Hagen. Ulrich und Margret Rothe aus Hagen sind nicht ans öffentliche Wassernetz angeschlossen. Sie haben einen eigenen Brunnen. Das steckt dahinter.
Die Lücköge ist eine kleine Seitenstraße der B 54 im Volmetal. Fünf Häuser mit insgesamt 19 Einwohnern gibt es hier, eingeklemmt zwischen Waldhang und Fluss. Die Lage ist idyllisch. „Wir leben hier sehr gern“, sagt Margret Rothe aus der Lücköge 21.
Doch die Grundstücke sind, und man sollte kaum glauben, dass es das heute noch gibt, nicht an das öffentliche Trinkwassernetz in Hagen angeschlossen. Jedes Haus in der Lücköge hat seinen eigenen Brunnen. Ins Erdreich gegraben oder in den Felsen gebohrt. Kreisrund gemauert. Gott sei Dank nicht mehr mit Eimerkette. Sondern mit Pumpen. „Mit Tauchkreiselpumpe oder Kolbenpumpe“, erklärt Ulrich Rothe (70).
Der Ingenieur lebt mit seiner Frau seit 24 Jahren auf einer Art Insel zwischen Volme und Obergraben. Wasser gib es hier reichlich, der Brunnen ist noch nie versiegt. Sechs Meter tief ist er in den Fels geschlagen, der Wasserspiegel steht vier Meter hoch.
Auch Brunnenwasser muss gechlort werden
Die Wände sind mit Kanalbausteinen ausgekleidet, durch die das Wasser, vorgereinigt in Kies- und Sandschichten, in den Brunnen gelangt. Höre sich ja schön an, eigenes Wasser direkt aus der Natur zu beziehen, sagt Ulrich Rothe: „Gleichwohl muss es aufbereitet werden.“
Denn auch wenn die öffentliche Wasserleitung die Lücköge noch nicht erreicht hat, die deutsche Trinkwasserverordnung ist sehr wohl angekommen in den fünf Häusern. Und das ist ja auch gut so, damit die 19 Menschen ihr Wasser bedenkenlos trinken können. Deshalb wird es bei laufender Pumpe durch kontinuierliche Zugabe einer wässerigen Natriumhypochlorit-Lösung gechlort. „Das verhindert eine Verkeimung“, erläutert Rothe.
„Tee schmeckt besser, Kaffee etwas schlechter“
In einem Druckbehälter (5 bar) im Keller kann Rothe etwa 1000 Liter zwischenspeichern, mittels einer Tauchpumpe wird das Wasser weitergeleitet. „Unser Wasser ist sehr weich“, sagt er. Es enthält relativ wenig Kalk, womit die im Wasser gelösten Mineralien Calcium und Magnesium gemeint sind. Je weniger Kalk, desto „weicher“, je mehr Kalk, desto „härter“ ist das Wasser. Die Wasserhärte hat Einfluss auf Geschmack und Beschaffenheit des Wassers. „Die Unterschiede mögen marginal sein“, sagt Rothe: „Aber Tee schmeckt bei uns besser als in anderen Haushalten, Kaffee etwas schlechter.“
Das Trinkwasser, auch in der Lücköge das wichtigste Lebensmittel, wird streng geprüft. Mindestens einmal im Jahr werden Temperatur, Chlorgehalt, Geruch, Färbung und Trübung von einem dafür zugelassenen Institut, etwa dem Labor für Agrar- und Umweltanalytik der Landwirtschaftskammer Nordrhein Westfalen, kontrolliert. Eine mikrobiologische Untersuchung zeigt eine eventuelle Verunreinigung durch Coli-Bakterien an.
Jahrhundertflut hat dem Brunnen zugesetzt
Weil Rothes Mieter haben, sind sie als Wasserentnehmer zu einer noch strengeren Überprüfung verpflichtet als die Nachbarhäuser. „Alle drei Jahre wird unser Wasser sogar auf Spuren von Uran untersucht“, sagt Rothe: „Das kostet uns 1000 Euro. Wir kommen uns vor wie Wasserwerksbetreiber.“
Hätten er und seine Frau keine Mieter, sondern in den Wohnungen die eigenen Kinder mit ihren Familien untergebracht, dürfte die kostspielige Sonderkontrolle entfallen: „Versuche, unsere Mieter zu adoptieren, wären eine denkbare Lösung, werden aber von der Behörde nicht akzeptiert“, sagt der Ingenieur augenzwinkernd.
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Doch alles in allem funktioniert der Brunnen einwandfrei. Nur der Jahrhundertflut im Juli letzten Jahres hat er nicht standgehalten. Das Grundstück von Ulrich und Margret Rothe war in großen Teilen überschwemmt, schmutziges Flusswasser gelangte in den Brunnen, die Elektrik und weitere Teile der Anlage wurden zerstört.
Lücköger greifen zur Selbsthilfe
Die Wasserförderung war nicht mehr möglich, das trübe Volmewasser hätten die Eheleute ohnehin nicht getrunken. Weil die Flut aber die Brücke über den Untergraben zerstört hatte, konnte das Paar auch nicht über Tankcontainer beliefert werden. Die Lücköger griffen zur Selbsthilfe, ein Nachbar versorgte Rothes per Gartenschlauch mit Wasser aus seinem Brunnen. „So war ein einigermaßen normales Leben möglich“, sagt Ulrich Rothe.
Nachdem die Anlage repariert und der Brunnen wochenlang gespült worden war, konnte das Ehepaar wieder auf sein eigenes Wasser zurückgreifen. Die Wasserqualität ist so gut wie eh und je.