Unsere Solidarität mit Ukraine-Flüchtlingen braucht mehr als Spontanhilfe, sondern einen langen Atem und das Wissen um die eigene Belastungen.
Tag 18 des schlimmen Krieges in der Ukraine. In der Ukraine? Nein, in Europa. Nein, auch hier an Ruhr und Röhr. Auch wir haben Krieg - zum Glück nicht mit Waffen, zum Glück nicht mit unseren Kindern und Männern und Frauen in den Schützengräben und unseren jungen Müttern in den Luftschutzkellern. Aber er hat uns erreicht: Wirtschaftliche Sanktionen verlangen auch von uns einen Preis, was aber allemal besser ist als weitere militärische Eskalationen.
So kann man in Arnsberg Flüchtlingen helfen>>>
Die Solidarität in Arnsberg und Sundern ist wunderbar. Noch ist das so. Menschen spenden, wollen helfen, gründen Netzwerke zur Unterstützung der Flüchtlinge und sammeln Hilfsgüter. Der Sauerländer Hilfskonvoi, der vor einer Woche die ersten 100 ukrainischen Flüchtenden von der Grenze abholte, verdient Respekt. Ebenso die vielen Aktionen von Vereinen und Initiativen. Es ist Krieg - und wir mobilisieren uns ohne Waffen, sondern mit Herz und Humanität.
So bereitet sich Sundern auf die geflohenen Menschen vor>>>
In den Stadtverwaltungen in Arnsberg und Sundern dreht sich nun alles - aber wirklich fast alles - nur noch darum, angesichts der zu erwartenden Zahl an Menschen aus der Ukraine, die kommen werden, von Beginn an vor der Lage zu bleiben. Was Arnsbergs Bürgermeister Ralf Bittner schon am ersten Kriegswochenende auf die Beine gestellt hat, zeugt von ganz großem Organisationsgeschick. Eines ist klar: Der Mann kann Krise. Das hat er bei der ersten Coronawelle bewiesen, und das zeigt er auch jetzt, wo es wahrscheinlich nötiger sein wird denn je.
So laufen die Hilfen in Arnsberg und Sundern>>>
Am Ende nämlich braucht es verlässliche professionelle Strukturen - gepaart mit Einsätzen der caritativen Verbände und der bürgerschaftlichen Netzwerke, um nachhaltig einem großen Flüchtlingszustrom Herr zu werden. Noch bestimmt die Emotionalität und Solidarität das Handeln. Es wird aber wohl nicht lange dauern, bis es um die konkreten Probleme gehen wird: würdevolle Unterbringung, Beschulung und Betreuung der Kinder, soziale und psychologische Hilfe für Fliehende, Integration und Arbeitsmarkt, Gesundheitsvorsorge, Schließen der offenbar großen Corona-Impflücken der Geflohenen (ach ja, da war ja noch ein Thema, das uns belastet) und, und, und. Das wird nicht alles geschmeidig funktionieren, kann über kurz oder lang Diskussionen über das Leistbare auslösen und die Hilfsbereitschaft vor eine Belastungsprobe stellen.
Schon jetzt spüren wir doch in den Nachrichtensendungen, dass zunehmend mehr über die Belastungen dieses Krieges und der Wirtschaftssanktionen für uns als über das Leid der Menschen im Kriegsgebiet gesprochen wird. Solidarität aber braucht einen langen Atem und darf nicht aufhören, wo wir merken, dass dieser Krieg auch uns etwas abverlangt. Solange Putin in der Ukraine wütet und sich die Konfliktparteien nicht irgendwie auf einen vielleicht auch schlecht schmeckenden „Frieden“ einigen, werden auch wir im Sauerland Opfer bringen müssen. Allemal besser, hier ein „Held“ zu sein als an einer Front zu sterben.