Arnsberg. Katharina beendet ihre Kaffeekarriere nach einem Jahrzehnt - mit Gründen, die auch für die IHK plausibel sind. Kunden vermissen sie schon jetzt.
„Einfach sehr schade, ich habe dort regelmäßig meinen Kaffee gekauft“, so ein Stammkunde der Kaffeemanufaktur Arnsberg auf Facebook, „es wird schwer, eine neue Rösterei zu finden, welche vergleichbare Produkte führt.“ Eine weitere Kundin schreibt: „Das war der erste Kaffee, der mir richtig gut geschmeckt hat.“ Katharina Dlhos „Kaffeefans“ finden es sehr schade, dass sie nun ihre Rösterei zum Ende des Jahres schließt. Aber sie hat ihre Gründe ...
Einmal guten Kaffee - immer guten Kaffee
Versaut durch guten Kaffee werde man, so sagt Katharina Dlhoš, sei man erst einmal auf den Geschmack gekommen. Sie lacht. Die 45-Jährige weiß, wovon sie spricht - hat sie es doch selbst erlebt. „Ich habe früher nie Kaffee getrunken“, sagt sie, „und auch nicht vertragen.“ Erst als ein ehemaliger Arbeitskollege ihr gerösteten Kaffee aus Costa Rica schickt, lässt sie der Geschmack nicht mehr los. Die Idee „Kaffeemanufaktur Arnsberg“ erlebt ihre Geburtsstunde.
Eigentlich, so erzählt Katharina Dlhoš, habe sie Betriebswirtschaftslehre studiert und auch international gearbeitet. Doch die „Costa-Rica-Bohne“ vergisst sie nicht. Sie beginnt, sich mit dem Kaffeerösten zu beschäftigen. „Ich habe mir das theoretische Wissen und all die notwendigen praktischen Fähigkeiten angeeignet“, sagt sie, „das war ein langer Lernprozess, aber auch ein spannender.“
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Denn jeder Kaffeeröster probiere und studiere so lange, bis er seine ganz eigene Lieblingsröstung ge- und erfunden habe. „Anfang 2017 habe ich die Kaffeemanufaktur Arnsberg dann eröffnet.“ Heute, acht Jahre später, muss sie mit ihrem Lebenstraum abschließen und die Kaffeerösterei schließen. „Ich habe noch bis zum 31. Dezember geöffnet“, sagt sie. „Im Januar muss ich das Geschäft dann räumen.“ Gerne hätte sie die Kaffeemanufaktur verkauft, doch „es wird keinen Nachfolgemietvertrag geben“. Heißt, es gibt niemanden, der die Rösterei so übernehmen kann wie sie ist.
Kaffeemanufaktur Arnsberg: Existenzielle Absicherung wichtig
Daher bleibt Katharina Dlhoš nichts anderes übrig, als den absoluten Ausverkauf zu starten. „Ich verkaufe alles, wirklich alles. Nicht nur Kaffee und Tee, sondern auch das gesamte Inventar - die Regale, Tische, Stühle, den Kaffeevollautomat und sogar die Kaffeeröstmaschine.“ Eine Fußmatte mit ihrem Logo, freut sie sich, sei bereits für ein paar Euro verkauft worden. „Die Person fand sie einfach schön und hat sie direkt mitgenommen.“
Und wie kommt es nun zur Schließung? „Die vergangenen vier Jahre waren eine Katastrophe, angefangen mit dem Corona-Lockdown.“ Dieser habe ihr im Jahr 2020, im Nachhinein betrachtet, doch schon ziemlich zugesetzt. Nicht nur, dass die alleinerziehende Mutter sich um ihren Sohn und gleichzeitig um die Kaffeemanufaktur kümmern muss, auch muss sie einen Weg finden, die finanziell schwere Zeit irgendwie zu überbrücken.
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Sie reduziert ihre Öffnungszeiten und erweitert ihren Händlermarkt. „Ich habe den Kaffee auch in unterschiedlichen Supermärkten angeboten - und einen Onlineshop errichtet.“ Der Onlineverkauf unter kaffeemanufaktur-arnsberg.de hilft ein wenig - und dennoch sucht sie sich eine Anstellung, um finanziell über die Runden zu kommen. „Ich habe dann 35 Stunden die Woche in Anstellung gearbeitet und gleichzeitig meine Kaffeemanufaktur weiter geführt.“ Eine Lebensspirale, die keine Zeit für Sport, Hobbys und Freunde lässt. 2022 folgt die Energiepreissteigerung, 2023 die Rezession. „Man merkt einfach, dass die Menschen nicht mehr so viel Geld ausgeben können oder möchten“, sagt Katharina Dlhoš. Daher sei sie dankbar für ihre Stammkundschaft, die ihr treu geblieben sei.
Im Gegenzug stiegen jedoch auch die Betriebskosten und auch die Einkaufspreise des Rohkaffees. „Und dann gibt es neben den regulären Steuern ja auch noch die Kaffeesteuer.“ Kaffeesteuer? „Ja, je Kilo Kaffee 2,50 Euro.“ Letztlich gibt es im Sommer dieses Jahres nur eine Schlussfolgerung: Sie gibt die Kaffeemanufaktur auf, um sich und ihren Sohn in eine finanziell sicherere Sphäre zu bringen. Schweren Herzens, sagt sie. Aber sie müsse sich existenziell einfach absichern. „Ich plane, eine Ausbildung im SOS-Kinderdorf zu machen - und dann als Kinderdorfmutter zu arbeiten.“
IHK sieht (noch) keinen eindeutigen Trend
Bevor sie erklären kann, wie sie auf diese Idee gekommen ist, kommt ein älterer Herr mit seiner Frau in die Kaffeemanufaktur. „Ich interessiere mich für die Kaffeesäcke“, sagt er. „Und da waren wirklich die Kaffeebohnen drin?“ - „Ja“, antwortet Katharina Dlhoš. „Das sind die Säcke, in denen der Rohkaffee angeliefert wurde.“ Was genau er mit den drei Säcken anstellen wird, die er im nächsten Moment mit 4 Euro das Stück an der Kasse bezahlt, weiß er noch nicht. „Die gefallen mir einfach!“, sagt er.
Ende einer Ära: Kaffeemanufaktur Arnsberg stellt Betrieb ein
Die Rösterei, Alter Markt 17 in 59821 Arnsberg ist seit dem 20. November wie folgt geöffnet:
Dienstag bis Freitag 10 – 17 Uhr
Samstag 9.30 – 13 Uhr
„Allgemein ist die Situation für Unternehmen - aus den bekannten Gründen (allgemeine Konjunkturschwäche, Fachkräftemangel, Bürokratiebelastung, Energiepreise etc.) - branchenübergreifend schwierig“, teilt Stefan Severin, Sprecher der IHK Arnsberg, auf Nachfrage mit. Und weiter: „Einen echten Trend, dass vor allem inhabergeführte Geschäfte als Ergebnis der Entwicklung in den letzten vier Jahren (Corona, Rezession) jetzt schließen, können wir allerdings – noch – nicht eindeutig erkennen.“
Betriebsschließungen und auch Eröffnungen seien immer Teil wirtschaftlicher Prozesse, aber auch nicht zwingend Folge der allgemeinen Rahmenbedingungen, sondern hätten oft ganz individuelle Gründe.
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