Oberschledorn. Blick hinter die Kulissen des Spiekerhauses in Oberschledorn: Geschichte des Fachwerkhauses im Sauerland ist voller Familienerbe und Traditionen.
Vor einem Vierteljahrtausend, am 14. Juli 1774 gab es in der Familie Schmidt in Oberschledorn sicher ein großes Fest. Denn an diesem Tag errichteten Jacob Schmidt und seine Ehefrau Anna Maria, geb. Hegel mitten im Dorf ihr kleines zweigeschossiges und zweifach vorgekargtes Fachwerkhaus.
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Vermutlich stammte Jakob aus dem benachbarten Hof “Eches“. Im Laufe der Jahre hatte Anna Maria ihrem Mann sieben Kinder geboren und wahrscheinlich wurde es im alten Haus zu eng. Als Eisenschmelzer verdiente Jacob sich etwas Bargeld zu seinem Auskommen als Ackersmann dazu und so war es ihm möglich die Eckständer des Neubaues sogar durch bemalte Säulen hervorzuheben. Auch eine Inschrift ließen die Eheleute an der Giebel- und Traufseite anbringen: „Dieser Bau ist gemacht im Jahr Christi anno 1774 den 14 ten Julius – gloria in exelsis deo (Ehre sei Gott in der Höhe Anm.d.Red.) – Got allein die ehr – wer auf Got vertraut hat wohlegebaut im Himmel und auf er den – Got behute diesen Bau vor feur und brand – s – agata ora pro nobis (Bete für uns Anm.d.Red.) – gelobt sei Jesus Christus.“
Die Herkunft des Namens Spieker
Der Name „Spieker“ lässt darauf schließen, dass Jakob vielleicht zunächst mit seiner Familie in einem umgebauten Speicher wohnte und der Neubau diesen Namen einfach übernahm. Der nächste Hausherr wurde der jüngste Sohn Johann Caspar. Nachdem dessen erste Frau Anna Maria Schlechter mit 33 Jahren kinderlos starb ehelichte er ein zweites Mal. Aber auch Elisabeth, geb. Dessel aus Hillershausen, starb kurz nach der Geburt der dritten Tochter im Kindbett mit nur 36 Jahren. Früher dachte man pragmatischer als heute. Irgendjemand musste den Haushalt führen und sich um die kleinen Kinder kümmern und so gab es eineinhalb Jahre später wieder eine Hochzeit im Spiekerhaus. Im benachbarten Referinghausen fand Jakob seine dritte Frau Anna Elisabeth Gerbracht. Sie gebar ihm nach einer Tochter auch endlich den wahrscheinlich lang ersehnten Stammhalter Lorenz. Ein Jahr nachdem Johann Caspar an Altersschwäche im beachtlichen Alter von 82 Jahren starb, heiratete sein Sohn Lorenz die Antoinette- Friederica Hellwig aus „Helwes“ in Referinghausen. Sie bekamen sechs Kinder. Tochter Elisabeth wurde Hoferbin und heiratete 1888 Lorenz Dessel aus „Tünges“ in Oberschledorn. Zwei Jahre später, am 17. Mai 1890, brach unbeabsichtigt durch Kinderhand ein Feuer im Ort aus, dem 18 Häuser, 13 Scheunen und Ställe sowie die alte St. Antonius Kirche zum Opfer fielen. Das Spiekerhaus aber blieb verschont. Anscheinend hatte sich der Spruch in den Balken mit der Bitte um Schutz vor Feuer und Brand ausgezahlt und St. Agatha, die gegen Feuer und Blitz schützen soll, hat ihrem Namen alle Ehre gemacht.
Einschneidende Veränderungen
Leider blieb die Ehe von Elisabeth und Lorenz kinderlos und so übergaben die Eheleute Elisabeths Nichte Maria Hellwig aus „Eches“ den Hof. Sie heiratete 1922 den Neffen von Lorenz, Franz Hellwig aus “Fräkes“. Der Name Hellwig hat sich bis heute in Spiekes erhalten. Gemeinsam bekamen Franz und Maria sechs Kinder, von denen Sohn Josef 1959 wieder eine Braut aus Referinghausen mit ins Haus brachte: Brigitte Maria Barbara `Bärbel´ Winterberg. Gemeinsam bekamen sie vier Töchter. Vor 40 Jahren, am 9. August 1984, ließen Josef und Bärbel das alte Wohnhaus in die Denkmalliste aufnehmen. Drei Jahre später gab es eine einschneidende Veränderung im Haus:
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Bis 1987 lebten vier Kühe, zwei Schweine und einige Schafe und Hühner in den Stallungen. Die Landwirtschaft stellten Spiekerlüden jedoch ein, als Tochter Petra sich mit ihrem Mann Ulrich Schmidt aus Oberschledorn den Stall zur Wohnung ausbaute. Gemeinsam haben sie zwei Kinder, Carina und Lukas. 1992 richteten sich die jüngste Tochter Christel und ihr Mann Detlef Sebastian aus Medebach die Scheune zu einem Wohnhaus her. Wieder wurde aus einer Scheune/ Speicher ein Wohnhaus in dem die Beiden mit ihren Töchtern Anna und Laura wohnen. Heute, nach vielen Renovierungen und Erweiterungen, ist das Spiekerhaus ein modernes Dreigenerationen-Haus in dem Oma Bärbel mit ihren Töchtern, Schwiegersöhnen und Enkeln wohnt. Auch wenn der Familienname in den 250 Jahren von Schmidt über Dessel und Hellwig schlussendlich wieder zu Schmidt bzw. Sebastian wechselte, das Haus gegenüber der neuen St. Antoniuskirche blieb doch immer fest in Familienhand.