Brilon. Die 17-Jährige macht in diesem Jahr am Petrinum Abitur und möchte Medizin studieren. Aber vorher hat sie noch einen anderen großen Plan.
Das Abi in der Tasche und dann erstmal raus aus Deutschland. Das ist der Traum vieler junger Menschen. Für Maximiliane Molitor aus Hoppecke wird dieser Traum bald Wirklichkeit. Die 17-Jährige macht in diesem Jahr am Petrinum Abitur, will Medizin studieren. Aber vorher hat sie noch einen anderen großen Plan: Diesen Sommer macht sie sich auf den Weg nach Botswana, um sich dort für ein Jahr im Bildungsprojekt „Gewaltprävention und Stärkung junger Mädchen“ zu engagieren.
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Wie sind Sie auf die Idee gekommen nach Botswana zu gehen?
Mein Aufenthalt läuft über das Weltwärts-Programm und die Entsendeorganisation KulturLife. Es ist nicht so, dass man sich das Land aussucht, sondern das Projekt. Bei mir war das eben in Botswana. Mein erster Gedanke war nach Ghana zu gehen, weil ich zuerst in ein Krankenhaus gehen wollte. Da gibt es ein Krankenhausprojekt, bei dem man die Patienten betreut oder auch Verwaltungsaufgaben erledigt.
Wie ist das Bewerbungsverfahren abgelaufen?
Weltwärts ist die Überorganisation, die die ganzen kleinen Organisationen koordiniert. Unter anderem KulturLife, bei der ich jetzt bin. Zunächst habe ich dann eine Art Motivationsschreiben eingereicht, dann habe ich mit verschiedenen Lehrern gesprochen, die mir sozusagen ein Empfehlungsschreiben ausgestellt haben, zum Beispiel über meine Englisch-Kenntnisse. Dazu gehörte natürlich auch ein Lebenslauf. Anfang September habe ich die Rückmeldung bekommen. Im Anschluss gab es ein zweitägiges Online-Seminar, bei dem man noch mehr über die Organisation erfahren hat.
Wie ging es dann weiter?
Dann kam die Vorstellung der verschiedenen Projekte an die Reihe. Wie zum Beispiel die verschiedenen Bildungsprojekte, das Krankenhaus oder eben auch dieses Projekt zur Prävention sexueller Gewalt. Da mir gesagt wurde, dass das Risiko besteht, dass ich bei der Mitarbeit im Krankenhaus überwiegend Verwaltungsaufgaben erledigen muss und ich mich aber vor allem für das Medizinische interessiere, habe ich mich dann für das Projekt in Botswana entschieden. Da ich mich ohnehin sehr für die Rechte und Stärkung von Frauen und Mädchen interessiere und engagiere, hatte ich bei der Entscheidung auch von Anfang an ein sehr gutes Bauchgefühl.
Was werden Ihre Aufgaben sein?
Das Projekt arbeitet vor Ort mit der Menschenrechtsorganisation WAR (WoMen against rape) zusammen und fördert mit SAR (students against rape) bereits in der Schule das Selbstbewusstsein von Mädchen und Jungen. Darüber hinaus findet Aufklärungsarbeit über Themen wie HIV und Schwangerschaften von Minderjährigen statt. Es wird unter anderem Workshops an verschiedenen Grundschulen in den Dörfern rund um Maun geben, in deren Rahmen wir versuchen, das Selbstbewusstsein der Kinder durch Übungen und Aufklärung zu stärken. Außerdem gibt es beispielsweise Anlaufstellen für Frauen, an die sie sich im Falle von sexuellen Übergriffen wenden können. Das ist nicht mit den Frauenhäusern hierzulande zu vergleichen. Da Gewalt gegen Frauen in Botswana leider kulturell viel verbreiteter und „gesellschaftlich akzeptierter“ ist, können die Frauen sich nicht einfach von ihren Familien lösen. Diese Stellen dienen also mehr der ambulanten Beratung. Welche Aufgaben im einzelnen genau auf mich zukommen, werde ich aber erst nach und nach erfahren und vieles entwickelt sich auch einfach der Situation entsprechend. Auf jeden Fall wird das Projekt sehr vielfältige Aufgaben für mich bereithalten und mir gefällt besonders gut, dass es so viele individuelle Mitgestaltungsmöglichkeiten gibt.
