Arnsberg. Oeventroperin ist seit 2020 im Rat der Stadt Arnsberg. CDU-Politikerin erlebt Perspektivwechsel nach Geburt ihres Kindes.

Mächtig was los im Hause Krengel. Die kleine Malea kommt gerade aus der Tagesbetreuung, die Mama von der Arbeit. Hier ein Keks, da ein Kaffee in der Mache und dann noch Besuch im Haus. Hat was von Stress, den alle Familien und Erziehende nur zu gut kennen. Chantal Krengel ist eine voll berufstätige Mutter. Und Kommunalpolitikerin. Seit 2020 sitzt sie für die CDU im Rat der Stadt Arnsberg, leitet auch den Jugendhilfeausschuss. Zusammen mit Annika Recksieck (Grüne) und Elisa Bach (SPD) bildet sie im Arnsberger Rat eine ganz besondere Fraktion der Mütter noch ganz junger Kinder.

„Rund 15 Stunden die Woche gehen für Politik drauf“, erzählt Chantal Krengel. Die 36-jährige Arnsbergerin lebt in Oeventrop. In Vollzeit beschäftigt ist sie in der Gewerbeaufsicht des Hochsauerlandkreises mit einem Büro in Arnsberg. Tochter Malea ist zweieinhalb Jahre alt. Einen Kindergartenplatz hat sie noch nicht. Wenn sie nachmittags aus der Tagespflege abgeholt wird, will sie erst einmal mit der Mama spielen und fordert das auch ein.

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Kinderbetreuung für Ratsmitglieder?

Braucht man da ein politisches Amt? „Das ist schon eine Herausforderung“, gibt sie zu. Ratstermine, Fraktionssitzungen und Ausschüsse. „Das ist ja eigentlich kein Ort für Kinder“, weiß sie. Manchmal aber muss sie Malea mitnehmen, spürt dann aber auch, dass das mit der „geteilten Aufmerksamkeit“ nicht so einfach ist. Chantal Krengel kennt ja den Vergleich. Als sie 2017 in die Politik eintrat und bei der CDU anheuerte und dann in den Rat kam, hatte sie noch kein Kind.

Jetzt gehört sie zu denen, die gerne einen Prüfauftrag auf den Weg bringen möchten, bei dem es darum geht, dass Erziehenden mit politischem Mandat von der Verwaltung unter die Arme gegriffen werden soll. „Uns schwebt eine geschlechterunabhängige Kinderbetreuung während der Sitzung mit Hilfe von städtischen Erzieherinnen vor“, sagt sie. Das müsse natürlich ganz nah am jeweiligen Sitzungsort passieren. Auch müsse man Sitzungszeiten verbindlich reduzieren, um Müttern - und auch Vätern -junger Kinder die Teilhabe am politischen Geschehen zu erleichtern. „Da kann ja eigentlich niemand etwas gegen haben“, hofft Chantal Krengel.

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Ohnehin haben sich alle Parteien auf die Fahne geschrieben, mehr junge Menschen und auch mehr Frauen in die Parteien und die Politik zu holen. Das, so weiß Chantal Krengel, sei heute nicht leicht. „Viele tun sich ja schon schwer mit einer politischen Festlegung“, sagt sie. Hinzu komme die Angst vor zu viel Verbindlichkeit. „Man übernimmt ja schon eine große Verantwortung“, weiß sie.

Ihr eigener Weg in die Politik war getragen von Zufällen und persönlichen Kontakten zu CDU-Mitgliedern. „Ich bin da durchaus belatscht worden“, gibt sie zu. Einmal dabei merkte sie aber schnell, dass es ihre Sache ist. „Ich habe mich immer mal über Dinge geärgert“, erinnert sie sich. Ihr Motto war dann „Mitmachen statt nur meckern!“. Eine der Schlüsselfiguren für ihre Motivation sei auch Nicole Jerusalem gewesen. Vor der Kommunalwahl 2020 stellte die CDU Chantal Krengel im Wahlkreis Arnsberg-Süd auf - ein schwieriger Wahlkreis, den Chantal Krengel aber gut kennt. Hier nämlich ist sie aufgewachsen. Sie gewann den Wahlkreis und zog in den Rat ein. Auch bei der Wahl 2025 möchte sie antreten.

