Hagen. Im Hagener Impfzentrum wurden bislang nur wenige 12- bis 17-Jährige gegen Corona geimpft. Was sagt der bekannte Kinderarzt Dr. Gerhard Koch dazu?

Die Diskussion um Kinderimpfungen gegen Corona hat auch das Hagener Impfzentrum erreicht. Nach Angaben von Kinderarzt Dr. Gerhard Koch sind bislang allerdings erst rund zehn Kinder mit Biontech geimpft worden: „Und das auf eigenen Wunsch bzw. auf Wunsch ihrer Eltern“, betont der stellvertretende ärztliche Leiter des Impfzentrums.

Die Ständige Impfkommission (STIKO) beim Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin empfiehlt die Covid-19-Impfung für Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 16 Jahren (noch) nicht generell. Lediglich Personen mit bestimmten Vorerkrankungen (z.B. Trisomie 21 oder chronische Lungenleiden) oder mit arbeitsbedingt erhöhtem Expositionsrisiko (zum Beispiel Mädchen und Jungen, die eine Lehre als Arzthelferin oder Krankenpfleger beginnen) sollten geimpft werden, aber auch solche, die im Haushalt mit einem Angehörigen zusammenleben, der wegen einer schweren Krankheit selbst nicht geimpft werden darf.

Keine generelle Impfempfehlung

Dass es keine Impfempfehlung für alle 12- bis 16-Jährigen in Deutschland gibt, liegt nach Auskunft von Koch an der Nutzen-Risiko-Abwägung. Bei jungen Leuten sei das Risiko, im Falle einer Corona-Infektion schwer zu erkranken, ausgesprochen gering: „Und der Nutzen einer Impfung damit logischerweise kleiner als bei älteren Menschen.“

Zudem wisse man noch nichts von den eventuellen Langzeitwirkungen einer Impfung: „Ich persönlich schließe Langzeitwirkungen zwar aus, aber das ist meine Meinung“, so Koch, der früher die Kinderklinik im Allgemeinen Krankenhaus Hagen leitete. Unter dem Strich folge er den Empfehlungen der STIKO und der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde, die bislang ebenfalls von einer generellen Impfempfehlung für Kinder ab 12 Jahren absieht.

Intensives Aufklärungsgespräch

Auch interessant

Dennoch erhielten im Hagener Impfzentrum auch Kinder und Jugendliche den begehrten Piks, bei denen die oben genannten Voraussetzungen nicht vorlägen, so Dr. Koch: „Und zwar wenn bei ihnen ein dringender Impfwunsch besteht.“

Der Impfung voraus gehe ein intensives Aufklärungsgespräch, in dem unter anderem das Risiko einer möglichen Herzmuskelerkrankung (Myokarditis) zur Sprache komme: „Dieses Risiko ist zwar sehr gering, darf aber nicht verschwiegen werden.“ Zwar gibt es zur Sicherheit der Impfung bei Kindern bisher nur wenige Daten und Erfahrungen, nach allem, was bekannt ist, ist Biontech jedoch auch bei jungen Menschen ein sicherer Impfstoff.

Landesregierung sieht Kinderärzte in der Pflicht

Auch interessant

Koch weist auch darauf hin, dass die Impfung von Kindern und Jugendlichen von großer Bedeutung sein könnte, um die angestrebte „Herdenimmunität“ zu erreichen. Wissenschaftler gehen inzwischen davon aus, dass wegen der ansteckenderen Delta-Variante 85 Prozent der Bevölkerung genesen oder geimpft sein muss, um die Infektionskette nachhaltig zu unterbrechen. Dieses Ziel sei nur zu erreichen, wenn auch junge Leute geimpft würden.

Die Lage ist komplex. Wenn die Zahl der impfwilligen 12- bis 16-Jährigen in Hagen stark steigen würde, könnte das die Verantwortlichen im Impfzentrum in Bedrängnis bringen. Denn das Landesgesundheitsministerium hat vorgegeben, dass diese Altersgruppe von den Kinderärzten geimpft werden sollte, da diese am besten mit den jungen Patienten vertraut seien. Andererseits gibt es in Hagen nach Auskunft von Koch noch keine Kinderarztpraxis, die gegen Corona impft.

Wie auch immer: Trotz der zurückhaltenden Impfempfehlung ist davon auszugehen, dass eine Corona-Impfung auch Kinder und Jugendliche gut vor schweren Verläufen einer möglichen Infektion schützt. Die Wirksamkeit bei 12- bis 16-Jährigen, die zwei Impfstoffdosen erhalten haben, lag laut Robert-Koch-Institut bei 100 Prozent.