Brilon/Paderborn. Das Gutachten zur Almetalbahn wurde fertiggestellt. Das Ergebnis ist vielversprechend. Bei der Umsetzung kommt es jedoch zu großen Problemen
Eine kürzlich abgeschlossene Machbarkeitsstudie zur möglichen Reaktivierung der Almetalbahn-Strecke zwischen Paderborn, Büren und Brilon Stadt hat ein positives Ergebnis erzielt. Laut der im Auftrag des Nahverkehrs Westfalen-Lippe (NWL) durchgeführten Studie würde der Nutzen einer Reaktivierung die Kosten übersteigen. Dennoch bleibt die Umsetzung unter finanziellen Vorbehalten.
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Die Studie, durchgeführt von den Gutachtern Obermeyer und SMA, bewertet den Nutzen-Kosten-Index (NKI) der Reaktivierung mit 1,6. Dieser Wert zeigt an, dass das Projekt volkswirtschaftlich sinnvoll ist, da er deutlich über dem Schwellenwert von 1,0 liegt. Diese Bewertung basiert auf einem bundesweit einheitlichen Verfahren und legt nahe, dass die Reaktivierung der Strecke insgesamt positive Auswirkungen hätte.
Untersucht wurden zwei Varianten der Reaktivierung:
Variante 1: Ein 30-Minuten-Takt zwischen Brilon Stadt und Brilon Egger sowie ein 60-Minuten-Takt auf dem Abschnitt Brilon Egger – Paderborn.
Variante 2: Ein 30-Minuten-Takt zwischen Brilon Stadt und Brilon Egger, ein 60-Minuten-Takt auf dem Abschnitt Brilon Egger – Paderborn sowie ein zusätzlicher 60-Minuten-Takt zwischen Büren und Paderborn, wodurch dieser Abschnitt insgesamt einen 30-Minuten-Takt erhält.
Die kalkulierten Kosten für die Reaktivierung der 52 Kilometer langen Strecke belaufen sich nach Gutachten auf 306 bis 314 Millionen Euro netto. Demgegenüber steht der prognostizierte Nutzen für täglich über 3.000 Fahrgäste südlich von Paderborn sowie 1.200 bis 1.600 Fahrgäste zwischen Brilon und Büren. Die Reaktivierung könnte je nach Variante bis zu 128.000 PKW-Kilometer pro Tag auf die Schiene verlagern und so das Almetal besser an das Oberzentrum Paderborn anbinden. Auch Brilon würde von dieser Anbindung profitieren.
Trotz des positiven Ergebnisses bleibt die Umsetzung der Reaktivierung ungewiss. Die angespannte Haushalts- und Finanzlage biete derzeit kaum Spielraum für eine Realisierung, so der NWL. Die Sicherstellung des bestehenden Fahrplanangebots stelle bereits eine große finanzielle Herausforderung dar. Aktuell fehlen dem NWL die Mittel für die notwendigen Vorplanungen und die Planfeststellung. Erst nach erfolgreicher Planfeststellung würden Land und Bund die Kosten für die weitere Planung und den Bau übernehmen.
Statements aus der Politik
Die SPD Brilon begrüßt den positiven Ausgang der Machbarkeitsstudie und sieht in der Reaktivierung der Almetalbahn zahlreiche Vorteile für die Region. „In Zeiten des Klimawandels und der Verkehrswende ist die Reaktivierung von Bahnstrecken eine wichtige Maßnahme, um den Individualverkehr zu reduzieren und nachhaltige Mobilität zu fördern“, so die SPD auf Anfrage der Westfalenpost. Weiterhin betonen sie die wirtschaftliche Entwicklung, die durch die Reaktivierung angestoßen werden könnte. Die verbesserte Anbindung an das Schienennetz würde es Unternehmen erleichtern, ihre Produkte zu transportieren und neue Geschäftsmöglichkeiten zu erschließen. Dies könne dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit der Region zu stärken und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Besonders für die Stadt Brilon sieht die SPD großes Potenzial, da die bessere Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln Unternehmen helfen könnte, Fachkräfte anzuziehen und neue Kunden zu gewinnen.
Auch die CDU Brilon unterstützt die Reaktivierung der Almetalbahn und sieht in den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie einen wichtigen Schritt voran. Wolfgang Diekmann, Vertreter des Hochsauerlandkreises in den Gremien des ZRL/NWL, äußert sich erfreut: „Ich freue mich über dieses Ergebnis. Dies ist ein erster wichtiger Schritt. Die Reaktivierung der 52,4 Kilometer langen Almetalbahn ist von großer Wichtigkeit für die Menschen und den Wirtschaftsstand in der Region.“ Die CDU habe in der Vergangenheit zahlreiche Gespräche geführt und Initiativen ergriffen, um die Wiederbelebung der Strecke voranzutreiben. Besonders betont wird das Interesse des größten Arbeitgebers der Stadt, der Firma Egger, an der Bahntrasse.
Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie böten laut der CDU eine solide Grundlage für zukünftige Planungen. Ob und wann die Reaktivierung umgesetzt werden kann, hängt nun von der Priorisierung und der Bereitstellung finanzieller Mittel ab. Sowohl SPD als auch CDU setzen sich dafür ein, dass das positive Votum der Machbarkeitsstudie im politischen Entscheidungsprozess berücksichtigt wird, und hoffen auf eine baldige Umsetzung des Projekts.
Initiative Almebahn freut sich
Die Initiative Almetalbahn freut sich über die positiven Ergebnisse der Machbarkeitsstudie zur Reaktivierung der Almetalbahn. „Der erste große Schritt in die richtige Richtung ist gemacht. Beide bewerteten Szenarien sind positiv und unterstreichen die hohe regionale und überregionale Bedeutung dieses Infrastrukturprojektes“, erklärte Sprecher Rainer Wester.
Die Initiative Almetalbahn ist von dem positiven Ergebnis nicht überrascht. Sie betont, dass bei den über 50 Streckenreaktivierungen in Deutschland seit 1996 die Erwartungen der Planungen fast immer erfüllt oder sogar übertroffen wurden. Sprecher Stefan Kamender mahnt jedoch zur Vorsicht: „Niemand reaktiviert irgendwo einfach so drauf los.“ Die vorliegende Machbarkeitsstudie sei lediglich der erste Schritt auf einem langen Weg. Der nächste Schritt ist eine „Standardisierte Bewertung“, die die beabsichtigte Verkehrswegeinvestition auf Grundlage der jetzigen Machbarkeitsstudie konkretisiert und für Investitionsvorhaben zwingend vorgeschrieben ist.