Altenbüren. Bürgerbeteiligung bei Windkraft: Ein NRW-Gesetz fordert finanziellen Anteil für Anwohner und Kommunen. Das ist jetzt geplant.
Die Veranstaltung sei „kein erfreulicher Anlass“, so führt Bürgermeister Dr. Christof Bartsch in die Bürgerversammlung zur Windenergie in Altenbüren ein. Mehr als 100 Besucher waren der Einladung der Ortsvorsteher Volker Dietrich aus Altenbüren und Manfred Göke aus Esshoff gefolgt.
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Am ersten Februar hatte der Briloner Rat bei zwei Gegenstimmen beschlossen, vier neue Windkraftanlagen nordwestlich und nordöstlich von Altenbüren zu genehmigen. Die Zustimmung des Rates zum Bau der v.g. Windenergieanlagen gilt vorbehaltlich der Klärung der noch offenen Fragestellungen. Es ist geplant die WEA 10 und 11 als sog. Bürgerwindenergieanlagen zu betreiben. Die Verwaltung wurde beauftragt, die Möglichkeiten der Umsetzung zu prüfen.
In der Bürgerversammlung erklärte der Bürgermeister die Motivation hinter der Versammlung: „Es ist uns wichtig die Einwohner von Brilon an dieser Stelle mitzunehmen, denn die Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahren deutlich geändert“, so Bartsch. Der SPD-Politiker meint damit vor allem die zwei Komplexe Klimawandel und den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, die auch in Deutschland für ein beschleunigtes Umdenken beim Thema Energieversorgung gesorgt hätten: „Das Klima macht ernst und die Politik muss reagieren“, lautet daher ein Lösungsvorschlag, die von Bund- und Ländern geforderte Energiewende auch in den Kommunen umzusetzen.
Windkraftausbau soll beschleunigt werden
Die Bundesregierung hat das Windenergie-an-Land-Gesetz im Frühjahr 2022 verabschiedet, um den Ausbau der Windenergie zu erhöhen und zu beschleunigen. Gemäß dem Gesetz sollen bis spätestens 2032 zwei Prozent der Bundesfläche für den Bau von Windenergieanlagen zur Verfügung stehen. Die Umsetzung erfolgt über das Windflächenbedarfsgesetz, das den Bundesländern verbindliche Flächenbeitragswerte vorschreibt. Nordrhein-Westfalen hat sich verpflichtet, bis 2027 1,1 Prozent und bis 2032 1,8 Prozent der Landesfläche für Windenergieanlagen bereitzustellen. Die Umsetzung erfolgt über die Landes- und Regionalplanung, wobei die Planungsregion Arnsberg 13.186 Hektar für die Windenergienutzung bereitstellen muss.
Ein Teil dieser Flächen liegt nordwestlich und nordöstlich von Altenbüren. Potenzielle Investoren könnten diese Flächen für den Bau von Windenergieanlagen nutzen, sofern die Zustimmung der Grundstückseigentümer vorliegt. Die erforderliche Änderung des Landesentwicklungsplanes wurde bereits von der Landesplanung eingeleitet. Um diesen Investoren zuvor zukommen, möchte die Stadt nun also selber bauen, denn bei der Windkraft gilt das Windhundprinzip: „Wer zuerst kommt, der hat das Zugriffsrecht“. Die Einnahmen aus der Windenergie würde die Stadt aber lieber in der eigenen Kasse, auf dem Konto der Bürger oder bei den Vereinen vor Ort sehen. Denn nach Ansicht von Bartsch findet die Energiewende vor allem „in den ländlichen Gebieten“ statt. Ein Blick auf die Karte stützt diese Ansicht: Schon mit bloßem Auge sind im Hochsauerlandkreis deutlich mehr Flächen erkennbar, die für Windenergie ausgewiesen sind, als in den Nachbarkreisen Olpe oder Soest: „Das liegt an unterschiedlichen Siedlungsstrukturen“, so die Erklärung des Bürgermeisters.
Regionalplan wird bald offengelegt
Aktuell werden auf den Flächen, die die Regionalplanung für Windkraft vorgesehen hat, noch Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt, dadurch kann es möglicherweise noch Änderungen geben. Bürgermeister Christof Bartsch rechnet aber trotzdem damit, dass es recht zügig losgeht: „Spätestens im ersten Quartal des nächsten Jahres‘, so seine Einschätzung“. Gegen Pfingsten werde mit der Offenlegung des Regionalplanes gerechnet.
Zum Abschluss seines Vortrags richtete der Bürgermeister noch eine Frage an das Publikum: „Wie sollte die Stadt die Bürger an den Windrädern beteiligen?“, so Bartsch. Und da waren sich die Anwesenden größtenteils einig: Falls irgendwie möglich sollten vor allem die betroffenen Bewohner davon profitieren. Hier insbesondere die jüngere Generation: „Die müssen mit dieser Belastung ja auch am längsten leben“, so die Anmerkung eines Beteiligten. Vorstellbar sei aber auch, so der Bürgermeister, dass man sich mit eigenem Kapital beteilige. Möglich wären auch günstigere Strompreise, von denen die Betroffenen profitieren könnten. Hierfür müsste möglicherweise auch eine Vereinbarung mit der Stadt Olsberg getroffen werden, da die Windräder an der Gemeindegrenze lägen.
Mit dem „Bürgerenergiegesetz NRW“ , das am 15. Dezember 2023 im Landtag beschlossen wurde und zum Jahreswechsel in Kraft getreten ist, verpflichtet die schwarz-grüne Landesregierung Betreiber von Windkraft-Anlagen, Bürger und Kommunen finanziell zu beteiligen. Wer in NRW also eine neue Windenergie-Anlage baut oder eine Anlage vollständig erneuert („Repowering“), muss Anwohner und umliegende Gemeinden künftig am Profit beteiligen.
Ob das allerdings für mehr Akzeptanz sorgt, bleibt aktuell zumindest fraglich. Ein Bürger aus Esshoff sagt, was an diesem Abend vermutlich vielen Anwesenden durch den Kopf geht: „Ich fühle mich in Esshoff von Windrädern umzingelt“. Dem stimmte der Bürgermeister zu: „In Esshoff kann man tatsächlich schon fast von einer Umzingelung sprechen“.