Marsberg/Hochsauerlandkreis. Während die Schützenfest-Saison 2024 im vollen Gange ist, ist eine Diskussion über die Rolle der Frauen im Schützenwesen entbrannt.
Frauen dürfen beim Schützenfestzug nur am Straßenrand stehen und zugucken, während die Männer mitmarschieren? Bei vielen Schützenvereinen im Hochsauerlandkreis sind diese Strukturen noch aktuell, doch das Thema gerät immer wieder in den Fokus. Im Marsberger Ortsteil Oesdorf reichte die passive Zuschauerrolle drei jungen Frauen nicht: Sie schlossen sich am vergangenen Montag kurzerhand mit Schützengewehr dem Festzug an. Was Berichten zufolge nur als Spaß gemeint war, hat in dem kleinen Ort eine Debatte angeheizt, die immer wieder und überall dort geführt wird, wo man Schützenfeste feiert: Ist die Satzung von Schützenvereinen, nach welcher Frauen nicht eintreten dürfen, im Jahr 2024 überhaupt noch zeitgemäß? Sollten Frauen am Schützenvereinsleben stattdessen gleichberechtigt teilnehmen können?
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Umdenken in den Schützenvereinen wird kommen
„Ja“, lautet darauf die Antwort von Rüdiger Eppner, Oberst des Kreisschützenbunds Brilon: „Wir werden zukünftig ein Umdenken im Schützenwesen haben.“ Das Schützenfest sei ein Fest der Begegnung, so der Kreisschützenoberst: Für alle Geschlechter und alle religiösen Überzeugungen. Demnach schätze er auch, dass in Zukunft immer mehr Schützenvereine ihre Satzungen ändern würden, um eine unkomplizierte Vereinsmitgliedschaft für Frauen zu ermöglichen. „Glaube, Sitte, Heimat und Demokratie, nach diesen Werten handeln wir.“ Der demokratische Grundgedanke fördere diesen Sinneswandel: Alte Traditionen nach und nach durch zeitgemäße Regelungen zu ersetzen, in denen niemand ausgegrenzt wird.
Schützenverein Langewiese ist Vorreiter
Ein großer Vorreiter in der Frage der Frauenbeteiligung im Schützenwesen sei der Schützenverein Langewiese im Raum Winterberg, erklärt Rüdiger Eppner. Dieser feiere am kommenden Wochenende nicht nur sein 150-jähriges Bestehen, sondern gleichzeitig auch das 50-jährige Jubiläum seiner Frauenkompanie. Und auch die St. Sebastianus Schützenbruderschaft Medebach zieht mit: Im vergangenen Jahr sei eine größere Gruppe junger Frauen in den Schützenverein eingetreten. Auch hier gebe es schon seit 50 Jahren zwei weibliche Mitglieder, erklärt der Vereinsgeschäftsführer Christopher Köster. Dass in diesem Jahr so viele junge Frauen eintreten wollten, habe im ersten Schritt zu einigen kontroversen Diskussionen im Verein geführt, so Christopher Köster. Doch die Satzung habe sie nicht daran gehindert und so sei ihren formgerechten Anträgen auch zugestimmt worden. Der Verein stehe Neuerungen grundsätzlich offen gegenüber, erläutert der Geschäftsführer: „Als moderner Verein müssen wir zwar unsere Traditionen pflegen, dürfen dabei aber nicht vergessen, mit der Zeit zu gehen.“ Kreisoberst Rüdiger Eppner sieht in diesen Entwicklungen den Beginn einer ganzen Welle von Veränderungen: „Da wird es in Zukunft viele Nachahmer geben.“
Jeder Schützenverein entscheidet selbst über Satzungsänderung
Der Kreisschützenbund Brilon mache den Schützenvereinen jedoch keine Vorschriften, was die Änderungen ihrer Satzungen angeht: „Das entscheiden die Schützenvereine selbst“, erklärt Rüdiger Eppner. So würden viele Schützenvereine auch an ihren alten Satzungen vorerst festhalten, aber eine Aufbruchstimmung sei trotzdem spürbar. Auch beim Kreisschützenbund Brilon: „Wir werden in Zukunft daran arbeiten, dass alle Menschen am Schützenwesen teilhaben können. Jeder, der gewillt ist, die Überzeugungen der Schützenvereine weiterzuführen, ist uns willkommen.“
Auch der Kreisschützenbund Büren, der für die Schützenvereine in Oesdorf, Essentho und Meerhof im Marsberger Stadtgebiet als Dachverband fungiert, stehe einer aktiven Teilhabe von Frauen im Schützenwesen nicht entgegen, wie Kreisgeschäftsführer Frank Wengenmaier erklärt. „Zahlreiche Vereine aus unserem Dachverband ermöglichen bereits die Aufnahme von Frauen bzw. sind diese als Gruppe (z.B. als Kompanie, Schießgruppe oder Musikerinnen) fester Bestandteil des Vereinslebens.“ Zu Änderungen in den Satzungen der Schützenvereine nehme der Kreisschützenbund jedoch keinen Einfluss und gebe auch keine Empfehlung ab: „Vielmehr ist hier der Wille der Mitgliederversammlungen der jeweiligen Vereine maßgeblich“, so Frank Wengenmaier.
Keine Diskriminierung in Oesdorf
Die drei jungen Frauen, die sich in Oesdorf den marschierenden Schützen des bis dato rein männlichen Vereins anschlossen, erhielten für ihren spontanen Einfall sowohl Zuspruch als auch scharfe Kritik, wie eine Zuschauerin berichtete. Zum Teil seien auch verbale Anfeindungen unter den Reaktionen gewesen. Dagegen positioniert sich die St. Johannes Schützenbruderschaft Oesdorf jedoch ganz klar, wie ihr erster Vorsitzender Tim Döring erklärt: „Die Bruderschaft distanziert sich von jeglicher Form der Diskriminierung und duldet diese in keiner Weise.“