Kreis Olpe. Ob verstärkte Sicherheitsstrukturen oder gezieltere Warnsysteme: Die Verantwortlichen im Kreis Olpe werden nun das Hochwasser-Chaos aufarbeiten.

Die Fluten des Hochwassers haben sich kaum gelegt, da beginnen die Verantwortlichen aus Verwaltung und Feuerwehr, sich Gedanken zu machen: Waren wir gut vorbereitet auf die Flut, was hätte besser laufen können, wo liegen die besonders gefährdeten Regionen im Kreis Olpe, die in Zukunft vielleicht noch wirkungsvoller geschützt werden könnten?

Landrat Theo Melcher, seit Herbst 2020 im Amt, machte auch private Erfahrungen mit dem aus den Fugen geratenen Fretterbach: „Es zeigt sich, dass auch kleinere Gewässer eine reißende und zerstörerische Kraft entfalten können, wenn Starkregen auf Wasser gesättigten Boden trifft. Ich hatte den Fretterbach, an dem ich wohne, noch nie so gesehen.“

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Konferenz mit Bürgermeistern

Auf die Fragen, die sich jetzt aufdrängten, unter anderem nach den vorhandenen Sicherheitsstrukturen im Kreis Olpe, sagte Melcher: „Diese Themen müssen wir gemeinsam mit den für die Gewässerunterhaltung zuständigen Städten und Gemeinden ansprechen, ich habe die Bürgermeister bereits angeschrieben, dass wir nach den Ferien eine Fachkonferenz einberufen.“ Risikokartierungen gebe es bereits für all die Gewässer, die im Kreis Olpe traditionell als hochwassergefährdet einzustufen seien, ob nun Lenne und Hundem oder Olpe, Bigge, aber auch das Elspetal, die Veischede und den Albaumer Bach beispielsweise.

In der vorletzten Woche waren es nicht die Gewässer in den Tälern, die die großen Schäden anrichteten, sondern die Bäche, die mit ungeheurer Kraft und Geschwindigkeit von den Bergen in die Täler schossen, wo sie – zum größten Teil verrohrt oder kanalisiert – über die einengenden Mauern traten. In kurzer Zeit schwollen die kleinen Gewässer zu reißenden Bächen an. Auch, weil die Wurzeln auf den abgeholzten Berghängen das Wasser nicht mehr aufnehmen. „Der Wald hat einen großen Teil seiner Speicherfunktion verloren“, so Peter Quinke, Leiter der Stadtwerke in Lennestadt. Zudem ist der Waldboden durch die schweren Forstmaschinen so sehr verdichtet, dass dort kein Wasser mehr versickern kann.

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Andere Warnsysteme

Zur „Sirenen-Diskussion“ wies Landrat Melcher daraufhin, dass Sirenen im Kreis Olpe vorhanden seien, aber: „Wir wollen ehrlich sein. Wenn nachts um drei Uhr eine Sirene losheult, denken die meisten Menschen erst einmal an einen Feueralarm, und die wenigsten werden daraufhin aktiv.“ Was in solchen Fällen nötig sei, sei eine „zielgerichtete Ansprache der Bereiche, die auch wirklich betroffen sind.“ Wer dauerhaft mit Sirenen konfrontiert werde, reagiere irgendwann nicht mehr. Für punktuelle Aktionen müsse man aber „sehr genau wissen, was wo passieren kann“. Melcher: „Wenn ich ganz persönlich gewarnt worden wäre mit dem Hinweis, der Fretterbach kann über die Ufer treten, dann hätte ich immer noch keine Vorstellung davon gehabt, wie weit er über die Ufer treten würde. Ich glaube, wir benötigen für solche außergewöhnlichen Ereignisse andere Warnsysteme.“

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Kreisbrandmeister Christoph Lütticke teilte mit, dass in dieser Woche bereits die ersten Nachbesprechungen auf Feuerwehr-Ebene stattfänden, in dem Fall in Finnentrop und Lennestadt, der Haupteinsatz-Region. Eine Gesamtbetrachtung im Kreishaus werde dann folgen. Lütticke: „Das eine oder andere muss sicherlich angeschafft und auch konzeptionell angepasst werden.“ Ganz aktuell gebe es bereits wieder die ersten Anforderungen für Feuerwehrleute aus dem Kreis Olpe nach Erftstadt für die nächste Woche, wo wieder „etwas runterkommen soll.“

Nach plötzlichen starken Regenfällen waren in der Gemeinde Wenden am 4. Juni in einigen Orten ganze Straßenzüge überflutet und Häuser durch eindringendes Wasser beschädigt worden. „Wir haben uns dem Netzwerk Hochwasserschutz des Städte- und Gemeindebundes angeschlossen. Wir werden uns verstärkt Gedanken über neuralgische Punkte machen. Das ist aber nicht so einfach zu lösen. Man braucht ein Hochwassermanagement. Wir werden das mit der Uni oder anderen Playern zusammen machen“, sagt Rüdiger Hüpper, Leiter der Bauverwaltung bei der Gemeinde Wenden.

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Bachstraße erstmals so betroffen

Dass jetzt gerade im September die schon seit Jahren beschlossene Renaturierung des Großmickebachs in Ottfingen beginnt, sei aber reiner Zufall: „Das ist jetzt nicht die Hochwasserschutzmaßnahme schlechthin. Abstürze werden beseitigt, die Böschung gesichert. Die Durchgängigkeit des Gewässers soll verbessert werden.“ Fakt sei, dass es in der Bachstraße in Ottfingen erstmals ein so intensives Hochwasser gegeben habe: „Das ist ein neuralgischer Punkt. Wir wollen dort etwas mehr Retentionsraum für die Großmicke schaffen, dass sich das Wasser ausbreiten kann. Aber auch die privaten Eigentümer sind mit im Boot. Sie müssen die Flächen rechts und links des Baches freihalten.“ Hier geht es unter anderem um gestapeltes Holz oder errichtete Holzhütten. In der September-Ratssitzung wolle die Verwaltung die geplanten Maßnahmen zum Hochwasserschutz vorstellen, so Hüpper.