Voßwinkel. Die Unternehmer im Gewerbegebiet in Voßwinkel kritisieren die Stadt Arnsberg für Mängel in der Infrastruktur. „Geschäftsgefährende Bedingungen“
Die Straßen im Gewerbegebiet „Gut Nierhof“ in Voßwinkel sind zum Teil für Fahrzeuge kaum noch vernünftig befahrbar. Tiefe Schlaglöcher „zieren“ die Wege, es gibt keine vernünftigen Bürgersteige, eine Beleuchtung fehlt gänzlich. Glasfaseranschlüsse? Fehlanzeige! Und die Wege sind für Lieferanten und Besucher der dort ansässigen Unternehmen auch nicht adäquat ausgeschildert. Die Liste der Mängel aus Sicht der Unternehmen im Gewerbegebiet „Gut Nierhof“ ist lang. „Zu lang“, wie Bernd Müller, Geschäftsführer der Firma Trio-Lighting, deutlich macht. „Wir haben lange geschwiegen, aber nun gehen wir an die Öffentlichkeit. Es ist notwendig, dass sich endlich etwas tut!“ Der Stadt Arnsberg hingegen sind laut eigenen Aussagen keine Beschwerden bekannt.
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Seit rund zehn Jahren wächst das Gewerbegebiet am Rande von Voßwinkel kontinuierlich. Immer mehr Unternehmen haben sich dort angesiedelt, darunter Branchengrößen wie Umarex, Caso, ALS und Trio. „Damals wurde uns von der Wirtschaftsförderung der Stadt Arnsberg versprochen, dass die Infrastruktur spätestens geschaffen wird, wenn die Firma Umarex hier hinkommt. Jetzt ist Umarex seit einem halben Jahr hier, aber es tut sich nichts und man sieht auch keine Vorbereitungen für eine Verbesserung der Infrastruktur“, erklärt Bauunternehmer Axel Becker. Er sei auch schon mal am Wochenende und spät abends noch in der Firma und beobachte eine zunehmende Vermüllung. „Manche Lkw-Fahrer nutzen das Gewerbegebiet als Parkplatz und Übernachtungsmöglichkeit. Morgens findet man dann mit Urin befüllte Flaschen in Böschungen, die weggeworfen wurden“, so Becker. „Gut Nierhof“ gerate damit und anderen Vorfällen regelrecht in Verruf.
Justin Baulmann, Geschäftsführer von bpe Licht, hat noch weitere Beobachtungen gemacht. „Es ist ein offenes Geheimnis, dass sich hier in den Abendstunden Pärchen treffen zum gemeinsam Stelldichein im Auto.“ Dies liege seiner Meinung nach u.a. daran, dass es keine Beleuchtung gebe. Dachdecker Hubert Weische sei nach eigener Aussage bereits Opfer von Metallschrottdieben auf seinem Gelände geworden. Im Schutz der Nacht hatten diese wohl zugeschlagen.
Auch der Verkehr sei ein Problem. Eine fehlende Beschilderung sorge für Verwirrung bei Lieferanten. Sattelschlepper führen zum Teil in Sackgassen rein, ohne vernünftig drehen zu können. Außerdem habe die Stadt scheinbar einen Vertrag mit dem Entsorgungsunternehmen Lobbe vereinbart, der der Firma Lobbe erlaube, Container auf den Zufahrtsstraßen abzustellen. Dadurch müssten andere Lkw aber diese Container umfahren und gerieten dabei in den Gegenverkehr. Es sei schon mehrmals zu Unfällen gekommen. Gefahr bestünde auch für Fußgänger, die beispielsweise zur Bushaltestelle gehen möchten, denn Bürgersteige gibt es nahezu keine.
