Oeventrop. “Frag doch mal den Riesen Hün“ macht Heimatgeschichte lebendig. Das Leseheft wurde den Grundschülern in Oeventrop überreicht.
Was geschah eigentlich in meiner Heimat vor mehreren hundert Jahren? Wie hat sich das Dorf Oeventrop verändert und welche Orte, Gebäude und Traditionen haben das Dorfleben damals wie heute geprägt? Antworten darauf finden Viertklässler der Grundschule Dinschede demnächst im Unterricht. Am Montag wurde die Broschüre „Frag doch mal den Riesen Hün“ erstmals an die Schule überreicht. Jährlich sollen alle Schülerinnen und Schüler des vierten Schuljahres das Leseheft kostenlos erhalten und gemeinsam im Unterricht behandeln.
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Autor Ludwig Hoppe, Vorsitzender des Arbeitskreis Ortsgeschichte Oeventrop (AKO), lässt den Riesen Hün in insgesamt 18 Geschichten von den wichtigsten Ereignissen Oeventrops berichten. Der Riese Hün stammt aus der Sage von der Hünenburg. Sie besagt, dass er in einer Höhle am Hang des Berges, der Hünenburg, lebt. So erzählt er von all den Geschehnissen, die er über die Jahrhunderte beobachten konnte und nimmt die Schüler mit auf eine Reise in die Vergangenheit.
„Die Reihenfolge der Geschichten ist wie ein Spaziergang durch das Dorf angelegt“, erklärt Ludwig Hoppe. Angelehnt sind diese Geschichten an das Heft zum „Oeventroper Geschichtspfad“, den der Arbeitskreis ebenfalls herausgegeben hat. Auch hier wird Heimatgeschichte erlebbar gemacht: An den wichtigsten Stationen des Dorfes wurden Hinweistafeln angebracht, weiterführende Informationen hierzu befinden sich im Leseheft. „Ursprünglich war die Idee, den Schülern diese Broschüre zu schenken, jedoch denke ich, dass die Texte eher etwas für Erwachsene sind“, so Hoppe.
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Also lautet das Ziel: Heimatgeschichte kindgerecht erzählen und gestalten. Vor rund einem Jahr wurde dieses Vorhaben in die Tat umgesetzt. Ludwig Hoppe verfasste Erzählungen rund um das Dorfleben und wie es durch einschneidende historische Momente nachhaltig geprägt wurde. So erinnert sich der „Riese Hün“ an den 17. Dezember 1871 zurück, als erstmals der „Pängel Anton“, so wurde die Eisenbahn von den Leuten damals genannt, in den Oeventroper Bahnhof einfuhr. Am Bahnsteig wurde sie von zahlreichen Bewohnern mit schwenkenden Fähnchen freudig empfangen. Trotz anfänglicher Skepsis seitens der Bevölkerung, bringt sie neuen Schwung ins Dorf. Die Menschen sind endlich richtig angebunden und die Industrie konnte wachsen: Oeventrop blühte auf.
Zudem werden immer wieder kleine, nette historische Anekdoten eingestreut: Da ist zum Beispiel die Kirchenuhr, die durch die Inflation bedingt zur „teuersten Uhr der Welt wurde“. Sie kostete im Jahr 1923 sage und schreibe 8,5 Millionen Mark und war somit um ein Vielfaches teurer als die Kirche selbst, die etwas mehr als 20 Jahre zuvor erbaut wurde. Vorbei kommt man beim erzählerischen Spaziergang auch an Orten, die schon längst Geschichte sind, wie die Stuhlfabrik oder die alte Brauerei.
Ein besonderes Familienprojekt
„Um dem Ganzen mehr Leben einzuhauchen, werden die Geschichten von Illustrationen begleitet. Texte werden immer lieber gelesen, wenn man ein Bild vor Augen hat“, erklärt Hoppe. Sie stammen von Hoppes Enkelin Ida Stutzinger.
Die 22-jährige Studentin lieferte bereits vor zwei Jahren die Illustrationen für das Buch „Werners Arnsberg Abenteuer“, herausgegeben vom Arnsberger Heimatbund. Auch hier wird man durch die Geschichte des Ortes in Form eines Spaziergangs geführt.
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Für Ida Stutzinger ist es ein ganz besonderes Projekt: Seit ich ein kleines Kind bin, habe ich mir gewünscht, mal mit meinem Opa gemeinsam ein Buch zu veröffentlichen“, berichtet die Enkelin. „Ich kenne die Texte meines Opas schon immer und finde es schön, dazu die Bilder malen zu können“, freut sich die Illustratorin.
Frühere Grundschulprojekte
In der Vergangenheit verwirklichte Ludwig Hoppe, der die Grundschule Dinschede von 1980 bis 2006 leitete, eine Vielzahl an Projekten mit den Grundschülern. Gemeinsam erstellten sie von Hand gedruckte Hefte, die die Geschichte Oeventrops eindrucksvoll illustrierten. Jeder einzelne Buchstabe wurde mühevoll von Hand gesetzt und in der hauseigenen Druckerei in der Grundschule gedruckt.
Auch der Riese Hün hatte hier seinen ersten Auftritt, wobei er dort noch ganz anders aussah als Ida Stutzinger ihn für die Broschüre entworfen hat. „Besonders spannend war es die Geschichten zu illustrieren, zu denen es kein Bildmaterial gab oder auch der Riese. Sein ganzer Körper ist im Buch nie vollständig zu sehen, immer nur zum Teil“, erklärt Stutzinger. Nur von außen kann man den Riesen Hün komplett bestaunen, der die Kirche Oeventrops auf dem Cover locker in seiner Hand halten kann. Er erstreckt sich über drei ganze Seiten; kein Wunder also, dass er nicht ins Buch passt.
Weitere Schulprojekte
Mit den Ortsgeschichten lassen sich in Zukunft viele weitere Schulprojekte und Ideen für den Unterricht umsetzen, davon ist Ludwig Hoppe überzeugt. „Viele Orte des Geschehens kann man auch gemeinsam besuchen“, schlägt er vor. Der Broschüre ist eine illustrierte historische Karte beigefügt, auf der alle wichtigen Orte aus den Geschichten zu finden sind.
Mit einem Protagonisten, der der Sage nach schon seit Jahrhunderten in Oeventrop verweilt und immer noch an der Hünenburg lebt, lassen sich auch immer wieder neue Geschichten erzählen. „Vielleicht denken sich die Schülerinnen und Schüler weitere Abenteuergeschichten rund um den Riesen Hün aus“, so Hoppe.
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