Arnsberg/Sundern/HSK. Abschiebungen sind für die Behörden der Stadt Arnsberg und den Kreis kompliziert - viele scheitern, werden gar nicht geplant. Die Hintergründe.

Nach dem Messer-Attentat in Solingen haben die Diskussionen rund um den Umgang mit Asylsuchenden in Deutschland wieder Fahrt aufgenommen. Erneut gibt es Forderungen nach härteren Abschieberegeln. Zugleich wird Aufklärung darüber verlangt, weshalb die Behörden im vergangenen Jahr mit dem Versuch scheiterten, den syrischen Asylbewerber, der dringend verdächtig ist, den Anschlag verübt zu haben, abzuschieben. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst kündigte unterdessen umfassende Aufklärung an. Mit Blick auf die nicht erfolgte Abschiebung des Verdächtigen sei im „konkreten Fall“ zu schauen, „ob alles richtig gelaufen ist“. Wenn etwas schiefgelaufen sei, müsse das auch klar benannt werden.

In Arnsberg wurde im Jahr 2024 bisher eine Abschiebung vollzogen. So teilt es die Stadtverwaltung auf Nachfrage dieser Redaktion mit. „In Vorbereitung/in Planung stehen, Stand 28. August, noch drei weitere Maßnahmen an“, so Stadtsprecher Frank Albrecht. „Damit ist im Jahr 2024 bislang noch keine überwachte Ausreise (Abschiebung) gescheitert.“

Das bedeutet:  Eine Abschiebung gab es im laufenden Jahr, drei kommen noch, sechs konnten nicht vollzogen werden in Arnsberg. Diese sechs betreffen die Rückführung einer Familie nach dem Dublin-Abkommen; sie ist für die Ausländerbehörde nicht durchsetzbar gewesen. Ausschlaggebend hierfür sei der Zeitpunkt der Zuweisung in die Kommune und die damit verbundenen Aufgaben zur Vorbereitung der Rücküberstellung (z.B. Absprachen mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie Vorlaufzeiten für die Buchung von Flügen) gewesen.

„Die Durchführung einer überwachten Ausreise scheitert unter anderem daran, dass die Betroffenen – ausreisepflichtigen Personen – nicht angetroffen werden. Ebenso sind fehlende Ausweispapiere, die zur Klärung des Herkunftslandes erforderlich sind, nicht verfügbar. Gesundheitliche, familiäre und sonstige humanitäre Gründe können ebenfalls ursächlich für eine nicht erfolgte Abschiebung sein.“, so Albrecht weiter.

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Bekannt ist jedoch, dass auch freiwillige Ausreisen ein Thema in Arnsberg sind. Denn im Zeitraum 2022 und 2023 (Stand 24. August 2023) sind 14 Menschen freiwillig ausgereist, wohingegen in dem Jahr nur zwei Abschiebungen durchgeführt werden mussten (wir berichteten). „Durch eine Reihe von Programmen können Personen, die u.a. keine Bleibeperspektive in Deutschland haben, bei einer freiwilligen Rückkehr gefördert werden. Der Umfang der Förderleistungen umfasst dabei z. B. Reisekosten, finanzielle Starthilfen sowie Unterstützungen im sozialen und psychologischen Bereich, Bildungsangebote, u.a. auch Beschäftigungsförderungen und Hilfen zur Existenzgründung. Die Programme werden stetig fortentwickelt und unter Beachtung der Gegebenheiten in den Herkunftsländern/Zielländern angepasst“, heißt es auf der Webseite des Bundesministeriums des Innern und für Heimat.

Abschiebungen im HSK in den vergangenen Jahren eingebrochen

Insgesamt ist die Zahl der Abschiebungen von ausreisepflichtigen Ausländern im Hochsauerlandkreis in den vergangenen Jahren eingebrochen. Im Jahr 2022 wurden 32 Menschen abgeschoben. Ausreisepflichtig waren 576 Personen. Ein Jahr später gab es 24 Abschiebungen. Ausreisepflichtig waren 507 Personen. Im laufenden Jahr (1. Halbjahr 2024) wurden bislang 17 Personen aus dem HSK abgeschoben. Derzeit sind insgesamt 507 Menschen ausreisepflichtig. Die Daten beziehen sich auf alle Städte und Gemeinden des Hochsauerlandkreises, mit Ausnahme von Arnsberg, das eine eigene Ausländerbehörde unterhält.

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Die Zahl der Abschiebungen sei im Coronajahr 2020 massiv eingebrochen, sagte Martin Reuther, Sprecher des HSK. In den Jahren davor habe die Zahl der Abschiebungen von ausreisepflichtigen Ausländern HSK-weit (ohne Arnsberg) zum Teil über 100 gelegen. Im Jahr 2017 gab es 141 Abschiebungen, 2018 waren es noch 115 und 2019 mussten aus dem HSK 80 ausreisepflichtige Personen Deutschland verlassen. Die meisten Ausreisepflichtigen stammen aus dem Irak, Nigeria und Guinea.

Oft Papiere nicht vorhanden

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Ohne Papiere kann niemand aus Deutschland abgeschoben werden. „Zum größten Teil können Abschiebungen nicht durchgeführt werden, weil die betroffenen Ausländer nicht über die zur Rückkehr in ihr Heimatland berechtigenden Dokumente verfügen. Weitere Hindernisse, die dem Vollzug einer Abschiebung entgegenstehen, sind familiär bedingte Duldungsgründe und gesundheitliche Einschränkungen“, heißt es in einer Antwort des Kreises auf Anfrage der WP. Im Kreishaus selbst könnten Abschiebevorgänge nicht beschleunigt werden, so Kreissprecher Reuther. „Die Rahmenbedingungen, unter denen Abschiebungen durchgeführt werden, sind durch den Bund und das Land NRW vorgegeben. Vor diesem Hintergrund hat der Hochsauerlandkreis keine eigene Handhabe, um Abschiebungen zu beschleunigen“, heißt es.