Hagen. Die Stadtredaktion berichtet live rund um den dritten Bürgerentscheid in der Geschichte der Stadt. Es geht um die Bäderlandschaft in Hohenlimburg.
Am heutigen Sonntag sind exakt 145.166 Hagener und Hagenerinnen per Bürgerentscheid aufgerufen, über die Bäderlandschaft in Hohenlimburg zu entscheiden. Drei Stunden vor Schließung der Wahllokale nimmt die Stadtredaktion Hagen die Berichterstattung auf. Bis in den Abend folgen Ergebnisse, Stimmen, Analyse und Kommentierungen. Die Bürgerintiative, die sich für den Erhalt des Richard-Römer-Lennebades einsetzt benötigt zum einen 14.700 Ja-Stimmen. Und noch dazu müssen die Ja-Stimmen die Mehrheit aller abgegeben Stimmen darstellen.
Stimmt man heute mit „Ja“, dann stimmt man dafür, dass das Richard-Römer-Lennebad eine dringend benötigte Sanierung bekommt und der Schwimmbetrieb in dem Bad weitergeführt wird. Hochgerechnete Kosten zuletzt: knapp 7,8 Millionen Euro. Stimmt man mit „Nein“, dann schließt man sich dem Entschluss der Hagener Ratsmehrheit an, die für den Abriss des Lennebades gestimmt hat. Um diesen Verlust auszugleichen, wird laut Beschluss aber das Freibad in Henkhausen mit einer Teilüberdachung ausgestattet und damit vom Freibad zum Ganzjahresbad. Geschätzte Kosten zuletzt: knapp über 5 Millionen Euro.
+++ Lesen Sie hier noch einmal: Alle Hintergründe zum Entscheid – Daten, Kosten, Fakten +++
14.48 Uhr: Knapp drei Stunden vor der Schließung der Wahllokale sind immer noch zahlreiche Hagener auf dem Weg zur persönlichen Stimmabgabe. Erst am Abend wird auch klar sein, wie viele Wahlberechtigte von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, per Briefwahl abzustimmen. Es ist bestes Frühlingswetter in Hagen für einen Spaziergang zur Wahlurne.
15.24 Uhr: Am Abend wird die Verwaltungsspitze, die sich für eine Teilüberdachung des Henkhauser Freibades ausspricht und für einen Abriss des Lennebades, zu einer Pressekonferenz laden. Die Vertretungsberechtigten des Bürgerentscheides (die Befürworter für den Lennebad-Erhalt) werden nicht dabei sein. Auch die Vertreter des Hohenlimburger Schwimmvereins nicht, die ein Interesse daran haben, dass das fast 100 Jahre alte Henkhauser Freibad saniert und teilüberdacht wird.
15.46 Uhr: Enden mit dem Ergebnis am Abend auch endlich die teilweise unsachlichen Anfeindungen in sozialen Netzwerken? Der Bürgerentscheid hatte in den vergangenen Wochen dafür gesorgt, dass sich die konkurrierenden Lager in sozialen Netzwerken verbale Auseinandersetzungen geliefert haben. Frank Schmidt, Vertretungsberechtigter des Bürgerbegehrens sagte unter der Woche: „Ich hoffe, dass die Gräben wieder zugehen, wenn der Bürgerentscheid vorüber ist.“
16.31 Uhr: Die Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens rund um Frank Schmidt (Bürger für Hohenlimburg und Vorsitzender des Fördervereins des Richard-Römer-Lennebades) werden ab 18 Uhr gespannt im Restaurant „Olive“ am Hohenlimburger Marktplatz auf das Ergebnis des Bürgerentscheides warten.
16.33 Uhr: Der Wählerandrang in Hohenlimburg ist riesig. Vor den Wahllokalen stehen die Abstimmenden Schlange. Im Hohenlimburger Rathaus musste eine zweite Abstimmungsmöglichkeit eingerichtet werden, um dem Andrang Herr zu werden. Auch in der Grundschule Wesselbach stehen die Menschen Schlange zum Abstimmen. Viele Hohenlimburger haben ein großes Interesse, über die Zukunft ihrer Bäder abzustimmen.
16.35 Uhr: Der Vorstand des Hohenlimburger Schwimmvereins (HSV) sitzt gemeinsam im Lenne-Café in Letmathe und wartet auf das Wahlergebnis. Noch in der Warteschlange für den eigenen Wahlgang habe er mit anderen Bürgern über den Bürgerentscheid diskutiert, berichtet Karsten Menzel, Vorsitzender des HSV. „Es ist ein demokratisches Votum. Wir akzeptieren das Ergebnis, egal wie es ausfällt.“
17.05 Uhr: Im Jahr 2021 wurden in NRW insgesamt 37 direktdemokratische Verfahren eingeleitet. Das geht aus der Bilanz der Initiative „Mehr Demokratie e.V.“ hervor. Im Vorjahr waren es 36 Verfahren. Mit jeweils sechs Verfahren waren Schwimmbäder und Fahrradverkehr am häufigsten Gegenstand von Bürgerbegehren. Seit der Einführung von Bürgerbegehren in NRW im Jahr 1994 gab es bis Ende 2021 insgesamt 927 Verfahren. Diese unterteilen sich in 896 Bürgerbegehren und 31 Ratsbürgerentscheide. Insgesamt fanden 278 Bürgerentscheide statt. 300 der 926 Bürgerbegehren wurden für unzulässig erklärt, was einem Anteil von rund 32 Prozent entspricht. Stichtag der Analyse war der 31. Dezember 2021.
