Arnsberg/Sundern/HSK. Nach zahlreichen Sprengungen von Geldautomaten im HSK wächst die Besorgnis in der Bevölkerung. Geldinstitute suchen nach Lösungen.
Sprengungen von Geldautomaten bleiben auch im Hochsauerlandkreis ein Problem: War im vergangenen Jahr Arnsberg Ziel der „rabiaten Panzerknacker“, scheint sich das Geschehen in diesem Frühjahr in den Osten des Kreisgebiets zu verschieben. Besorgte Bürger und Hausbesitzer schlagen Alarm, Polizei und Geldinstitute sind um Schadensbegrenzung bemüht, u.a. sollen Automaten „bombensicher“ werden.
Nie länger als fünf Minuten am Tatort
Komplettlösungen für sogenannte „stand-alone Geldautomaten“ (frei stehend) bieten verschiedene Hersteller an, wie unsere Recherche ergeben hat. „bboxx Geldautomaten“ des Herstellers Veloform z.B. sind extrem langlebig und stabil, fugenlos gefertigt aus stahlarmiertem Beton.Die Polizei hat das Vorgehen der Bankräuber analysiert. Diese sind laut Landeskriminalamt NRW nie länger als fünf Minuten am Tatort. In dieser Zeit bohren die Gangster den Geldautomaten auf, leiten ein Gasgemisch ein, lassen es mit einer Lunte explodieren und entnehmen aus den Trümmern die Geldkassetten. Könnten Farbpatronen den Raub verhindern? Einen statistisch begründeten Nachweis zur Präventionswirkung solcher Systeme in Deutschland gibt es nicht. Vielmehr ist zu vermuten, dass sich die Täter allein durch diese Technik nicht abhalten lassen würden, weil es offenbar auch einen Markt für „markierte“ Banknoten gibt, so Experten. Außerdem verursacht der Farbpatroneneinsatz hohe Kosten.Die Polizei gibt Beute-Summen nicht bekannt, um keine Nachahmer auf den Plan zu rufen. Die Bargeldmengen in den Automaten bewegen sich zwischen 50.000 und 100.000 Euro.
Doch blicken wir zunächst zurück und auf die Kriminalstatistik 2021 für den HSK: In insgesamt drei Fällen sprengten unbekannte Täter Geldautomaten in Serviceräumen von Banken und Sparkassen auf, um so an Bargeld zu gelangen. Alle Tatorte liegen in Arnsberg:
Am frühen Morgen des 2. Juli wurden zwei Geldautomaten im Foyer der in der Neheimer Hauptstraße gesprengt.
Am 11. Oktober schlugen Räuber in der gemeinsam von Sparkasse Arnsberg/Sundern und Volksbank Sauerland auf Bergheim (Auf dem Bruch) betriebenen SB-Filiale zu.
Die heimische Sparkasse wurde dann am 22. Dezember erneut Opfer eines solchen Sprengüberfalls, dieses Mal wurde der SB-Terminal vor der Postniederlassung an der Neheimer Stembergstraße zerstört.
Stichwort „zerstört“: „Bei den nächtlichen Sprengungen der Geldautomaten besteht für das Umfeld ein erhebliches Gefahrenpotenzial“, stellt die Kreispolizeibehörde fest. Bislang sei im Hochsauerlandkreis noch keine Personen verletzt worden, es gebe aber in allen Fällen Schäden an den Bankgebäuden, an benachbarten Häusern sowie an in der Nähe parkenden Fahrzeugen. Das gilt auch für die im Februar dieses Jahres erfolgten Automatensprengungen in Bestwig und Meschede. Eine weitere große Gefahrenquelle stelle das rabiate Fluchtverhalten der Täter nach der Tat dar. „Mit PS-starken Fahrzeugen flüchten diese rücksichtlos mit hoher Geschwindigkeit unter Missachtung jeglicher Verkehrsregeln, um sich dem polizeilichen Zugriff zu entziehen“, berichtet die Kripo.
Leider mit Erfolg: Keiner der Täter aus den geschilderten Fällen konnte bisher ermittelt oder gar festgenommen werden.
Aus Reihen der Bevölkerung mehren sich Stimmen, die besorgt auf diese neue Dimension der Kriminalität blicken. Sehen sich die heimischen Geldinstitute bereits mit Forderungen von Hausbewohnern konfrontiert, die den Abbau von Geldautomaten in Gebäuden fordern? „Wir sind regelmäßig im Gespräch mit unseren Vermietern und diskutieren die Gefährdungssituation für die betroffenen Gebäude und deren Bewohner“, erklärt Matthias Brägas. Zunehmend stelle man dabei fest, dass die Vermieter von Standortflächen kritischer werden, so der Sprecher der Sparkasse Arnsberg/Sundern weiter. Hinzu kämen steigende Kosten bei den einzelnen Gebäudeversicherungen.
Die beiden betroffenen SB-Terminals sind übrigens noch nicht wieder in Betrieb genommen worden. Was also tun? Standorte aufgeben? Stilllegungen hat es bei der heimischen Sparkasse bisher noch nicht gegeben. „Die Angriffe auf unsere Geldautomaten führen aber zwangsläufig dazu, dass wir uns intensiv mit der Thematik unserer Geldautomatenstruktur beschäftigen, sagt Matthias Brägas. Die Sprengungen verursachten schließlich nicht nur wirtschaftliche Schäden, sondern auch erhebliche Sachschäden – von der Gefahr für Menschenleben ganz zu schweigen… Am effektivsten scheint es zu sein, die Geldautomaten an frei stehende Standorte zu verlegen und außerdem „bombensicher“ zu machen. Am bereits frei stehenden Standort an der Stembergstraße in Neheim hält die Sparkasse fest – wird dort eine „sprengfeste Pavillon-Lösung“ installieren, um es Räubern so schwer wie möglich zu machen. Es gibt Hersteller, die solche Lösungen anbieten (siehe Infobox links oben) – verbunden allerdings mit deutlich höheren Kosten für Anschaffung und Aufstellung.
Riskante Standorte aufgeben
„Darüber hinaus prüfen wir weitere alternative frei stehende Standorte, um dort sprengfeste SB-Geldautomaten zu platzieren und andere, riskantere Standorte aufgeben zu können“, erklärt Matthias Brägas. Auch an bestehenden Standorten wird Sicherheit aber bereits groß geschrieben: Alle Terminals sind grundsätzlich mit umfassender Kameraüberwachung und Alarmanlagen ausgestattet; in den Geldautomaten wurden verschiedene Sicherungssysteme verbaut. Offensichtlich gefährdete Standorte schließt die Sparkasse zwischen 23 und 6 Uhr.