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„Die gesamte Situation im Gewerbegebiet ist schädlich für das Image und auch für die Mitarbeitersuche eines Unternehmens. Und auch Kunden, die uns oder andere Betriebe besuchen, finden den Zustand blamabel“, kritisiert Caso-Geschäftsführer Peter Braukmann. Das Unternehmen habe sich bewusst dagegen entschieden, die Firmenzentrale in das Gewerbegebiet zu verlegen. Grund hierfür seien die fehlenden Glasfaseranschlüsse. Dies ist auch einer der Hauptkritikpunkte der ansässigen Unternehmer und Firmenvertreter. „Wir müssen große Datenpakete an Kunden verschicken und sind auf schnelles Internet angewiesen. Die Situation ist auf Dauer untragbar“, betont Justin Baulmann. Sein Unternehmen habe aus diesem Grund eine Richtfunkstrecke eingerichtet. Mit einer Antenne auf der alten Kita in Bachum. „Das war eine reine Notlösung, damit wir einigermaßen vernünftiges Internet haben.“ Doch nun habe die Stadt das Abkommen gekündigt und Baulmann muss nach Alternativen suchen.
„Ich habe die Kündigung per Einschreiben erhalten, ohne dass jemand auch nur ein einziges Gespräch mit mir gesucht hat. Eine stabile, schnelle Internetverbindung ist aber elementar für unser Geschäft. Das ist im Zweifel geschäftsgefährdend, wenn wir keinen Glasfaseranschluss erhalten“, sagt Baulmann. Christian Kersch von TKA ergänzt. „Infrastruktur ist nicht nur die Straße in der heutigen Zeit. Das ist auch schnelles Internet!“ „Wir nutzen IP-Telefonie und sind auch auf vernünftige Datenleitungen angewiesen“, so Stephan Zimmermann von Accodo. Manche Firmen könnten aufgrund der Internetsituation ihren Mitarbeitern sogar die Arbeit von zu Hause aus nicht gestatten, weil es schlichtweg nicht möglich sei.
Wütend sind alle Beteiligten im Gewerbegebiet über die Kommunikation der Stadt und der Wirtschaftsförderung. „Es gibt keinen Ansprechpartner, der sich unsere Sorgen und Beschwerden anhört, und sich für unsere Interessen einsetzt. Wir werden nicht ernstgenommen und niemand fühlt sich verantwortlich. Auch vonseiten der Wirtschaftsförderung fühlen wir uns allein gelassen. Wir zahlen Gewerbesteuern und sind dadurch auch irgendwie Kunden der Stadt. Dann brauchen wir auch eine bessere Infrastruktur“, rügt Bernd Müller. Die Lage des Gewerbegebiets sei traumhaft, nun müsse man auch die Bedingungen vor Ort deutlich verbessern.
In einem ersten Statement hat die Stadt Arnsberg auf die Kritik in Bezug auf den Zustand der Straßen reagiert. Frank Albrecht, Sprecher der Stadt Arnsberg, erklärt: „Hinweise zum Zustand der Straßen an die Stadt Arnsberg respektive Beschwerden sind nicht bekannt. Im Zuge der Umsetzung des rechtskräftigen Bebauungsplans werden die Straßen nach dem Abschluss der Erschließung in einen Zustand mit entsprechend langlebiger Qualität versetzt.“ Das Gewerbegebiet in Voßwinkel befinde sich noch in einem Erschließungsstadium, das heißt bei den dortigen Straßen handele es sich um ein Provisorium, sogenannte Baustraßen.
„Der Endausbau der Straßen ist erst nach Abschluss der im Bebauungsplan vorgesehenen Bebauung und Erschließung geplant und hängt daher mit der Umsetzung der letzten, von den Firmen geplanten Bauarbeiten zusammen“, so Frank Albrecht. In Kürze stünden im Gewerbegebiet noch große Bauprojekte an. Die provisorischen Straßen würden durch schwere LKW aktuell stark beansprucht. „Der Stadt Arnsberg ist der Zustand der Straßen im Gewerbegebiet bekannt, eine Kontrolle des Zustands findet regelmäßig alle drei Wochen vor Ort statt. Die Stadt Arnsberg führt bei Bedarf kleinere Reparaturarbeiten an den Straßen aus und hält somit die Verkehrssicherheit der Zuwegungen zum und im Gewerbegebiet aufrecht“, betont der Stadtsprecher.