Arnsberg. Ehemalige Mitarbeiter und Dienstleister des Unternehmens Wesco wollen von Arnsberg aus mit der Traditionsmarke Siegwerk zurück auf Haushaltswaren-Markt.

„Wir haben gelitten, aber so wollten wir nicht aus dem Berufsleben aussteigen“, sagen Petra Ohlmeyer und Alfred Becker unisono. Beide waren bis zur finalen Abwicklung des Hüstener Traditionsunternehmens Wesco beim einst renommierten Haushaltswaren-Hersteller fast drei Jahrzehnte lang in wichtigen Positionen tätig. Ein Jahr nach der vollzogenen Insolvenz wollen sie nun gemeinsam mit dem Neheimer Digital-Experten Sebastian Diehl mit einer ebenfalls geschichtsträchtigen regionalen Marke auf den Haushaltswaren-Markt zurückkehren. Das Trio erwarb die Europa-Markenrechte von Siegwerk, entwickelt hochwertige Produktlinien, lässt diese herstellen und vertreibt sie von Arnsberg aus auf dem gesamten Kontinent.

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Das Unternehmen Siegwerk war 1911 im Siegerland gegründet worden und war bekannt für emailliertes Kochgeschirr und Küchenaccessoires. Früher als bei Wesco, wurde die Produktion noch vor der Jahrhundertwende eingestellt. Auf dem asiatischen Markt ist die verkaufte Marke aber weiterhin für den Kochbedarf präsent. Das Arnsberger Unternehmer-Trio gründete jetzt die Bedilio Vertriebsgesellschaft und erwarb die Markenrechte für Europa. Mit Haushaltswaren wie Abfallbehältern, Brotdosen, Mülltrennsystemen, Dosen und auf dem asiatischen Markt bereits etablierten Zubehör der Kaffeelinie soll eine Lücke geschlossen werden, die auf dem Markt seit der Wesco-Insolvenz offenbar entstanden ist.

Siegwerk: Petra Ohlmeyer, Sebastian Diehl und Alfred Becker
Siegwerk: Petra Ohlmeyer, Sebastian Diehl und Alfred Becker © WP | Martin Haselhorst

Auf der Fachmesse Ambiente in Frankfurt trat die Bedilio GmbH mit ihren neuen Siegwerk-Produkten erstmals öffentlich auf. „Bis dahin waren wir noch in Deckung. Die Resonanz dort aber war sehr positiv“, sagt Sebastian Diehl. Früher war auch Wesco regelmäßig auf der Ambiente vertreten - der neue Markenrechtsinhaber bespielt den einst so erfolgreichen Haushaltswarenbereich derzeit aber nicht offensiv.

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Noch nicht. Die Marke Wesco ist mittlerweile Teil eines führenden Unternehmens für Küchenzubehör in Europa, der Naber GmbH. „Im Rahmen dieses Neustrukturierungsprozesses wird Wesco innovative Veränderungen in seiner Produktwelt sowie in seinen Services durchführen, damit wir auch zukünftig funktionale, designstarke und hochwertige Produkte anbieten, die Ihren Haushalt bereichern“, kündigt das Unternehmen aus Nordhorn an.

Tradition neu interpretiert

In dieses aktuell aber empfundene Vakuum will die neu entwickelte Siegwerk-Linie nun vorstoßen. So wird ein traditioneller Brotkasten, den Siegwerk schon in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts produziert hatte, vom Arnsberger Team neu interpretiert. Viele der aus Arnsberg neu entwickelten und designten Produkte erinnern an das ehemalige Wesco-Portfolio. „Wir wollen aber keine Kopie von Wesco sein, sondern haben eine ganz eigene Formsprache“, betont Alfred Becker. Er hat 30 Jahre lang bei Wesco gearbeitet, war für den Import zuständig und so eine wichtige Schnittstelle zu asiatischen Herstellern.

Produktion in Asien

Mit diesen arbeitet Siegwerk nun auch zusammen. Produziert wird nicht in Arnsberg. Gesellschaftsgründer Sebastian Diehl nennt das „Weltoffenheit“, verweist aber auch darauf, dass eine Produktionsgründung am Standort Deutschland derzeit nicht wirtschaftlich und auch wegen Genehmigungs- und Bürokratiehürden nicht darstellbar sei.

Es braucht die asiatischen Partner. „Wir sind da gut vernetzt“, sagt Becker. Die drei Arnsberger waren mehrfach in Asien und besprachen die Produktlinien. „Da ist nichts von der Stange, sondern alles selbst überlegt“, sagt Alfred Becker. Er verweist auf das von Wesco mitgebrachte „Know-How für Haushaltswaren aus Metall“.

An den Start geht „Siegwerk“ mit zwei Dutzend Produkten in fünf Farben. Auf die bunten Töne, wie sie bei Wesco bekannt waren, wird bewusst verzichtet. Auch setze man nicht auf Retro-Style, sondern moderne Designs. Für Petra Ohlmeyer, die 25 Jahren im Marketing von Wesco gearbeitet hatte, steht das neue Siegwerk „ganz in der Tradition der alten metallverarbeitenden Unternehmen im Sauer- und Siegerland“. Hochwertige Metallverarbeitung sei die Kernkompetenz dieser Unternehmen gewesen. Diese aber muss nun in Asien eingekauft werden.

Die Siegwerk-Produkte sollen sich vom Massen-Markt abheben. Bedient werden sollen daher im stationären Handel insbesondere Fachgeschäfte und nicht die Baustoffhändler. „Auch die Preise sollen stabil sein“, so Petra Ohlmeyer. Letzteres war bei Wesco am Ende nicht mehr immer garantiert. Zudem wird es einen eigenen E-Commerce und Online-Shop für den Endverbraucher geben. „Später soll es in Arnsberg auch einen Showroom geben“, sagt Sebastian Diehl. Vertriebsstart soll im Mai sein.

Die produzierte Ware kommt aus Asien direkt nach Arnsberg. Als Logistiker und Verkaufsschnittstelle wurde der Hüstener Unternehmer ALS gewonnen, der auch als Verkaufsschnittstelle tätig ist. Von hier aus geht es auf den europäischen Markt. Die Internationalität soll sich auch in den Namen der Produktlinien widerspiegeln - sie sind dem einst als völkerverbindende Sprache entwickelten Esperanto entliehen.

Für Petra Ohlmeyer (60) und Alfred Becker (59) ist das unternehmerische Siegwerk-Projekt auch ein Neustart nach vielen Jahren bei Wesco. „Wir haben da bis zum Ende immer gerne gearbeitet“, sagen beide, „irgendwann musste aber Schluss mit Abschiedsschmerz sein. Jetzt wollen wir von vorne anfangen“.

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