Wussten Sie schon immer, dass Sie nach dem Abi ins Ausland wollen?
Ja, auf jeden Fall. Mir war klar, dass ich nicht direkt nach dem Abi studieren werde, aber es war jetzt nicht zwingend mein Ziel, nach Afrika zu gehen. Das kam erst nachdem ich mich damit beschäftigt habe. Meine Schwester war nach dem Abitur für ein Jahr in Australien und mein großer Bruder war circa vier Jahre auf der Walz. Daher wurde mir das in meiner Familie schon vorgelebt, aber von unseren Eltern auch immer gefördert. Der Wunsch, nach dem Abitur erstmal „rauszukommen“ und etwas von der Welt zu sehen, nimmt ja generell immer mehr zu. Mir ist dabei allerdings eine gewisse Planung und Organisation wichtig und Teil von etwas zu sein, statt einfach blind loszuziehen. Work & Travel zum Beispiel wäre daher eher nichts für mich gewesen..
Was möchten Sie nach dem Aufenthalt studieren?
Ich möchte Medizin studieren und das weiß ich auch schon seit frühester Kindheit. Aufgrund einer angeborenen Fußfehlstellung, die im Jahr 2020 sogar eine notwendige Beinverlängerung nach sich zog, hat mich Medizin schon mein ganzes Leben intensiv begleitet und mir war schon sehr früh bewusst, wie wichtig der Zugang zu medizinischer Versorgung ist. Außerdem habe ich am eigenen Leib erlebt, wie sehr es das Leben eines Kindes positiv beeinflussen kann, wenn der Arzt einen als ganzen Menschen sieht und sich nicht nur auf die „Baustellen“ fokussiert. So gab es zum Beispiel Ärzte, die mich als Kind schon darin bestärkt haben, Dinge zu tun, die aus rein medizinischer Sicht streng genommen vielleicht nicht so förderlich waren, mich aber ein „normales“ Kind sein ließen. So habe ich zum Beispiel, wie eigentlich alle Kinder aus unserem Dorf, schon mit fünf Jahren angefangen Garde zu tanzen. Ich habe das dann eben mit Orthese gemacht.
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Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Garde tanze ich seit der Beinverlängerung nicht mehr. Einige Jahre war es schlichtweg nicht möglich und jetzt gehe ich ja erst ein Jahr nach Afrika, danach dann das Studium. Das würde sich jetzt nicht mehr lohnen. Ersatzweise habe ich damals dann zum Beispiel angefangen Klavier zu spielen und es kamen andere Sachen dazu, die dann diesen Platz eingenommen haben. Im Karnevalsverein bin ich aber trotzdem noch und helfe beim Schminken oder anderen Vorbereitungen. Das begleitet mich also trotzdem weiterhin. Seit meinem fünften Lebensjahr bin ich außerdem in der DLRG, seit rund 4 Jahren bin ich dort auch als Trainerin aktiv. Seit der sechsten Klasse gebe ich Nachhilfe. Da unterrichte ich eigentlich alle Fächer von Deutsch über Mathe bis Latein und ich singe im Schulchor. Achja, im Musikverein Hoppecke spiele ich auch noch Trompete.
Was raten Sie anderen Schülern, die darüber nachdenken, ins Ausland zu gehen?
Man sollte sich ganz viel informieren, da es so unfassbar viele Möglichkeiten gibt. Manche fahren vielleicht in eine Küstenregion um Meeresschildkröten zu retten, andere unterstützen vielleicht landwirtschaftliche Projekte und gehen auf eine Mangofarm. Meine Schwester war zum Beispiel auf einer Rinderfarm. Nicht vergessen sollte man aber, dass es auch lokal ganz viele Möglichkeiten gibt, Projekte vor der Haustür zu unterstützen. Eine Freundin von mir macht zum Beispiel ein Jahr Bundesfreiwilligendienst in der Stadtbücherei Brilon.
