Winterberg/Siedlinghausen. Der Dorfkneipe in Siedlinghausen droht das Aus. Das darf nicht sein, sagen Christian Leisse und Ingo Wienand und retten den Gasthof Lingenauber.

Das Ende für eine weitere Dorfkneipe im Sauerland drohte, doch ein paar Gäste des Gasthofs Lingenauber in Winterberg-Siedlinghausen wollten das verhindern – und übernahmen kurzerhand die Gaststätte.

Eine Schnapsidee

Der bisherige Wirt Werner Lingenauber, den viele Gäste besser als „Schnockel“ kennen, führte den Betrieb stolze 50 Jahre. Mit 75 Jahren entschied er dann, dass es genug sei. „Ein Kumpel und ich haben in Bierlaune überlegt, den Betrieb zu kaufen. Im März haben wir das Angebot gemacht – und direkt den Zuschlag erhalten“, erzählt Christian Leisse, der Inhaber von Damen- und Herrenausstatter Leisse mit Filialen in Brilon, Willingen und Winterberg.

Der Kumpel ist Ingo Wienand. „Auch ein Siedlinghäuser, wie ich“, erklärt Leisse. Bereits vor drei Jahren übernahmen die beiden den Futtermarkt in Siedlinghausen, der heute ein Netto-Markt ist. „Wir engagieren uns bei Projekten, wo wir meinen, für den Ort etwas Sinnvolles tun zu können. Erst der Supermarkt, jetzt die Dorfkneipe.“

Die Dorfkneipe als Institution

Die Verbundenheit zur Heimat ist groß. Die Dorfkneipe gilt laut Leisse als Institution in Siedlinghausen. „Der Gasthof besteht seit 150 Jahren“, berichtet er. Schon sein Großvater habe dort 1896 sein erstes Bier getrunken. „Mein Vater auch, und ich natürlich ebenfalls. Fast jeder Siedlinghäuser ist dort sozialisiert worden. Siedlinghausen und Lingenauber gehören einfach zusammen.“

Christian Leisse

„Die Renovierung war aufwendig, aber wir haben es in einer Rekordzeit von nur sechs Wochen geschafft.“

Christian Leisse

Zum 1. November übernahmen Leisse und Wienand den Gasthof offiziell. „Die Renovierung war aufwendig, aber wir haben es in einer Rekordzeit von nur sechs Wochen geschafft“, sagt Leisse stolz. Das sei vor allem den ortsansässigen Handwerkern zu verdanken, die tatkräftig mitgeholfen haben. Dennoch sei die Renovierung kostspielig gewesen, da es zuvor einen Investitionsstau gab – lange Zeit war schließlich kein Nachfolger in Sicht.

Gasthof Lingenauber in Siedlinghausen
Die ortsansässigen Handwerker haben fleißig bei der Renovierung des Gasthofs Lingenauber mitgeholfen. © Christian Leisse | Christian Leisse

Trotzdem sei alles reibungslos verlaufen. Alle Beteiligten waren erfreut, dass etwas gegen das Kneipensterben unternommen wird – und dass der Charme des Gasthofs erhalten bleibt. „Alle waren kooperativ: die Handwerker, die Stadt Winterberg, das Ordnungsamt und das Gesundheitsamt. Jeder hat positiv und lösungsorientiert mit uns zusammengearbeitet“, lobt Leisse.

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Pläne für die Zukunft

Doch mit den Plänen der beiden Freunde ist noch lange nicht Schluss. Bisher wurde erst die erste von sechs geplanten Ausbaustufen umgesetzt. Die nächste wird im Mai abgeschlossen. „Dann eröffnen wir den großen Biergarten. Der ist jetzt auf der Westseite des Hauses, damit man die Abendsonne genießen kann“, verrät Leisse.

Im Laufe des Jahres sollen außerdem die ersten Gästezimmer wieder reaktiviert werden. „Theoretisch haben wir 15 Räume, die wir Gästen anbieten können“, erklärt Leisse. Auch der Saal soll wieder genutzt werden. Wo es früher Kino und Kegelbahn gab, soll auch in Zukunft ein kulturelles Angebot entstehen: „Lesungen, Comedy, Live-Musik. Wir wollen wieder aktiver werden in der Richtung.“

Gasthof Lingenauber in Siedlinghausen
Der renovierte Wirtsraum des Gasthof Lingenauber hat seinen alten Charme behalten. © Christian Leisse | Christian Leisse

Verstärkung gesucht

Über die letzten beiden Ausbaustufen möchte Leisse noch nichts verraten: „Jetzt geht es erst mal darum, den Kneipenbetrieb richtig ans Laufen zu bekommen.“ Einen Wirt haben die beiden bereits gefunden: Torsten Stecher, ein langjähriger Freund von Ingo Wienand. „Beide träumen seit Jahren davon, eine Kneipe zu führen. Durch Zufall klappt es jetzt eher als gedacht“, sagt Leisse. Eigentlich ist Stecher Fotograf, doch für das Projekt hat er seinen Lebensmittelpunkt nach Siedlinghausen verlegt.

Momentan fehle es allerdings noch an einem Koch. „Dafür stünde sogar eine Betreiberwohnung zur Verfügung“, fügt Leisse hinzu. Auch Aushilfen für den Tagesbetrieb werden gesucht. Bewerbungen können auf der Webseite Lingenaubers eingereicht werden.

Bier im Überschuss

Die Gäste können auf jeden Fall darauf vertrauen, dass Gasthof Lingenauber seine bekannte Atmosphäre behält – auch wenn das Bierangebot nun etwas breiter ist. „Untypischerweise haben wir vier Biersorten vom Fass: Veltins, Veltins Pülleken, Warsteiner und Kölsch“, erklärt Leisse. Besonders das Kölsch werde überraschend gut angenommen. Eine fünfte Zapfleitung gibt es ebenfalls. Dort soll im Sommer möglicherweise Hefeweizen angeboten werden.