Olpe. In Olpe sind mehrere Waschbären in Häuser eingebrochen. Trotz aller vermeintlicher Niedlichkeit: Die Wildtiere können gefährlich sein.

Eigentlich sind es putzige Tiere, die Waschbären, die durch ihre schwarze „Augenblende“ auch für Laien leicht erkennbar sind. Doch Biologen wie Jäger sehen die Tiere mit Sorge, gelten sie doch als Schädlinge. Eigentlich in Nordamerika heimisch, haben sich Waschbären inzwischen in ganz Europa ausgebreitet. Auch in Olpe, das zeigt eine ganze Reihe von Meldungen aus Reihen der Leser unserer Zeitung. Insbesondere im Bereich Weierhohl, Friedrichstraße und am Hatzenberg wurden mehrere Begegnungen mit dem eigentlich nachtaktiven Kleinbären gemeldet.

Am helllichten Tag bedient sich dieser Waschbär an einer Mülltonne in der Nähe der Olper Stadthalle. Dieses Standbild aus einem Handy-Video zeigt den Kleinbären, der sich von vorbeigehenden Menschen nicht stören lässt.
Am helllichten Tag bedient sich dieser Waschbär an einer Mülltonne in der Nähe der Olper Stadthalle. Dieses Standbild aus einem Handy-Video zeigt den Kleinbären, der sich von vorbeigehenden Menschen nicht stören lässt. © Unbekannt | Privat

Wolfgang Lisken, der im Weierhohl lebt, hatte bereits mehrfach „Besuch“. „Der kommt durch die Katzenklappe rein, bedient sich am Katzenfutter und kuschelt auf dem Sofa. Wenn wir ins Haus kommen, dann haut er ab.“ Alle Versuche, das Tier durch im Internet entdeckte Hausmittel, etwa stark riechende Duftsteine, zu vertreiben, schlugen nicht an. Auch eine Lampe an der Katzenklappe stört den Waschbären nicht. Lisken weiß, dass das bei ihm „heimische“ Exemplar bis in die Stubicke unterwegs ist: „Er hatte mal eine kleine Verwundung, die man im Fell erkennen konnte. Daher war er identifizierbar.“ Mithilfe einer Wildkamera hat er das Tier beobachtet: „Von der Katze lässt er sich überhaupt nicht stören. macht sogar Pakete mit Leckerlis auf und bedient sich. Erstaunlicherweise toleriert die Katze ihn aber auch.“

Nüsse vom Tisch gefressen

Auch wurde von einem Fall berichtet, in dem ein Waschbär fauchend auf eine Frau losging, die auf der Bleichewiese ihren Hund ausführte. Ihr gelang es, das Wildtier durch Schläge mit der Hundeleine zu vertreiben. Am Hatzenberg drang ein Waschbär in einen Hühnerverschlag ein und tötete fünf der Vögel. Am Kimicker Berg nutzte ein Waschbär ebenfalls die Katzenklappe in der Haustür, richtete im Haus große Unordnung an und fraß buchstäblich die Nüsse vom Wohnzimmertisch. Ein der Redaktion zugesandtes Handy-Video zeigt einen ausgewachsenen Waschbären, der am helllichten Tag eine Mülltonne an der Stadthalle leert und sich an weggeworfenen Essensresten bedient. Handybilder von der Friedrichstraße zeigen ein kleineres Exemplar, das eine Terrasse besucht und sich auch vom Fotografen nicht stören oder verjagen lässt.

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Handyfotos von einer Olper Terrasse, auf der ein Waschbär auf Erkundungsgang ertappt wurde.
Handyfotos von einer Olper Terrasse, auf der ein Waschbär auf Erkundungsgang ertappt wurde. © Unbekannt | Privat

Jürgen Sonsalla ist Leiter des Hegerings Olpe in der Kreisjägerschaft. Sein Fazit: „Das geht so seit zwei, drei Monaten, dass wir jede Woche zwei oder drei neue Meldungen bekommen.“ Waschbären im Wald sind der heimischen Jägerschaft seit Jahrzehnten bekannt. Dort können sie schweren Schaden anrichten, wie Karl-Josef Fischer, Vorsitzender der Kreisjägerschaft, bestätigt: „Waschbären sind derart geschickt, sie sind die einzigen Tiere, die Uhu-Gehege ausräumen und in der Lage, die seltenten Sumpfschildkröten zu fangen.“ Dass sie aber so massiv in die Zivilisation vordringen, ist zumindest in Olpe neu. „Das hängt zum einen mit einer wachsenden Population zusammen“, so Jürgen Sonsalla. Zum anderen seien Waschbären extrem lern- und anpassungsfähig. „Für die Tiere ist das ja praktisch ein Paradies“, so der Waidmann: Hunde- oder Katzenfutter stehe bereit, Komposthalden oder Mülltonnen seien für sie wie Selbstbedienungsläden. Und wenn sie sich einmal eingelebt hätten, seien sie praktisch nicht mehr zu verjagen: „Die Waschbären sind zu einer echten Plage geworden.“ Dies, zumal sie auch Krankheiten und Parasiten verbreiten können, die Mensch wie Tier gefährlich werden können.