Kommen Sie zwischendurch nach Hause oder bleiben Sie durchgehend in Botswana?
Im Moment ist der Plan, dass ich komplett da bleibe. Aber man weiß ja im Vorfeld nicht was passiert oder wie es sich entwickelt.
Was werden Sie besonders vermissen?
Auf jeden Fall meine Familie und meine Freunde, also meine Heimat, die wird mir schon fehlen. In meiner Gastfamilie ist noch eine andere Teilnehmerin aus Eckernförde. Ich habe also die Möglichkeit Deutsch zu sprechen und so ein „Stück Heimat“ immer bei mir. Ich denke auch, dass das Jahr wegen der vielen neuen Eindrücke sehr schnell rumgehen wird.
Gibt es etwas, das Ihnen Angst macht?
Wirklich Angst habe ich nicht, aber die Tatsache, dass ich mich kulturell wohl sehr stark anpassen muss und es für Frauen nicht ganz ungefährlich ist, nach Afrika zu fliegen, flößt mir schon Respekt ein. Ich hoffe außerdem, dass es keine größeren Schwierigkeiten mit der Kommunikation gibt.
Wie läuft die Finanzierung?
Die Überorganisation Weltwärts wird zu 75% vom Bundesministerium für wirtschftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gefördert. Die übrigen 25% muss dann die Unterorganisation übernehmen, in meinem Fall also KulturLife und die finanzieren sich komplett über Spenden. Ich habe daher schon mögliche Spender kontaktiert und von einigen auch bereits eine positive Rückmeldung erhalten, darunter die Sparkasse HSK und die Stadt Brilon. Im Frühjahr habe ich im Edeka auch Waffeln verkauft und darüber 250 Euro eingenommen. Jeder Teilnehmer sollte über einen Spenderkreis ungefähr 3000 Euro beisteuern. Das ist zwar keine Pflicht, da die Teilnahme prinzipiell kostenlos ist, allerdings muss das Projekt langfristig finanziert werden, um jungen Menschen auch zukünftig die Möglichkeit für Auslandsaufenthalte zu garantieren.
Wie kann man Sie oder die Organisation unterstützen?
Wenn man mich unterstützen möchte, kann man einen gewissen Betrag direkt auf das Konto der Organisation KulturLife überweisen. Jeder Teilnehmer bekommt eine individuelle Nummer, die im Verwendungszweck angegeben werden muss, damit die Organisation die Spende dem jeweiligen Freiwilligen zuordnen kann. In meinem Fall ist die Nummer „2024/32010“. Auf Anfrage erhält jeder Unterstützer auch eine Spendenbescheinigung. Da für das Jahr 2024 rund ein Viertel der Bundesmittel für die Freiwilligendienste gekürzt werden, zählt jeder Cent umso mehr. Ich freue mich wirklich auch über den kleinsten Betrag.
Wie bereiten Sie sich auf den Aufenthalt vor?
Ein wichtiges Thema sind natürlich Impfungen, wie zum Beispiel gegen Gelbfieber und die Auffrischung gegen Hepatitis. Im Juli bin ich noch eine Woche auf einem Vorbereitungsseminar in Plön, dort werden wir noch mehr über die Kultur im Land erfahren und darauf vorbereitet, wie wir uns vor Ort verhalten sollten, um nicht gegen die kulturelle Etikette zu verstoßen. Die indigenen Sprachen lernt man so im Umgang vor Ort, aber im öffentlichen Leben wird in Botswana hauptsächlich Englisch gesprochen. Ich musste im Bügerbüro eine internationale Geburtsurkunde und ein internationales Führungszeugnis beantragen, da wir zunächst als Touristen einreisen, um dann im Land das Arbeitsvisum zu beantragen.
Und wann geht’t los?
Am 3. September geht der Flug. Zunächst von Frankfurt nach Johannesburg und von da dann weiter nach Maun. Insgesamt werden wir also circa 12 Stunden unterwegs sein. Dann werden wir wahrscheinlich erstmal ein bisschen schlafen. Die nächsten paar Tage haben wir Zeit uns einzugewöhnen und dann starten wir auch schon richtig durch..