Brilon.. Die Schnade in Brilon: Tausende laufen die 37 Kilometer lange Strecke am Montag. Es war eine beeindruckende Veranstaltung. Die Bilder des Tages:
„Links herum“ oder „Rechts herum“, so ganz klar war das den Schützen am Montagmorgen noch nicht. Aber wer will es ihnen auch verdenken: Nach der ganzen Feierei am Wochenende steht der härteste Teil nun noch bevor: Über 37 Kilometer führt die Waldecker Schnade über viele Höhenmeter bis an die Waldecker Grenze. Bürgermeister Dr. Christof Bartsch war gut gelaunt, als er auf einem Pferd auf dem Marktplatz ritt. Zum ersten Mal mit dabei: Marcus Bange, der ab dem 1. Juli Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters wird und damit auch die Position des Stadtschreibers bei der Schnade übernimmt.
Sein Vorgänger Reinhold Huxoll war ebenfalls – und in voller Montur – vor Ort. Sichtlich gerührt wurde der Beigeordnete der Stadt Brilon vom Bürgermeister vor versammelter Mannschaft in den Ruhestand verabschiedet. Mannschaft ist in diesem Fall sogar wörtlich zu verstehen, denn an der Schnade dürfen mit wenigen Ausnahmen für Politik und Musikgruppen nur Männer teilnehmen.
Eine Tradition für Generationen
Trotzdem richtete sich der Dank des Bürgermeisters in seiner Ansprache zuerst an die anwesenden Damen, die ja nun „die Stadt in ihren Händen haben“, denn die Männer sind ja zum Grenzbegang unterwegs. Nicht nur Briloner Männer, sondern auch Gäste aus den Partnerstädten, aus Köln und auch ein paar Niederländer mischten sich zwischen die Gäste. Traditionsbewusste Schadegänger wandern in traditioneller Schnadekleidung. Ganz wichtig, weiß Winfried Dickel, ist der Blumenstrauß am Hut, der mit einem blauen Band geschmückt ist: „Dieser Strauß wird am ersten Schnadestein niedergelegt und anschließend durch einen Eichenbruch ersetzt“, so der Briloner Chronist. Die Schnade führt vom Marktplatz die Bahnhofstraße hinunter durch das Keffliker Tor zur Galmeistraße, am Tettler und am Lagerplatz Eschenberg vorbei nach Hoppecke.
Kaiserwetter zur Waldecker Schnade - die schönsten Fotos
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Dort am Schnadestein an Willmes Haus, wo die letzte Schnade endete, begrüßt der Stadtschreiber den Schnadestein: Zum Verlesen des Rezesses setzt er die städtische Standarte auf den Grenzstein. Die Schützenoffiziere ziehen ihre Degen und setzen deren Spitzen ebenfalls auf den Grenzstein. Damit zeigen sie, dass sie bereit sind, Brilons Grenzen und Interessen zu verteidigen, erklärt Winfried Dickel. Der Ursprung dieses Treibens liegt in dem Waldreichtum und den Bodenschätzen begründet. Der Reichtum der Stadt Brilon weckte Begehrlichkeiten. Wald, Gruben, Hütten und Hämmer mussten geschützt werden.
Historische Grenzvereinbarungen
Die Stadtgrenzen wurden von Steinen aber auch von Bäumen wie der Dingbuche, der Keffliker Linde, der Eskerlinde, der Kulverlinde und der Glockenbuche bewacht. Mit den Nachbarn wurden an den bestimmten Stellen Grenzvereinbarungen getroffen. Der Schnaderezess vom 24. Juni 1388 zwischen der Stadt Brilon und den Grafen von Waldeck ist in der Urschrift erhalten. Weitere Verträge wurden mit den Junkern von Alme (1525), mit den Bredelarern wegen der Mark Bontkirchen (1559), mit Hoppecke (1562), mit Büren (1577), Olsberg (1582) und mit Rüthen (1770) geschlossen. Nachdem der Grenzstein von den Schnadebrüdern mit Blumen geschmückt wurde, beginnt eigentlich erst der offizielle Teil der „Waldecker Schnade“. Diese ist mit ihren insgesamt 37 km der längste der fünf Teilabschnitte und gilt deshalb auch besonders anspruchsvoll. Fast immer ging es über Stock und Stein und außerdem war so mancher Höhenmeter zu bewältigen.
Von Grenzsteinen und Marschmusik
Nach einer etwa zweistündigen Rast folgte der strapaziöse Abstieg zur Bundestraße 251 zwischen Brilon-Wald und Willingen. Danach werden die Schnadegänger bei dem Anstieg zum Entenschnabel besonders gefordert. Dort wird der Rezess mit den Waldeckern und dem Bruchhauser Baron von Fürstenberg erneuert und, wenn auch heutzutage nicht ganz ernst gemeint, deren Grenzen aufgezeigt. Vom Richtplatz aus führt der Weg über die Fensterpöste zur Schmala und zum Lagerplatz Honigkäppchen in der Nähe der Feuereiche bei Brilon-Wald. Hier in Gottes freier Natur, unterhalb der Bruchhauser Steine, steigt dann ein Waldfest, wie man es in ganz Deutschland wohl nur selten findet. Das Bier fließt bei richtigem Schnadewetter in Strömen, und die Stimmung ist großartig.
Feierlicher Abschluss der Schnade
Nach und nach treffen hier auch die Breylsker Frauen in Scharen ein, denn hier dabei zu sein, ist auch für sie geradezu ein „Muss“, wie für so viele ehemalige Briloner, die extra für die Schnade hunderte von Kilometer in Kauf genommen haben. Sie hatten ihre Strapazen nicht bereut. Geht doch nichts darüber, wenn man an so einem Tag die Gelegenheit hat, seine alten Freunde und Bekannten wieder zu treffen.
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Auch hier musste sich so mancher Schnadeneuling und nicht nur die, der Prozedur des „Stutzäsens“ unterziehen. Da kommt keiner drum rum, meint Brilons Stadtchronist Winfried Dickel, da müsse man durch und hätte Ruhe. So mussten die Musikerinnen und Musiker der „Original Hochsauerländer“ aus Hoppecke und des Spielmannszuges der Freiwilligen Feuerwehr wie bereits am Frühstücksplatz Schwerstarbeit leisten. Denn so ziemlich jeder Stutzäsdeliquent wird mit flotter Marschmusik zum Schnadestein getragen.
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Aber gegen 19 Uhr hat das gesellige Beisammensein dann ein Ende, die Musik bläst zum Rückmarsch. Durch Brilon-Wald und Petersborn geht es zurück nach Brilon. Unter dem Geläut aller Kirchenglocken marschiert der kilometerlange Zug durch das Derker Tor in die alte Hansestadt ein. Und auch wenn es schwer fällt: Nach altem Brauch muss noch dreimal der Kump umrundet werden. Aber nachdem der Bürgermeister auf der Rathaustreppe das Schnadebuch und die städtische Standarte wieder entgegen nimmt, löst sich die Schnade auf. Wer jetzt noch etwas Kraft in den Beinen hat, macht es sich noch in einer Briloner Kneipe gemütlich, denn heute findet mit dem Vogelschießen das feierliche Finale statt.
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