17.35 Uhr: Noch 25 Minuten sind die Wahllokale in Hagen geöffnet. Im Anschluss beginnt sofort die Auszählung. Die Redaktion wird die Auszählung der einzelnen Wahllokale mitverfolgen und live an dieser Stelle berichten.
18.14 Uhr: Die Wahllokale sind geschlossen. Die ersten Ergebnisse trudeln ein. Im Abstimmungsbezirk Altenhagen-West haben nur 113 Menschen abgestimmt von insgesamt 5147 Wahlberechtigten. 70 Prozent von ihnen stimmten mit „Ja“. Noch schlechter ist die Wahlbeteiligung in Haspe-Mitte/Kückelhausen. Nur 72 Bürger sind zur Abstimmung gegangen. 74 Prozent von ihnen stimmten mit „Ja“. In Mittelstadt waren es 142 Abstimmende von 5016 Wahlberechtigten (Beteiligung nur bei 2,83 Prozent). 65 Prozent stimmten hier mit „Ja“
18.23 Uhr: Bislang 608 „Ja“-Stimmen und 323 „Nein“-Stimmen stadtweit. Sieben von 36 Abstimmungsbezirken sind ausgezählt. Die Wahlbeteiligung liegt aktuell bei erschreckend schwachen 2,67 Prozent.
18.30 Uhr: 10 von 36 Stimmbezirken sind ausgezählt. Bislang schafft es die Wahlbeteiligung nicht über 5 Prozent. Noch kein einziger Hohenlimburger Stadtbezirk ist ausgezählt. Ein Zeichen für die hohe Wahlbeteiligung dort?
18.40 Uhr: 2163 Ja-Stimmen zu 1028 Nein-Stimmen aktuell stadtweit. Zur Erinnerung: Damit der Bürgerentscheid erfolgreich mit Ja beantwortet wird, werden 14.500 Ja-Stimmen benötigt - und sie müssen die Mehrheit bilden. 16 von 36 Bezirken sind gezählt. Das wird sehr spannend bis zum Schluss. Hohenlimburg ist noch komplett nicht ausgezählt und die Briefwahl auch nicht.
18.46 Uhr: Die 3000er-Marke bei den Ja-Stimmen ist geknackt. Noch immer ist keiner der sechs Hohenlimburger Stimmbezirke ausgezählt. Die Wahlbeteiligung soll laut Beobachtungen riesig dort gewesen sein. Bekommen die Lennebad-Befürworter noch die fehlenden 11.700 Stimmen zusammen?
18.48 Uhr: Die Wahlbeteiligung steigt allmählich, aber nur zart. Sie liegt bei 5,18 Prozent stadtweit.
18.53 Uhr: Jetzt nimmt die Sache Fahrt auf. Der Briefwahlbezirk Hohenlimburg-Süd- und West liefert 1182 Ja-Stimmen. Jetzt sind es insgesamt 5214. Noch keines normalen Wahllokale ist in Hohenlimburg bislang ausgezählt. 2328 Menschen haben bislang stadtweit mit „Nein“ gestimmt. Der Bezirk Haspe ist komplett ausgezählt: 799 Hasper haben mit „Ja“ gestimmt. Mit „Nein“ stimmten 534. Beteiligung in Haspe: 5,9 Prozent.
19.01 Uhr: Von 145.166 Wahlberechtigten haben bislang erst 10.113 von ihrer Wahlmöglichkeit Gebrauch gemacht. Es fehlen zwar noch fünf Hohenlimburger Stimmbezirke, aber die Beteiligung ist bislang sehr, sehr niedrig. 43 ungültige Stimmen gab es übrigens bislang. 68,5 Prozent der Teilnehmenden stimmen bislang mit „Ja“. Die Mehrheit haben die Lennebad-Befürworter also. Aber springen sie auch über die Hürde von 14.700 Stimmen?
19.11 Uhr: 8046 „Ja-Stimmen“, 3806 „Nein“-Stimmen. Es fehlen noch 5 Hohenlimburger Stimmbezirke. Stand jetzt sieht es so aus, als gäbe es gute Chancen, dass das Lennebad stehen bleibt. Denn knapp über 6000 Ja-Stimmen sollten in Hohenlimburg doch zusammenkommen. Die lange Auszählung dort zeigt, wie hoch der Andrang da gewesen ist.