Hund als Spielkamerad

Einen Fall kennt Sonsalla, in dem sich ein Waschbär mit dem Hund der Familie angefreundet hat: „Die Tiere spielen zusammen, und die Frau rief mich an und war eigentlich davon begeistert.“ Doch sei dies ein gefährliches Spiel: Waschbären sind und bleiben Wildtiere, die auch unvermittelt beißen. Er rät dringend davon ab, die vermeintlich putzigen Tiere zu füttern oder gar zu streicheln.

Die Bejagung der Tiere ist schwer, zum einen, weil in Siedlungsgebieten nicht geschossen werden darf. Zum anderen gilt bis zum 1. August eine Schonzeit; lediglich junge Waschbären, die sich noch nicht fortpflanzen können, dürfen ganzjährig bejagt werden. Dies ist in Wohngebieten aber nur mit Kastenfallen möglich. Das sind Lebendfallen, die beködert werden. Sonsalla: „Wir haben in unseren Hegeringen Marder-Beauftragte, weil die Problematik eine ähnliche ist. Das Thema Waschbären ist aber für uns neu.“ Mit dem Kreis als Untere Jagdbehörde ist abgestimmt, dass mit dem Ende der Schonzeit, ab dem 1. August, damit begonnen werden soll, in den stark auffälligen Gebieten die Waschbären einzufangen. „Die Tiere werden dann weitab von der Zivilisation wieder ausgesetzt, aber zuallererst müssen wir sehen, dass wir sie erst mal gefangen kriegen.“ Auch der Kreis als Untere Jagdbehörde ist alarmiert und warnt regelrecht davor, die Tiere zu füttern. Dies führe dazu, dass sie ihre Scheu vor dem Menschen verlören.

Die Kreisverwaltung als Untere Jagdbehörde hat sich in einer Pressemitteilung zum Thema geäußert. Darin heißt es: „Waschbären sehen niedlich aus, sind aber Wildtiere und bereiten durchaus Probleme. Das zeigen Fälle, die aktuell und vermehrt aus dem Stadtgebiet Olpe gemeldet werden. Der Kreis Olpe weist deshalb darauf hin, dass unbedingt auf das Füttern von Waschbären verzichtet und ihnen die Suche nach Leckereien in Haus und Garten bestenfalls so schwer wie möglich gemacht werden sollte.“

Waschbären seien ausgezeichnete Kletterer, die sich mit Hilfe von Regenfallrohren oder Gehölzen direkt am Haus Zugang zu den oberen Etagen oder gar bis auf die Dächer verschaffen könnten. „Weiteres Manko: Wo ein Waschbär auftaucht, folgen meist noch weitere, denn der Waschbär lebt in Familienverbänden. Die possierlich wirkenden Vierbeiner sind zu allem Überfluss Überträger von Infektionskrankheiten und Parasiten. Neben Räude und Staupe handelt es sich um den Waschbärspulwurm sowie die Tollwut. Menschen wie Haustiere können somit gleichermaßen gefährdet sein.

Sinnvoll ist es daher, Haus, Nebengebäude und Garten für die Tiere möglichst unattraktiv zu gestalten. Das heißt, Mülltonnen nach Möglichkeit mindestens einen halben Meter von Zäunen oder Gehölzen entfernt abzustellen sowie fest zu verschließen. Ferner sollten keine Fleischreste, Milchprodukte, Brot oder Obst auf dem Kompost landen. Bestenfalls sollte dieser ohnehin abgedeckt werden. Verschließbare Schnellkomposter halten die Waschbären ebenfalls fern.“ Außerdem werde von Experten empfohlen, Katzenklappen oder andere Schlupflöcher am Haus – zumindest nachts – zu verschließen, damit die Waschbären nicht hindurchgelangen. Futternäpfe für Hunde und Katzen sollten ebenfalls nicht draußen stehengelassen werden – und schon gar nicht befüllt. „Der Waschbär gilt in der EU als invasive Art, deren Ausbreitung der biologischen Vielfalt schadet, weil sie Lebensräume, Arten und Ökosysteme beeinträchtigen kann“, so die Kreisverwaltung.