Winterberg. Danny Dick findet nach seinem Outing in Winterberg Akzeptanz, anders als in seiner Heimat. Wie es ist jung und schwul im Sauerland zu sein.

Viele haben sich von ihm abgewendet, einige haben ihn als „Schwuchtel“ beschimpft. Danny Dick (19) hat sich mit 14 Jahren als schwul geoutet. In seiner Heimat Bad Wünnenberg stieß er auf viel Anfeindung und Hass. Doch in Winterberg fühlt er sich wohl. Dort seien die Menschen toleranter.

Angst und Verunsicherung

Er war zwölf Jahre alt, als er wusste, dass er schwul ist. „Generell merkt man das aber auch schon immer indirekt“, sagt Dick. Es sei für ihn eine schwierige Zeit gewesen. Zunächst wusste er nicht, was das ist – und dann hatte er Sorgen wegen der väterlichen Seite seiner Familie, die recht streng war. Also habe er es zunächst jahrelang für sich behalten.

„Wäre es eine Entscheidung, schwul zu sein, ich hätte sie nie getroffen.“

Danny Dick

2020, mit 14 Jahren, hat er sich dann getraut, sich zu outen – und die Hälfte seiner Familie verloren. Seine Eltern waren bereits jahrelang getrennt, und die väterliche Seite der Familie brach den Kontakt nun komplett ab. Glücklicherweise war die mütterliche Seite der Familie verständnisvoll und hat ihn akzeptiert, so wie er ist.

Ausgrenzung und Hass

Doch nicht nur in der Familie hat sein Coming-out damals Wellen geschlagen. „Es gab immer schon Sticheleien, dass ich schwul sein könnte. Beliebt war ich nie.“ Mit dem Outing verschlimmerte sich die Lage allerdings. Seine männlichen Freunde hatte er schon alle allein wegen der Vermutungen verloren. Nur Frauen wollten noch mit ihm befreundet sein. „Bei uns im Dorf war ich der Erste, der geoutet war“, sagt er dazu nur.

Danny Dick (19) aus Winterberg
Danny Dick hat auch Ausgrenzung erlebt. Heute ist das anders. © Kevin Schmidt | Kevin Schmidt

Die nächsten Jahre waren gezeichnet von Ausgrenzung und Beleidigungen. „Viele Sprüche, oft wurde ich ‚Schwuchtel‘ und sowas genannt“, erzählt Dick. Die Anfeindungen waren meist nur psychisch, nur ganz selten körperlich. „Ich habe viel Hass abbekommen.“

Ein neues Zuhause

Das alles änderte sich, nachdem er vor etwa zwei Jahren nach Winterberg gezogen ist. „Hier ist es okay. Ich wurde hier noch nicht angepöbelt oder angefeindet. Ich fühle mich hier relativ wohl“, führt er aus. „Ich habe mich hier direkt als mich gezeigt. Nicht versteckt.“ Winterberg sei ein relativ guter Ort, was sowas angeht. Allerdings könne er nicht für junge Menschen sprechen, die hier aufgewachsen sind und zur Schule gehen.

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Seine Erfahrungen seien jedenfalls positiv. „Direkt als ich ankam, wusste es jeder“, sagt er. Sein Freundeskreis sei heute wieder gut durchmischt, mit Männern und Frauen. „Winterberg ist da sehr tolerant, ich habe keine Angst rauszugehen.“ Allerdings passe er dennoch bei Orten, wo viele Touristen sind, auf. Wie die reagieren, könne man nie abschätzen. Unter Freunden und Einheimischen jedoch könne er er selbst sein.

Menschen die Angst nehmen

Natürlich gebe es immer mal wieder Blicke. „Die meisten blende ich inzwischen wahrscheinlich aus. Sowas wird es immer geben, das wird man nicht vermeiden können.“ In die Zukunft blickt Danny optimistisch: „Es fängt an, in eine gute Richtung zu gehen in dieser Welt.“ Es brauche aber etwas Geduld und Zeit – Akzeptanz könne nicht erzwungen werden.

Er fände es trotzdem schön, wenn es in der Gegend einen Raum geben würde, wo man sich treffen könnte – statt nur über Apps Leute kennenlernen zu können. „Wo Leute hingehen können, die noch nicht so weit sind. Wo sie sich trauen können und mit anderen reden können.“ Es gebe viele Leute, die es sich nicht eingestehen können oder wollen. „Die Angst sollte genommen werden.“

Danny Dick (19) aus Winterberg
Danny Dick (19) aus Winterberg, erzählt wie es ist jung und schwul im Sauerland zu sein. © Kevin Schmidt | Kevin Schmidt

Es ist keine Entscheidung

Er selbst hätte sich gewünscht, besser vorbereitet zu sein „Hätte ich damals gewusst, was auf mich zukommt“, setzt er an und hält inne: „Wäre es eine Entscheidung, schwul zu sein, ich hätte sie nie getroffen.“ Es gebe viele Probleme und Herausforderungen, gerade was die Akzeptanz anderer Menschen anbelange. „Aber es ist keine Entscheidung.“ Die einzige Entscheidung, die er treffen konnte, war es, sich zu outen oder nicht - und dazu sagt er: „Es war die beste Entscheidung meines Lebens, dass ich es akzeptiert habe und es lebe.“

Es sei allerdings manchmal immer noch schwierig. Wenn er neue Leute kennenlerne, zum ersten Mal in neue Freundeskreise komme, dann sei er oft verunsichert. Die erfahrene Diskriminierung sitzt tief. „Man weiß nie, wie Leute in neuen Freundeskreisen reagieren.“ Daher sei es wichtig, mit Selbstbewusstsein aufzutreten: „Wenn ich einen Spruch höre und in mich einkehre, dann ist das nicht gut. Das macht es schlimmer.“ Es sei besser, mit Humor damit umzugehen. Das Schlimme seien nicht die Begriffe an sich, sondern die Emotion, die dahintersteht, wenn sie verwendet werden. So nimmt er ein bisschen Kontrolle über die Sprache zurück, die andere benutzen, um ihn anzufeinden.