Winterberg/Langewiese. Zusammen feiern und zusammenhalten: Schützenbrüder und Schützenschwestern aus Langewiese sind Anfeindungen aus anderen Orten gewohnt.

Zum 16. Geburtstag, wenn sie alt genug für den Eintritt in den Schützenverein sind, wünschen sich viele Jugendliche in Langewiese eine Schützenuniform. Egal ob Junge oder Mädchen: „Hier ist das ganz normal“, erklärt Daniela Biederbick. Die Vorsitzende der Damenabteilung des Schützenvereins Langewiese e.V. ist auch mit 16 Jahren eingetreten, genauso wie die stellvertretende Vorsitzende Nicole Leber und Beisitzerin Lena Stemmer. Simone Meyer, ebenfalls Beisitzerin, ist erst als Erwachsene nach Langewiese gezogen: „Damit, dass Frauen hier im Schützenverein ganz normale Mitglieder sind, habe ich mich erst schwergetan“, erinnert sie sich. Doch auch auf sie ist der Funke schließlich übergesprungen.

Viele Vereine im HSK sind rückständig

Von den insgesamt 429 Mitgliedern, die der Schützenverein Langewiese aktuell zählt, sind 177 Frauen. Sie stellen mehr als 40 Prozent der Mitglieder. Und das hat in Langewiese schon lange Tradition: In diesem Sommer feierte der Schützenverein nicht nur sein 150-jähriges Bestehen, sondern blickte auch auf stolze 50 Jahre zurück, in denen Frauen das Vereinsleben vielfältiger gemacht haben. Obwohl diese Tradition schon so lange besteht, stehen die Langewieser damit immer noch weitestgehend allein im Hochsauerlandkreis da: Nur der Schützenverein Medebach, der in diesem Jahr ebenfalls zwei weibliche Mitglieder für ihre 50-jährige Mitgliedschaft geehrt hat, hat im vergangenen Winter den Beitrittsanträgen von mehreren jungen Frauen stattgegeben. „Ob unsere weiblichen Mitglieder in Zukunft auch aktiv an Festzügen, in der Vorstandsarbeit etc. teilnehmen, wird sich in den kommenden Jahren zeigen“, erklärte Christopher Köster als Geschäftsführer der St. Sebastianus Schützen Medebach auf Nachfrage der Westfalenpost.

Schützenschwestern mit Leib und Seele: Die Vorstandsmitglieder des Schützenvereins Langewiese (v.l.) Lena Stemmer, Simone Meyer, Nicole Leber und Daniela Biederbick.
Schützenschwestern mit Leib und Seele: Die Vorstandsmitglieder des Schützenvereins Langewiese (v.l.) Lena Stemmer, Simone Meyer, Nicole Leber und Daniela Biederbick. © WP | Rebekka Siebers

Doch auch die aktive Beteiligung von den Schützenschwestern am Vereinsleben gehört in Langewiese bei Winterberg dazu. Sie marschieren in den Festzügen mit und übernehmen Ämter im Schützenvorstand, ebenso wie die Männer. „Ich bin damit groß geworden“, erzählt Beisitzerin Lena Stemmer. Ihre Eltern und Großeltern seien Mitglieder im Schützenverein, ihr Vater habe sich lange Zeit im Vorstand engagiert: „Und für mich war klar, dass ich wie mein Vater sein wollte: Im Vorstand aktiv sein, Uniform tragen.“

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Und was das Wettschießen angeht, haben sie sich eine eigene Tradition erschaffen: Anstelle eines Schützenvogels schießen die Langewieser Schützenschwestern auf einen Damenpokal. Dieser hänge am Schützenvogel dran und werde jedes Jahr neu und individuell von der amtierenden Pokalträgerin für ihre Nachfolgerin gestaltet. Wem es gelingt, den Pokal herunterzuschießen, werde als Pokalträgerin ebenso von den Schützen geehrt wie der Schützenkönig, erhalte eine Kette und werde im Festzug feierlich präsentiert: In diesem Jahr sicherte sich Schützenschwester Anastasia Dohle diese Würde.

Die vier Damen des Schützenvorstands Langewiese: v.l. Nicole Leber, Simone Meyer, Daniela Biederbick und Lena Stemmer.
Die vier Damen des Schützenvorstands Langewiese: v.l. Nicole Leber, Simone Meyer, Daniela Biederbick und Lena Stemmer. © Schützenverein Langewiese 1874 e. V. | Schützenverein Langewiese 1874 e. V.

Schützenschwestern erleben Anfeindungen und Beleidigungen

Obwohl die Damenabteilung nun schon so lange zum Schützenverein gehört, reagieren außerhalb von Langewiese viele Menschen immer noch mit Ablehnung und mangelnder Toleranz auf die Frauen in Uniform. „Viele Außenstehende tun sich schwer mit dem selbstbewussten Erscheinungsbild der Langewieser Schützenschwestern, die als Vereinsmitglieder auf Augenhöhe auftreten - und nicht nur zum Schnittchenschmieren und Halleputzen“, schreibt Autorin Rita Maurer in der Ausgabe des Heimatliebe-Magazins anlässlich des Jubiläumsschützenfests. Und auch Daniela Biederbick und ihre Vorstandskolleginnen haben da schon viele Erfahrungen gemacht: „Im Stadtgebiet sind die Reaktionen unterschiedlich.“ Zwar gebe es grundsätzlich immer auch viele positive Rückmeldungen. „Doch es kommt auch immer wieder vor, dass man angepöbelt oder beleidigt wird“, erzählt Lena Stemmer. Vor allem jüngere Frauen würden oft noch schlechte Erfahrungen machen. Das bewährte Rezept laute dann: Kopf hoch, Brust raus und stolz weitergehen. „Ich denke mir dann: ‚Jetzt erst recht!‘“

Auf Pöbeleien und Anfeindungen reagiere der Schützenverein Langewiese geschlossen solidarisch: Die Männer und Frauen stärken sich gegenseitig den Rücken, alle halten zusammen: „Keiner bleibt hier allein“, erklärt Daniela Biederbick. Wann immer eine Frau schlechte Erfahrungen macht, erhalte sie Unterstützung von ihren Schützenschwestern und Schützenbrüdern. Auf diesen Zusammenhalt sind die Langewieser stolz, ebenso wie auf ihre Damenabteilung: „Die Gründung der Damenabteilung war eine der besten Entscheidungen, die der Verein in seiner Geschichte getroffen hat“, erklärt der Verein in seiner Chronik zum 125. Jubiläum und im Heimatliebe-Interview: „Die Frauen tun unserem Verein einfach gut.“