Hochsauerland. Per Zufallsprinzip müssen 25.800 Sauerländer bei der Zensus-Neuauflage mitmachen. Was die Volkszähler wissen wollen und wozu das Ganze gut ist:
„Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zu der Zeit, da Cyrenius Landpfleger in Syrien war.“ Das Lukas-Evangelium zeigt: Volkszählungen gab es schon immer. Und jetzt wird wieder Buch geführt - auch im Hochsauerland: Damals wollte der Kaiser wissen, was Sache ist. Heute sind es die Statistiker. Wir klären die wichtigsten Fragen:
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Stichprobenartige Befragung
Wen betrifft der Zensus überhaupt? Ab dem 15. Mai werden in Nordrhein-Westfalen die Menschen in etwa jedem zwölften Haushalt im Rahmen einer Haushaltsstichprobe befragt. Vor Ort hat der Hochsauerlandkreis in den vergangenen Monaten aufwändige Vorbereitungen getroffen, um den Zensus 2022 im HSK durchzuführen. Kreissprecher Martin Reuther: „Dazu haben wir seit Anfang des Jahres über 190 ehrenamtliche Erhebungsbeauftragte (EB) gewinnen können, die bei der Befragung von rund 25.800 Auskunftspflichtigen (AP) an 5.900 Adressen behilflich sind. Das sind circa 12 Prozent der Bevölkerung, die zufällig ausgewählt wurden.“
Wen betrifft das Ganze überhaupt?
Wie funktioniert das? Die „Volkszähler“ suchen die ihnen zugewiesenen Haushalte auf. Dort reicht es aus, wenn eine Person (z.B. Vater oder Mutter) für alle im Haushalt wohnhaften Personen Auskunft gibt. Fachleute sprechen von „Proxy-Auskünften“. Vor der Befragung wird eine Karte mit einem Terminvorschlag in den Postkasten des Haushalts geworfen. Wer jetzt noch keine Postkarte im Briefkasten hatte, kann trotzdem noch eine Benachrichtigung bekommen. Denn erst seit dem 2. Mai werden die Termine verteilt. Vor dem 15. Mai darf aber nicht abgefragt werden. Falls der „Auskunftspflichtige“ zu diesem Termin nicht kann, kann er/sie über eine angegebene Telefonnummer einen neuen Termin vereinbaren. Dabei werden dann nur die wichtigsten Fragen für die Ermittlung der Einwohnerzahlen gestellt. Die Erhebungsbeauftragten kommen ins Haus/in die Wohnung und können sich ausweisen.
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Wer geht da von Haus zu Haus? Kreissprecher Martin Reuther: „Wir haben bei der Auswahl der Erhebungsbeauftragten darauf geachtet, dass sie ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen und dreifach geimpft sind. Im Rahmen einer mehrstündigen Einweisung wurden sie in Sachen Corona-Hygienevorschriften geschult. Die Zähler/innen müssen sich über einen offiziellen Ausweis zusammen mit ihrem Personalausweis beim ersten Kontakt mit einem Befragten ausweisen. Auf dem Papier stehen Name, Vorname, Geburtsdatum und die Nummer der/des Beauftragten. Verifiziert ist der Ausweis durch das HSK-Siegel und die Unterschrift der Erhebungsstellen-Leitung. Sollten die Auskunftspflichtigen unsicher sein, können sie sich über die Zensus-Hotline 02931 / 94 6800 rückversichern. Die Erhebungsbeauftragten bekommen für ihre ehrenamtliche Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung.
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Was muss ich beantworten, wie werden die Daten aufgenommen? Den Großteil der Fragen können die Befragten über einen Online-Fragebogen beantworten. In einem kurzen persönlichen Interview (maximal fünf bis zehn Minuten) an der Haustür werden u.a. folgende Merkmale abgefragt: Existenzfeststellung, Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Geschlecht, Wohnungsstatus, Staatsangehörigkeit, Familienstand. Im Online-Fragebogen, zu dem die Auskunftspflichtigen jeweils Zugangsdaten ausgehändigt bekommen, werden Fragen aus folgenden Kategorien abgefragt: Info über Zuwanderung, Bildung, Ausbildung, Berufstätigkeit, Nebenjobs, Arbeitssuche, derzeitige Haupttätigkeit, Arbeitsort, Branche/Wirtschaftszweig des Betriebs.
