Hochsauerlandkreis. Im Mai hatte CDU-Europaabgeordneter Peter Liese von jeder Menge Impfstoff für den HSK gesprochen – jetzt mangelt es. Wie er das Problem erklärt.
Noch im Mai hat Dr. Peter Liese, heimischer CDU-Europaabgeordneter aus dem Hochsauerlandkreis in einem Pressegespräch versichert, dass es im Sommer genügend Impfstoff im HSK geben würde. Doch jetzt, rund vier Wochen und ein Wegfall der Impf-Priorisierung später, ist die Lage im Kreis eine andere. Nicht nur im Impfzentrum fehlen Vakzine, sondern auch in den Arztpraxen. Und dazu kommen die Zweitimpfungen, die jetzt fällig werden. Dr. Peter Liese gesteht eine Fehleinschätzung unter falschen Annahmen ein – und erklärt, wieso es gerade so an Impfstoff mangelt.
Im Mai rechnet er mit zahlreichem Impfstoff
„Niemand kann etwas versprechen. Aber nach realistischen Einschätzungen und nach meinem Dafürhalten wird immer mehr Impfstoff auf den Markt kommen.“ Das sagt Peter Liese noch am 12. Mai in einem Gespräch mit dem Ärztlichen Leiter des HSK-Impfzentrums in Olsberg, Dr. Christoph Hüttemann, und dem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), Dr. Volker Schrage. Jetzt sagt Peter Liese, als er mit seinen Aussagen von der Westfalenpost konfrontiert wird: „Mit dem Wissen von heute hätte ich empfohlen mit der Aufhebung der Impf-Priorisierung noch ein bis zwei Wochen zu warten.“
Probleme machen die Hersteller – weltweit
Unvorhergesehene Probleme bei den Impfstoffherstellern seien der hauptsächliche Grund für den Mangel an Impfstoff und die Fehleinschätzung der Experten im Mai. Das erklärt Peter Liese. Zum einen Johnson&Johnson. Bis zum 30. Juni habe der Konzern Deutschland 10 Millionen Impfstoffdosen versprochen. In dem Werk in den USA gebe es allerdings Probleme, seit Wochen. „Und das betrifft nicht nur Deutschland, sondern ist ein Problem weltweit“, so Liese. Dann Biontech. In den ersten zwei Juni-Wochen stocken die Lieferungen. „Wir erwarten also einen Peak Mitte Juni, in dem mehr Impfstoffdosen geliefert werden.“ Und CureVac? Schon im Mai hatte Peter Liese Hoffnungen auf ein weiteres Vakzin gemacht. Doch der Hersteller liefert nicht, die Datenlage für die Zulassung sei noch nicht vollständig. „Eigentlich hatten wir für April eine erste Lieferung erwartet, jetzt gibt es immer noch keine ausreichenden Daten. Ich hoffe auf eine Zulassung und Lieferung im Juli oder August“, so Liese.
Schlechtes Timing, denn die Priorisierung fällt
Impfung für Kinder?
Eine Impfung für Kinder empfiehlt der Europaabgeordnete besonders für jene Kinder und Jugendliche, die eine Vorerkrankung hätten oder deren Eltern besonders gefährdet seien. „Bei gesunden Kindern würde ich mit der Impfung noch ein wenig warten, vielleicht bis August oder September, wenn wir mehr Erfahrungen gesammelt haben, auch aus den USA.“ Er betont allerdings, dass ein Schulbetrieb nicht von einer Impfung abhängig gemacht werden dürfe. „Kinder sind immer noch am wenigsten gefährdet und wir als Erwachsene stehen in der Verantwortung, den Schulbesuch sicher zu gewährleisten.“
Die Lieferprobleme der großen Hersteller treffen eine Zeit, in der die Impfpriorisierung fällt, Impfungen für Kinder freigegeben werden und ein Gros an Zweitimpfungen ansteht. Das Timing könnte kaum schlechter sein. Dennoch bleibt Peter Liese zuversichtlich. „In der kommenden Woche wird sich die Lage verbessern und Ende Juni werden Rekordimpfungen möglich sein.“ Die Menge an Impfstofflieferungen werde sich in der kommenden Zeit einpendeln. „In Kalenderwoche 25 und 26 werde 8 bis 9 Millionen Impfstoffdosen geliefert, in Kalenderwoche 23 und 24 waren es noch 6 Millionen. Ohne Johnson&Johnson sind das immer noch umgerechnet ca. 4 Millionen Menschen, die pro Woche vollständig geimpft werden können.“ Ab dem 1. Juli werde sich die Menge bei 7 Millionen Dosen wöchentlich einpendeln. „So schaffen wir es über den Sommer“, will der Europaabgeordnete Mut machen.
Hausärzte müssen mitimpfen
„Das Hausärzte teilweise immer noch nicht impfen, das muss sich ändern. Jeder, der fachlich das Können aufweist, darf impfen, dazu gehören Fachärzte. Dort bekommt man häufig schneller Termine als beim Hausarzt“, räumt Peter Liese ein. Das die Impfgeschwindigkeit auf dem Land geringer sei als in Großstädten sei stand heute nicht korrekt. Dieses Ungleichgewicht hatte eine Recherche unserer Zeitung aufgeworfen (wir berichteten). „Die Impfgeschwindigkeit in Olpe ist größer als in Dortmund. Es gibt also kein Stadt-Land-Gefälle, auch wenn es sich so anfühlen mag. Ob sich das ändert wird sich zeigen, wenn Betriebsärzte in die Impfungen einsteigen und auf dem Land weniger Unternehmen ansässig sind, die an einen Betriebsarzt angebunden sind.“