Hochsauerlandkreis. Drogenberaterin Liliane Schafiyha-Canisius aus Brilon erklärt, warum Cannabis schädlich ist. Trotzdem spreche auch etwas für die Legalisierung
Immer wieder gibt es Diskussionen um die Legalisierung von Cannabis. Auch im Hochsauerlandkreis sind die Meinungen darüber kontrovers. Mit dem wahrscheinlichen Regierungswechsel in Berlin, hin zu einer Ampel-Koalition, rückt eine Freigabe der Droge in greifbare Nähe. Die Leiterin der Sucht- und Drogenberatung des Caritasverbandes in Brilon, Liliane Schafiyha-Canisius, sagt gegenüber der WP: „Ich habe dazu eine geteilte, differenzierte Meinung.“
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Es gibt auch positive Effekte
So befürworte sie die Entkriminalisierung der Konsumenten, die dann nicht mehr einer Strafverfolgung ausgesetzt seien. Diese seien in der Regel ja keine Kriminelle. Ein positiver Effekt habe ihrer Meinung nach auch, dass der Staat bei einem kontrollierten Verkauf auf den Reinheitsgrad achten könne; so dass dort keine anderen Stoffe hineingelangten. „In letzter Zeit ist es leider häufig vorgekommen, dass die Dealer das Cannabis beispielsweise mit anderen schädlichen Substanzen gestreckt haben“, sagt Schafiyha-Canisius. Durch einen legalen Verkauf könnte diese Gefahr, die eine noch viel größere Suchtgefahr berge, minimiert werden, findet sie.
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Sie verweist auf internationale Studien, die zu dem Ergebnis kamen, dass eine Entkriminalisierung nicht zu einem Anstieg des Cannabis-Konsums geführt hätten. Als Beispiel nennt Liliane Schafiyha-Canisius unter anderem Portugal, wo der Konsum sämtlicher Drogen nur noch eine Ordnungswidrigkeit darstelle. Das Ergebnis sei sehr positiv gewesen. So sei die Zahl der Drogentoten deutlich gesunken. Sie ist auch der Überzeugung, dass es nach einer Cannabis-Legalisierung zu keinem Anstieg der Erstkonsumenten kommt.
Diese wesentlichen Punkte sprechen gegen eine Legalisierung
Trotzdem sprächen drei wesentlichen Punkte gegen eine liberale Drogenpolitik, sagt die Leiterin der Suchtberatung aus Brilon. „Besonders für junge Konsumenten kann das fatale Folgen haben“, sagt sie. Das Gehirn von Kindern und Jugendlichen entwickle sich noch bis zum 21 Lebensjahr. Viele würden aber schon mit 14 Jahren ihren ersten Joint rauchen, sagt sie. Das bestätige sich immer wieder in ihren Beratungsgesprächen. Die Folgen können dabei massiv sein: Gedächtnisstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten und Nervosität. „Die haben dann immer wieder Schwierigkeiten, dem Unterricht in der Schule zu folgen“, sagt Liliane Schafiyha-Canisius.
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Konsum kann Psychose auslösen
Es seien bei den Jugendlichen fast ausschließlich die Eltern oder Lehrer, die bei ihr nach Rat fragen würden. Neben diesen Problemen laufen die Konsumenten außerdem Gefahr, eine Psychose zu entwickeln, deren Folgen im schlimmsten Fall das weitere Leben prägen könnten, warnt die Fachfrau. Und die könne nicht nur bei einem längeren Konsum, sondern auch durch einen einmaligen „Genuss“ ausgelöst werden. Sehr gefährlich werde es außerdem, wenn dies in Kombination mit Methamphetaminen wie beispielsweise Kokain oder LSD eingenommen werde.
Cannabiskonsumenten fehlt oft der Antrieb
Sie hebt außerdem hervor, dass Cannabis den genau gleichen Effekt beim Autofahren habe wie unter dem Einfluss von Alkohol - nämlich eine erheblich geminderte Reaktionszeit. Ihrer Erfahrung aus Therapiegesprächen heraus, würden ältere Cannabiskonsumenten eher Probleme haben als beispielsweise Alkoholiker, die oftmals noch im Beruf „funktionieren“ würden. Cannabiskonsumenten würde dagegen oft der Antrieb fehlen, überhaupt bei der Arbeit zu erscheinen. Zu ihrer Beratungsstelle würden die meisten erst kommen, wenn es die ersten Konsequenzen gegeben habe: Wie etwa der Verlust des Führerscheins, ein Rauswurf von Zuhause oder die genervte Freundin die Schluss gemacht habe.
Von der Drogensucht in den Alkoholismus
Cannabis könne außerdem auch spätere Suchtgeschichten im Alter anstoßen, sagt Schafiyha-Canisius. Sie betreue viele 50- bis 60-Jährige Alkoholiker die in ihrer Jugend regelmäßig Cannabis zu sich genommen hätten. Viele Süchtigen hätten in ihrer Kindheit Gewalt und Alkoholismus in der Familie erlebt. Missbrauch und das Fehlen von Wärme und Geborgenheit seien Triebfeder und Wurzeln von Abhängigkeit. „Die Sucht hat immer eine Geschichte“, sagt Liliane Schafiyha-Canisius.