Arnsberg. Familienvater wegen sexuellem Missbrauch von Kindern und Verbreitung kinderpornografischer Schriften vor Gericht: Warum es eine Bewährungsstrafe gibt

Bewährung - oder nicht? Die Spanne zwischen dem Antrag der Staatsanwältin und dem der Verteidigerin war doch erheblich. Die Anklagevertreterin sah ihre Vorwürfe, die sie am ersten Verhandlungstag vor der 2. Großen Strafkammer als Jugendkammer gegen einen 53-jährigen Arnsberger erhoben hatte, nach der Beweisaufnahme bestätigt. Sie hatte dem Familienvater sexuellen Missbrauch von Kindern, einer Jugendlichen und einer Schutzbefohlenen, sowie Besitz und Verbreitung kinderpornografischer Schriften vorgeworfen.

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Diese Anschuldigungen hatten sich in der langen, akribischen Beweisaufnahme der Kammer und der Staatsanwältin bestätigt. So hatte der Angeklagte mit seinem Handy vom Intimbereich seiner damals fünfjährigen Tochter Fotos gemacht und diese auch Jahre später noch nicht gelöscht. In Chatverläufen mit einer 13-Jährigen, die sein Alter nicht kannte, habe er diese zu sexuellen Handlungen angestiftet. Die polizeiliche Auswertung seines Handys ergab weitere Fotos mit sexuellen Motiven von Kindern. Teils gab der Angeklagte die Vorwürfe zu, teils konnte er selbst nicht glauben, was da ans Tageslicht gekommen war. „Wenn meine Familie damals funktioniert hätte, wäre das alles nicht passiert. Ich habe nie Vorlieben zu Kindern gehabt“, beteuerte er. „Die Chatverläufe, Fotos und Zeugenaussagen stehen im Gegensatz zu ihren Erklärungen“, musste er sich von der Vorsitzenden Richterin anhören.

Die Erklärung zu seiner Person erfolgte mit langen Pausen und unter Tränen: Nach seinem Hauptschulabschluss habe er keine Ausbildung gemacht, nur verschiedene Jobs ausgeführt, habe reichlich Schulden. Aufgrund der Anklage habe er seinen Arbeitsplatz verloren. Die Familie habe sich von ihm abgewandt. In ihrem Plädoyer erklärte die Staatsanwältin, dass der Angeklagte das Vertrauensverhältnis zu seiner Tochter massiv ausgenutzt habe. Obwohl er nicht vorbestraft ist, sei eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten tat- und schuld-angemessen. Bei einem Strafmaß von über zwei Jahren Haft ist eine Bewährung nicht möglich.

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Diese aber wollte die Verteidigerin für ihren Mandanten erreichen und beantragte eine Freiheitsstrafe von lediglich acht Monaten zur Bewährung. „Mein Mandant ist vom Prozess tief beeindruckt und erkennt, wie negativ sein Leben in den vergangenen drei Jahren für ihn verlaufen ist. Er steht vor dem Nichts. Man kann von einem minder schweren Fall ausgehen, sein Geständnis und seine Reue positiv bewerten. Er ist Therapie-willig. Das alles rechtfertigt eine Bewährungsfreiheitsstrafe“, so die Verteidigerin.

Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten zur Bewährung

Zu diesem Ergebnis kam dann auch die Strafkammer und verhängte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten zur Bewährung. In ihrer Urteilsbegründung machte die Vorsitzende deutlich, dass sich die Anklagepunkte im Laufe des Verfahrens bestätigt haben. Sie stellte unter anderem die Frage, warum der Angeklagte die von seiner fünfjährigen Tochter 2017 gefertigten Fotos 2021 immer noch auf seinem Handy hatte und zwischenzeitlich auch abgerufen worden waren. Die Vorsitzende Richterin machte auch deutlich, dass das Urteil nur deshalb möglich war, weil die Taten alle vor der Gesetzesänderung, durch die solche Handlungen von einem Vergehen zu einem Verbrechen hochgestuft worden waren, begangen worden sind.

Das Gericht erteilte dem Angeklagten folgende Weisungen: 1. Er muss sich einer Therapie unterziehen, 2. Er wird für die Dauer der dreijährigen Bewährungszeit einem Bewährungshelfer, dessen Anordnungen er befolgen muss, unterstellt.