An ihrer Arbeit im Jugendhilfe-Ausschuss hat sie richtig Spaß gefunden. Die Frau, die selbst nicht immer in leichten Verhältnissen groß wurde, spürt wie wichtig die Aufgaben sind und genießt das gemeinsame Arbeiten an Zielen und das Gestalten als Ausschuss-Vorsitzende. „Kinder und Jugendliche sind nicht das, womit man sich parteipolitisch Punkte auf das Konto holt“, sagt sie. Hier müsse es immer um gute Lösungen gehen. Seit sie Mutter ist, seien ihr die Themen noch näher gerückt. Da hätten sich Perspektiven noch einmal verändert. „Ich habe jetzt ein ganz anderes Verständnis dafür wie wichtig Kinderbetreuung für Erziehende ist“, so Chantal Krengel, „man kann sich gar nicht vorstellen, in welche Not Eltern mit Kindern da kommen können“.

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Und das betrifft sie auch ganz persönlich. „Wir bangen ganz genauso wie alle anderen auch um den gewünschten Kita-Platz“, sagt sie und verweist darauf, dass sie da auch als Politikerin im Rat nicht bevorzugt behandelt werde. Aktuell setzt sie auf Tagespflege. „Ohne die wären wir verloren“, so die Mutter. Insgesamt sieht sie Arnsberg im Vergleich zu Nachbarstädten bei der Kinderbetreuung quantitativ gut aufgestellt. „Der zugewiesene Platz passt halt nur nicht immer zu den Wünschen der Eltern“, weiß sie.

Malea wirbelt weiter durch die Wohnung, möchte mal einen Keks oder mit Knete spielen. „Mama“, sagt sie energisch und fordert Aufmerksamkeit. Als Ratsfrau kann man da nicht alle Vorlagen zu manchmal bis zu Tagesordnungspunkten einer Ratssitzung lesen. „Das ist nicht leistbar und wird auch nicht von mir erwartet“, sagt Chantal Krengel, „ich vertraue doch auch auf die Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion, dass die mich bei entfernteren Themen abholen können“. In die Vorlagen „ihres Ausschusses“ arbeite sie sich aber immer rein.

„ Sie ist offen und direkt - und gleichzeitig kompromissbereit. Frühe Bildung und das Kümmern um Menschen, die es nicht leicht haben, liegen ihr am Herzen.“

Jochem Hunecke
CDU-Fraktionsvorsitzender im Arnsberger Rat über Chantal Krengel

Ihre Parteikollegen loben das politische Engagement von Chantal Krengel - und dabei vor allem ihre Bodenständigkeit. „Besonders bei ihr ist, dass sie kein Blatt vor den Mund nimmt und jeden politischen Kampf für einen guten Zweck“, sagt Stadtverbandsvorsitzender Marcel Kaiser. „Sie macht die CDU zur Volkspartei, weil sie manchmal auch unkonventionell agiert.“ Kaiser schätzt ihr „soziales Gewissen und ihren Einsatz für Schwächere.“ Auch Fraktionsvorsitzender Jochem Hunecke (CDU) zeigt sich beeindruckt: „Sie ist offen und direkt - und gleichzeitig kompromissbereit“, sagt er. „Frühe Bildung und das Kümmern um Menschen, die es nicht leicht haben, liegen ihr am Herzen.“

Sozialraumorientierte Jugendhilfe geplant

Anderen Frauen will sie motivieren, sich auch politisch zu engagieren. „Vielleicht trauen sich Frauen manchmal zu wenig zu“, glaubt sie. „Dabei sind Frauen an sich doch super politisch.“ Vielleicht fehle ab und an der Mut. Gerne erzählt sie daher davon, was ihr bei aller Mehrfachbelastung die Politik für einen Mehrwert bringe. Es sei schön, wenn man gemeinsam mit Ratskollegen und Verwaltung Ziele habe, es um die Sache gehe und dann Ergebnisse dabei rumkommen. „Betroffene setzen ja auch Vertrauen in uns und hoffen, dass wir was für sie tun können“, so die Oeventroperin.

Und das will sie weiter tun. Gearbeitet werde aktuell an einer sozialraumorientierten Jugendhilfe. „Es ist hoch interessant, diesen Prozess von Anfang an und weiter mit zu begleiten“, so die CDU-Politikerin. Sie selber komme „aus keinem Bildungshaushalt“ und wisse, „wie Kinder auch hier in Arnsberg aufwachsen.“ Politik müsse da an langfristigen Konzepten arbeiten. „Einfache Lösungen gibt es da nämlich nicht“, sagt sie.

Die kleine Malea hat allmählich die Nase voll vom Besucher mit Block und Stift, der die Mama fragend in Beschlag nimmt. Familienphasen haben eben ihre besonderen Herausforderungen. Zweifel am politischen Engagement kommen deshalb bei Chantal Krengel nicht auf. Sie will 2025 wieder antreten. „Ich habe doch gerade erst angefangen“, sagt sie.