19.16 Uhr: 11.120 Ja-Stimmen, 4669 Nein-Stimmen. Noch zwei Hohenlimburger Stimmbezirke stehen aus. Das wird knapp. Die Befürworter benötigen noch etwas mehr als 3600 Stimmen. 70,4 Prozent der Teilnehmenden stimmt aktuell mit „Ja“. Die Wahlbeteiligung liegt bei 11,9 Prozent.
19.23 Uhr: 36 von 36 Stimmbezirken sind ausgezählt. Für die Befürworter des Lennebades hat es nicht gereicht. Es fehlen rund 2300 Ja-Stimmen, damit das Bad stehen bleiben darf. Die Mehrheit wurde geholt, die Mindestzahl an Ja-Stimmen aber verpasst. Damit ist das Lennebad dem Abriss geweiht.
19.27 Uhr: Heinz-Werner Schroth aus dem Vorstand des Hohenlimburger Schwimmvereins gehört zu den Siegern des Bürgerentscheides. Denn das vom HSV geführte Freibad Henkhausen wird nun teilüberdacht werden. Schroth: „Ich möchte mich zunächst mal bei allen bedanken , die uns in den letzten Wochen unterstützt und für das Projekt Teilüberdachung Henkhausen geworben haben . Es ist die beste Lösung für das Ganzjahres-Schwimmen in Hohenlimburg, für die Bürger, die Familien, die Schulen und die Vereine . Jetzt gilt es , die durch das Bürgerbegehren und den Bürgerentscheid verlorene Zeit aufzuholen, um das Großprojekt in der vorgegeben Zeit umzusetzen. Das ist für uns als ehrenamtlicher Vorstand eine Herkules-Aufgabe, die wir nur mit Hilfe unserer Mitglieder und weiteren Unterstützern umsetzen können. Es ist in den letzten Wochen und Monaten mehr als genug geredet und diskutiert worden, jetzt gilt es die Ärmel hochzukrempeln und endlich mit der Arbeit anzufangen.“
19.59 Uhr: Frank Schmidt von der Bürgerinitiative für den Erhalt des Lennebades reagiert als guter Verlierer, deutet aber rechtliche Schritte an: „Es haben in Hohenlimburg Stimmen gefehlt. Viele Stimmen waren zuvor in den Briefwahlergebnissen aufgegangen. Gut 2000 Stimmen fehlen uns am Ende. Das Ergebnis 70 zu 30 Prozent – also Ja zu Nein – ist aus politischer Sicht eine Klatsche ohne Ende für diejenigen, die politisch für die Henkhauser Lösung agiert haben. Immerhin haben sich alle etablierten Parteien plus Oberbürgermeister zusammengetan. Der Oberbürgermeister selbst ging ja von einer klaren Mehrheit für die Henkhauser Variante aus. Das ist nicht aufgegangen. Was wir nun prüfen werden, ist, wie das Ergebnis juristisch zu betrachten ist. Es gibt zum einen einen Verstoß gegen die Durchführungsbestimmungen. Die Gemeindeorgane hätten nur zwei und nicht sechs Seiten als Stellungnahme in Richtung der Wahlberechtigten veröffentlichen dürfen. Daneben ist das Neutralitätsgebot von Beamten aus unserer Sicht verletzt worden. Die Dezernenten Henning Keune und Christoph Gerbersmann haben aktiv im Vorfeld der Wahl für Henkhausen geworben. Und drittens: Viele Leute haben keine Wahlbenachrichtigung bekommen. Als sie sich gemeldet haben, sind sie aufgefordert worden, Briefwahl zu machen. Als diese Unterlagen auch nicht kamen, sind sie am Wahltag ins Wahllokal gegangen, wo sie dann erklärt bekommen haben, dass sie „gesperrt“ seien.“
Und Schmidt führt noch weiter aus: „Eigentlich wäre unser Anliegen ein Fall für einen bezirksbezogenen Bürgerentscheid gewesen, da hätten wir uns um das Quorum keine Sorgen machen müssen. Die Wahlverhältnisse in Hohenlimburg waren recht klar, obwohl da noch Luft geblieben ist (Anm.der Red.: 7042 von 23.268 Wahlberechtigten hatten abgestimmt). Für die Bezirkspolitiker hier, die meiner Meinung nach am Lennebad Hochverrat begangen haben, ist es ein Waterloo. Klar ist aber auch: Schwimmen ist ein Thema, das nicht jeden in Hohenlimburg beseelt hat. Ich möchte dem Hohenlimburger Schwimmverein einen Glückwunsch aussprechen. Kein böses Blut in Richtung des HSV. Wir sind heute nicht glücklich, aber gehen nicht geschlagen vom Feld.“