Hochsauerland. Wie heißt das männliche Pendant zu „Politesseß Sprachliche Gleichstellung ist wichtig, auch wenn sie bei Berufsbezeichnungen kurios klingen kann. Die Stadt Marsberg sucht einen „Politeur“.
Die Gleichstellung von Mann, Frau und Divers führt manchmal sprachlich zu kuriosen Stilblüten. So ist bei der Stadtverwaltung Marsberg aktuell eine Stellenanzeige zu finden, bei der es um die Parkraumüberwachung geht. Klarer Fall: Es wird eine „Politesse“ gesucht. Aber das muss natürlich keine Frau sein. Vorweg: Die Marsberger haben alles richtig gemacht und sich streng an Herrn Duden und political correctness gehalten. Daher wird nämlich eine „Politesse“ bzw. ein „Politeur“ gesucht. „Politeur“? Der Begriff steht für das männliche Pendant und beinhaltet eine wichtige Alltagsaufgabe, die lange Zeit oft nur in Frauenhand gelegen hat. Oder hat sich das nur in unseren Köpfen abgespielt? Dabei sind männliche Politessen, pardon: Politeure, gar nicht so selten.
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Das zeigt eine Blitzumfrage in den sechs Altkreisstädten. „In der Stadt Olsberg ist ein Politeur für die Überwachung des ruhenden Verkehrs zuständig. Das ist auch gar nicht so ungewöhnlich – auch zuvor war die Stelle schon einmal männlich besetzt“, sagt Sprecher Jörg Fröhling. Peter Sauerland vom Amt für Bürgerdienste und Ordnung in Marsberg verweist auf die besagte Stellenausschreibung. Zurzeit sei im Stadtgebiet eine Politesse mit der Aufgabe betraut. Brilon sorgt für Ausgewogenheit: Dort werden eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter für die Überwachung des ruhenden Verkehrs eingesetzt. In Winterberg arbeiten tatsächlich nur Politessen. Sprecherin Rabea Kappen: „Im erweiterten Sinne kommen aber auch Männer zum Einsatz - zum Beispiel, wenn es um die Leerung und Wartung der Parkscheinautomaten oder um Widerspruchsbearbeitungen geht.“
Lukrative Einnahmequelle
Die Parkraumbewirtschaftung ist für die Kommunen übrigens durchaus eine lukrative Geldquelle. Winterberg zum Beispiel erzielt dadurch jährlich Einnahmen in Höhe von 407.500 Euro. „Allein bei den ,Knöllchen‘, also den Ordnungswidrigkeiten der Straßenverkehrsordnung, liegen wir bei 100.000 Euro im laufenden Jahr“, so Kappen.
In Hallenberg stellt sich das Problem erst gar nicht: „Bei uns findet keine Parkraumbewirtschaftung mit kostenpflichtigen Parkangeboten statt. Insofern werden derzeit keine hauptamtlichen Überwachungskräfte - weder weiblich noch männlich - eingesetzt“, so der Allgemeine Vertreter des Bürgermeisters, Holger Schnorbus. Ähnlich sieht es in Medebach aus: Aufgrund der Gemeindegröße gibt es weder Politesse noch Politeur. „Wenn Verstöße bekannt werden, greifen das Mitarbeitende des Ordnungsamtes auf und verfolgen diese im Regelfall weiter.“ Die Parkraumbewirtschaftung für die zwei Parkplätze im Bereich des „Aventura-Spielbergs“ liege in den Händen der Touristik-Gesellschaft Medebach in Zusammenarbeit mit einem privaten Parkplatzdienstleister.
Vorweg: Der Beruf der Politesse oder des Politeurs verdient Respekt und Achtung. Und vermutlich muss er/sie sich nicht selten mit rüden Verkehrsteilnehmern streiten, die letztendlich einen Fehler gemacht haben und dafür nicht gerade stehen wollen. Lediglich der Begriff „Politeur“, der vielen nicht geläufig sein dürfte, sorgt beim Lesen für ein Schmunzeln. „Poliboy“ wäre sicherlich nicht treffend gewesen, erinnert er doch eher an hochglanzpolierte und staubfreie Möbelstücke. Andererseits (Achtung Humor!): Wenn der Politeur auch noch die Motorhaube polierte und zum Strahlen brächte, wäre das zum Beispiel für einen Zehn-Euro-Strafzettel ein willkommener Nebeneffekt. Okay, geht also auch nicht!
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Das Thema Namensfindung ist spannend: Gibt es noch mehrere solcher Berufsbezeichnungen? Was ist mit der „Hebamme“? Wie wäre es mit „Hebamm“ oder „Heberich“? Bis 1987 hat sich die deutsche Sprache offenbar mit dem Begriff „Entbindungspfleger“ durchgemogelt. Kam nicht so gut. Seit 2020 dürfen auch Männer sprachlich betrachtet „Hebammen“ sein. Das Internet führt „Boxenluder“ und „Domina“ beziehungsweise „Boxenschlunz“ und den „Domino“ ins Feld, den die meisten nur als „Dominostein“ kennen; und den gibt’s schon bald wieder im Supermarktregal. Bliebe noch das „Zimmermädchen“, das im ersten Moment den faden und überholten Beigeschmack hinterlässt, dass Putzen immer noch Frauensache sei. Der „Zimmermann“ hat natürlich als Holzbau-Experte ganz andere Qualitäten. Kommt also nur der „Roomboy“ in Frage, dessen Bezeichnung durchaus etabliert sein soll. Nochmal zu Politesse und Politeur. Der maskuline Gegenpart zur Hostess, also einer professionellen Gastgeberin, die bei verschiedenen Veranstaltungen wie Messen, Konferenzen oder Firmenevents eingesetzt wird, heißt übrigens nicht „Hosteur“, sondern einfach nur „Host“. Und der „Redakteur“ stammt definitiv nicht von der „Redaktesse“ ab.
Teilzeitstelle ohne Erfolgsprämie
Wir schweifen ab! Für alle, die sich als Politesse/Politeur in Marsberg bewerben möchten: „Die Teilzeitstelle (55 Stunden im Monat, mindestens 10 Wochenstunden) ist zunächst für zwei Jahre befristet, eine Übernahme in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis ist danach beabsichtigt. Das Stundenentgelt startet mit 16,53 Euro brutto und erhöht sich nach einem Jahr auf 17,65 Euro. Für dienstliche Fahrten ist die Nutzung eines Dienstwagens möglich.“ Jederzeit frisch poliert, versteht sich. Von Erfolgsprämie steht da übrigens nichts.