Attendorn. Bäckermeister „Nelly“ Ralf König und Konditor Markus Harnischmacher bieten die Attendorner Spezialität auch in Zeiten von Corona an.
Bäckermeister „Nelli“ Ralf König von König’s Brot freut sich, dass die Saison für den Kümmelsemmel schon eröffnet ist. Selbstbewusst stellt er fest: „Corona macht den Attendorner Ostersemmel nicht kaputt.“
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Konditor Markus Harnischmacher, der wie König seine Ostersemmel in Attendorn backt, ist ebenso guten Mutes. Nachdem die Umsatzzahlen trotz des Lockdowns in 2020 nahezu unverändert geblieben sind, denkt Harnischmacher, dass der Verkauf auch dieses Jahr in gleicher Dimension weitergeht.
Der Dritte im Bunde, der eine Backstube in Attendorn hat, ist Bäckermeister Hans-Jürgen Krüger. Er klinkt sich mit Krüger‘s Backhaus in der Ennester Straße aus, da er, wie er unserer Zeitung sagt, „mit einem Mitarbeiter neben der normalen Arbeit das zusätzliche Backen der Ostersemmel nicht schafft“. Die auswärtigen Bäckereien, mit ihren Filialen vor Ort, haben den Kümmelsemmel mit den vier Hörnern ebenfalls im Sortiment. Für die Planung bitten die „Back-Experten“ um Vorbestellung.
40 Prozent Rogge, 60 Prozent Weizen
Der Attendorner Ostersemmel ist in ganz Deutschland kein zweites Mal zu finden. Er besteht zu 40 Prozent aus Roggen- und zu 60 Prozent aus Weizenmehl. Hinzu kommen Natursauerteig, Hefe, Wasser, Salz und aromatischer Kümmel.
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Etwa zehn Prozent werden allerdings ohne Kümmel gebacken, da dieses Gewürz nicht jedermanns Geschmack ist. Für eine glänzende Brotkruste wird der Rohling vor dem Backvorgang mit Eiglanz bestrichen. Bei 250 Grad im Backofen entfaltet sich der Semmel in 50 Minuten zum aromatischen Produkt. Die Auswahl an unterschiedlichen Größen ist gegen Ende der Karwoche bei den Bäckern recht groß. Die Bandbreite reicht vom 250 Gramm- über den 500 Gramm-, 750 Gramm- bis hin zum 1000 Gramm-Semmel. Ergänzend zum Programm kommen noch Kümmelbrötchen hinzu.
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Für die Bäcker und Konditoren ist die Herstellung eine echte Herkulesaufgabe. Tausende Ostersemmel entstehen in der Karwoche in Tag- und Nachtschicht. Auch die in der Ferne lebenden Hansestädter, die den Kümmelsemmel als Kind schon auf dem Osterfrühstückstisch vorfanden, brauchen auf das Traditionsprodukt nicht verzichten.
„Ihre Angehörigen geben die Adressen im Geschäft ab und wir verschicken dann die Semmel, teilweise auch mit Knochenschinken ergänzt, in die vier Himmelsrichtungen“, berichtet Markus Harnischmacher, der sogar mal einen Ostersemmel zu einem gebürtigen Attendorner nach Kabul versandte. Seiner Kreativität hat Konditormeister Harnischmacher in diesem Jahr freien Lauf gelassen.
Osterbox mit regionalen Zutaten
Er bietet erstmals einen Hasen mit Po(or)tentuch und Ostersemmel aus Marzipan, auf einer Zartbitterschokolade platziert, an.
Außerdem gibt es bei einigen Bäckern Osterboxen mit regionalen Produkten. Denn nach der Fastenzeit soll es an nichts fehlen. Überliefert ist, dass selbst in den harten Kriegsjahren Ostersemmel gebacken wurden, allerdings mangels Masse nicht mit Roggen- und Weizenmehl, sondern mit Maismehl, sogenannte Kriegsbrote.
Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 1658. Da schrieb Pastor Johannes Zeppenfeld in lateinischer Sprache, dass am Karsamstag in Attendorn die Brote gesegnet werden: „Nach der Mahlzeit wird zur ersten Stunde alljährlich zum Vespergottesdienst aufgerufen und der Priester segnet das Brot hinter dem Chor.“
Experten gehen davon aus, dass der Brauch noch älter ist. Zum Ablauf der Semmelsegnung am diesjährigen Karsamstag (unter Corona-Bedingungen) werden wir zum späteren Zeitpunkt berichten.
Der Attendorner Ostersemmel steht in der Tradition der Gebildbrote, so wie unter anderem Martinsbrezel, Stutenkerl und Fastenbrezel. Direkte Parallelen zu dem heimischen Gebildbrot gibt es nicht. Gefunden haben wir das „Kümmelplätzel“ aus der Lausitz, das früher am Gründonnerstag angeboten wurde. Dies war ein mit gutem Mehl und mit Honig bestrichener Kuchen. Die Kuratorin des Sorbischen Museums, Andrea Paulik, schreibt dazu: „Es wäre nicht abwegig, den für seine antidämonischen Eigenschaften bekannten Kümmel im Rezept zu vermuten.“
Ein Gebildbrot, das zwar nicht mit Kümmel durchsetzt ist, aber zum Schmunzeln anregt, ist das „Eiermännel mit Ei im Bauch“. In den deutschen Dörfern des Lausitzer Berglands war das Eiermännel mit eingebackenem Ei ein originelles Geschenk für die Kinder.