Stockum. Emotionales Wiedersehen am Frankfurter Flughafen: Mehroj Mizborov holt nach langem Kampf seine Familie nach Deutschland. Das ist ihre Geschichte.

„Hallo, Bruder“, sagt Mizrob am Frankfurter Flughafen. Es sind die Worte eines erst sechs Jahre alten Jungen, der das erste Mal in Deutschland ist. „Nein, ich bin dein Vater“, antwortet Mehroj Mizrobov und lacht. Denn die beiden sehen sich zum ersten Mal live. Nach Jahren des Wartens, der Ungewissheit und Frustration ist es ihm endlich gelungen, seine Frau und sein Kind im Zuge der Familienzusammenführung nach Deutschland zu holen.

Sabine Rosch und ihr Mann, die Mehroj Mizrobov bereits seit Jahren unterstützen, freuen sich mit der kleinen Familie. „Endlich sind sie zusammen“, ssagt Sabine Rosch, „Es war ein langer Kampf, aber es haben uns auch viele Menschen unterstützt.“ Mehroj und seine Frau Komilai Anvarkhon schauen sich tief in die Augen, lächeln sich an. Nun beginnt ein neues Leben – in einer neuen Heimat, mit einer neuen Sprache. Und mit einer bürokratischen Kultur.

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Im September 2015 kommt Mehroj aus Tadschikistan nach Deutschland. Etwa ein halbes Jahr später bittet der damals 26-Jährige um einen Praktikumsplatz beim Bosch-Service in Stockum, der ihm von Sabine und Udo Rosch sofort zugestanden wird. Mehroj Mizrobov nutzt seine Chance, macht sich sowohl mit seiner Leistung als auch menschlich einen Namen in der Werkstatt und bei der Familie Rosch. Der junge Mann aus Tadschikistan lernt Deutsch, integriert sich im Ort und absolviert eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker. Er ist fester Bestandteil des Bosch-Teams – und zugleich auch das „Sorgenkind“. Denn er wünscht sich nichts sehnlichster als die Familienzusammenführung mit seiner Frau und seinem Kind (wir berichteten).

Deutsche Bürokratie setzt Hürden

Das junge Paar kennt sich seit seiner Studienzeit. Auch Komilai Anvarkhon studiert Wirtschaft und Economy wie Mehroj. Doch kurz nach dem Studium muss er das Land verlassen –er flieht nach Deutschland. Komilai Anvarkhon folgt ihm mit einem Besucher-Visum – kann jedoch nicht bleiben. Sie muss Deutschland, und damit auch ihren Mann, verlassen.

Komilai Anvarkhon, Mehroj Mizrobov, Sohn Mizrob, Sabine und Udo Rosch freuen sich auf die zwei Highlights der nächsten Woche.
Komilai Anvarkhon, Mehroj Mizrobov, Sohn Mizrob, Sabine und Udo Rosch freuen sich auf die zwei Highlights der nächsten Woche. © WP | Thora Meißner

Die beiden müssen die Familienzusammenführung über die deutsche Botschaft beantragen. Genau das sei ein langer Weg gewesen, so Mehroj Mizrobov. „Es hat eineinhalb Jahre gedauert – aber ohne Frau Rosch hätte es vielleicht fünf Jahre gedauert“, sagt er. Die deutsche Bürokratie, Gesetzesänderungen im Heimatland und die schwierige Kommunikation trotz der Unterstützung durch Sabine Rosch und ihren Mann hätten alles kompliziert gemacht. Aber die Geduld habe sich ausgezahlt. „Es musste halt alles hieb- und stichfest sein“, sagt Sabine Rosch, „Schnellschüsse gehen da gar nicht.“  

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„Vollbepackt mit einem ganzen Leben“, wie Sabine Rosch es nennt, kommen Komilai Anvarkhon und Sohn Mizrob also in Sundern-Stockum an – in ihrem neuen Zuhause bei Mehroj. „Das ist ein Gefühl, das kann man keinem erklären. Das hat man nur für sich selbst‘‘, sagt er. Sie lächeln sich an – während sie erneut realisieren, dass sie es endlich geschafft haben.

Integration ist das Stichwort

Trotzdem, Komilai Anvarkhon ist auch traurig, ihr bisheriges Leben und ihre Heimat hinter sich gelassen zu haben. Der Kontrast zwischen ihrem Heimatland und Deutschland sei sehr groß. Und dennoch fühlt sie sich in Stockum wohl und schaut in die Zukunft. Zunächst möchte sie Deutsch lernen. Das A und O sei schließlich die Sprache. Ihr langfristiges Ziel ist es, Arbeit zu finden. „Aber erst einmal soll sich die kleine Familie einfinden, zusammenfinden und im Alltag zurechtfinden“, ergänzt Sabine Rosch. Sie zieht sich nun nach und nach als Unterstützerin zurück, sei jedoch auch weiterhin für die Familie da.

Nun freuen sich die Familien Mizrobov und Rosch aber erst einmal auf die kommende Woche. Denn da wird es gleich zwei Anlässe zum Feiern geben. Der sechsjährige Mizrob wird eingeschult. Und einen Tag später werden Mehroj Mizrobov und Komilai Anvarkhon sich auch vor dem deutschen Gesetz das Ja-Wort geben und standesamtlich heiraten. Denn genau diese Heiratsurkunde wird noch benötigt, damit die Familienzusammenführung unbefristet und in all ihrer rechtlichen Bedeutung gültig ist.

„Selbst die kleinste Hilfe war und ist für mich riesengroß“, sagt Mehroj Mizrobov. Daher ist es ihm - und auch Sabine Rosch - ein großes Anliegen, sich bei all den unterstützenden Menschen zu bedanken.