Neheim. „Vorfahrt geändert“ oder bleibt alles beim Alten? Anwohner oberhalb der Möhnestraße wünschen sich seit Januar eindeutige Verkehrsführungen.
Hier kommt die Chronologie eines „Schild-Bürgerstreiches“. Januar 2024: Werner K. Koch, Anwohner am Alten Graben, beklagt ein neues Straßenschild, das aus seiner Sicht nicht an diese Stelle gehört. „Vorfahrt geändert - ist das nun richtig oder falsch?“, fragt er. Er wendet sich an die zusändige Straßenverkehrsbehörde. Laut Aussage eines Mitarbeiters habe sich die Verkehrsregelung an dieser Stelle nicht geändert. „Das Schild ist wohl falsch aufgestellt worden und sollte entfernt werden“, habe der städtische Mitarbeiter ihm gesagt. Das war im Februar dieses Jahres. Das Schild bleibt trotzdem stehen.
Am 3. April hat Koch nachgehakt und eine E-Mail mit Bitte um Prüfung der Verkehrsregelung an die Behördenleitung geschickt. „Meine Mail wurde dann an denjenigen weitergegeben, mit dem im ich Januar bereits gesprochen hatte. Er rief mich daraufhin an und erklärte nochmals mündlich, dass das Schild wohl irrtümlich aufgestellt worden sei. Doch auf die schriftliche Bestätigung warte ich noch immer.“
Werner K. Koch wollte das unbedingt schriftlich mitgeteilt bekommen, denn: „Die Polizei ist nämlich anderer Meinung“, so Koch. Er habe über dieses Thema mit zwei befreundeten Beamten gesprochen. Nach der Straßensanierung seien der Alte Graben und auch die Parallelstraßen in verkehrsberuhigte Zonen umgewandelt worden. Demnach hätten Verkehrsteilnehmer, die aus dem Alten Graben, dem Seibertzweg oder der Franz-Stock-Straße in die Ordensmeisterstraße einbiegen, keine Vorfahrt mehr. „Eine verkehrsberuhigte Zone hebelt die rechts-vor-links-Regelung aus“, sagt Werner K. Koch.
Das sei allerdings durch die erhöhte Bepflasterung, die erst fünf Meter nach der Einfahrt zum Alten Graben beginnt, ausgehebelt worden. „Wie dem auch sei. Die Ordensmeisterstraße sollte wohl zur Vorfahrtsstraße werden. Das müsste auch für Ortsunkundige eindeutig ausgeschildert werden“, meint Koch, der sich mit vielen Anwohnern in dieser Sache einig ist. Allerdings will niemand, dass die Ordensmeisterstraße zur Vorfahrtsstraße wird. „Unser Wohngebiet ist generell eine 30er-Zone und das soll auch so bleiben“, betont Koch. Er meint, dass ohnehin viel zu viele Raser auf der Ordensmeisterstraße unterwegs seien.
Am 20. Juli steht das Schild „Vorfahrt geändert“ immer noch. Das Thema beschäftigt mittlerweile viele Leute, vor allem diejenigen, die im betreffenden Gebiet wohnen. Jetzt wendet sich Koch an die WP, die sowohl bei der Polizei im Hochsauerlandkreis als auch bei der Stadtverwaltung Arnsberg nachfragt. Polizeisprecherin Flavia Lucia Rogge antwortet: „Die Beschilderung ,Vorfahrt geändert‘ dient grundsätzlich dazu, Verkehrsteilnehmer über die Änderung einer Verkehrssituation zu informieren und sie zu erhöhter Vorsicht aufzufordern. Das ist aber nur dann angezeigt, wenn sich an der Örtlichkeit tatsächlich Änderungen ergeben haben.“
Weiterhin heißt es in der Mitteilung der Polizei: „Die grundsätzliche Vorfahrtsregelung an Kreuzungen nach Paragraf 8 der Straßenverkehrsordnung (StVO) ist rechts-vor-links. Es sei denn, durch Verkehrszeichen gelten abweichende Regelungen. Diese abweichenden Regelungen sind zum Beispiel (nach Paragraf 8 Abs. 1 Nr. 1 StVO) Beschilderungen, die anzeigen: Vorfahrt gewähren. Eine weitere abweichende Regelung von „rechts-vor-links“ ist (nach § 10 StVO) aber auch der verkehrsberuhigte Bereich (Zeichen 325.1 / „Spielstraße“). Wer aus einem verkehrsberuhigten Bereich heraus in eine Kreuzung hinein fährt, muss dem von rechts und auch dem von links kommenden Verkehr die Vorfahrt überlassen. Für denjenigen, der aus einem verkehrsberuhigten Bereich kommt, gilt rechts-vor-links also nicht.“
In diesem Fall endet der verkehrsberuhigte Bereich im Seibertzweg in Richtung der Ordensmeisterstraße mit dem Beginn der „Zone 30“, die durch das weiße Schild mit der rot umkreisten 30 und der Aufschrift Zone gekennzeichnet ist. Zusätzlich ist die Grenze zwischen „Spielstraße“/verkehrsberuhigtem Bereich und „Zone 30“ hier auch noch baulich und optisch durch die Pflasterung bzw. Asphaltierung sichtbar gemacht worden. Der verkehrsberuhigte Bereich endet also vor dem Kreuzungsbereich. Damit enden auch die Ausnahmen von der Grundregelung „rechts-vor-links“ – oder anders gesagt: die Grundregel aus § 8 StVO gilt. Im Kreuzungsbereich hat Vorfahrt, wer von rechts kommt. An der Kreuzung Seibertzweg / Ordensmeisterstraße hat Vorfahrt, wer von rechts kommt.“
Am 1. August erfolgt von der Stadtverwaltung die Stellungnahme: „Der Seibertzweg wurde durch den Umbau zu einem verkehrsberuhigten Bereich, umgangssprachlich „Spielstraße“ genannt. In einem verkehrsberuhigten Bereich sind Zufußgehende und Fahrzeuge gleichberechtigt. Zufußgehende, egal ob klein oder groß, dürfen die gesamte Straße nutzen. Entsprechend niveaugleich wurde diese ausgebaut. Fahrzeuge dürfen hier maximal Schrittgeschwindigkeit fahren, in der Rechtsprechung werden bis zu 10 km/h angenommen. Im Seibertzweg endet die Spielstraße 10 Meter vor der Einfahrt in die Ordensmeisterstraße. Hier befindet sich der Übergang in die Tempo 30 Zone. Durch das Einrücken des verkehrsberuhigten Bereiches bleibt die rechts-vor-links Regelung auf der Ordensmeisterstraße und bei Ausfahrt aus dem Seibertzweg bestehen. Dies ist wichtig, damit auch auf der Ordensmeisterstraße mit einer angepassten Geschwindigkeit gefahren wird. Durch die rechts-vor-links Regel kommt es überwiegend zu einer Verkehrsberuhigung im Straßenraum.“
Das Verkehrsschild mit der Aufschrift „Vorfahrt geändert“ ist jetzt entfernt worden. Viel Lärm um nichts.