Regel zurück.“