Erste Ergebnisse werden im November 2023 erwartet
Vor 35 Jahren ging ein Aufschrei durch die Republik. Von massiven Protesten wurde 1987 die sogenannte Volkszählung begleitet. Gegner der Zählung riefen zum Boykott auf und legten Verfassungsklage ein. Der Zensus schürte in Teilen der Bevölkerung die Angst davor, zum „gläsernen Bürger“ zu werden. Die Proteste mündeten in ein wegweisendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Datenschutz. Dieses gewährte jedem Menschen grundsätzlich das Recht, selbst darüber entscheiden zu dürfen, wer Daten von ihm erhebt, speichert, verwendet und weitergibt. Eingeschränkt werden darf dieses Recht laut Urteil nur zugunsten eines überwiegenden Allgemeininteresses. Im Mai 1987 wurde die Volkszählung schließlich durchgeführt– nachdem man das Erhebungsverfahren zuvor angepasst hatte. Laut Statistischem Bundesamt nahmen 99 Prozent der Bevölkerung damals teil.Ab dem 15. Mai werden in Nordrhein-Westfalen die Menschen in etwa jedem zwölften Haushalt im Rahmen einer Haushaltsstichprobe befragt. Wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als Statistisches Landesamt mitteilt, werden ergänzend Befragungen in Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften durchgeführt. Außerdem werden im Rahmen der Gebäude- und Wohnungszählung alle Eigentümerinnen und Eigentümer bzw. deren Beauftragte angeschrieben.Die erhobenen Daten werden von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder zusammengeführt und anonymisiert ausgewertet. Die statistische Geheimhaltung gehört zum wichtigsten Grundsatz der amtlichen Statistik: Alle Einzelangaben, die von den statistischen Ämtern erhoben werden, werden strikt geheim gehalten und dienen ausschließlich statistischen Zwecken.Rückschlüsse auf Daten einzelner Personen sind nicht möglich. Andere Behörden außerhalb der Statistik erhalten keinen Zugriff auf die Daten,auch nicht die Meldebehörden. Die Erhebungsunterlagen und die personenbezogenen Daten werden zum frühestmöglichen Zeitpunkt vernichtet bzw. gelöscht.Der Zensus 2022 ist das momentan größte Statistikprojekt in Deutschland. Ab November 2023 werden erste Resultate Veröffentlicht.
Was ist z.B. mit älteren Personen, die das nicht online ausfüllen können?Sollte die Beantwortung über das Online-Verfahren nicht möglich sein, kann die Beantwortung nach entsprechender Zustimmung auch durch eine andere Person, die die technischen Voraussetzungen besitzt, durchgeführt werden. In Ausnahmefällen kann dies auch mittels eines Papierfragenbogens geschehen, den der Befragte entweder persönlich ausfüllt und mit einem bereits frankierten Umschlag zurück an die Erhebungsstelle schickt. Oder er/sie kann ihn gemeinsam mit dem „Volkszähler“ ausfüllen. Letztere Variante ist aber aufgrund der Pandemie-Situation möglichst zu vermeiden.
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Werden nur Privathaushalte befragt? Zusätzlich werden noch 238 „Sonderbereiche“ (u.a. Studierendenwohnheime, Alten- und Pflegeheime) bearbeitet, die von der Erhebungsstelle größtenteils in Eigenregie erhoben werden.
Befragungen dauern bis in den August
Wie lange läuft der Zensus 2022? Die eigentliche Befragung startet ab dem Stichtag 15. Mai Die Erhebungsbeauftragten sind allerdings schon seit dem 2. Mai mit der Vorbegehung und den Terminankündigungen beschäftigt. Der Erhebungszeitraum endet circa drei Monate später, also Mitte August.
Welchen Sinn hat die Befragung ? Der Zensus dient als wichtige Planungs- und Entscheidungsgrundlage für Politik, Verwaltungen und Wirtschaft. Auf Grundlage des Zensus können Infrastrukturmaßnahmen wie der Bau von Schulen und Kindertagesstätten besser geplant werden. Nicht zuletzt liefert er Zensus Daten für die Wissenschaft und wird zudem als Datengrundlage für viele amtliche Statistiken herangezogen. Zum Beispiel werden auf Zensus-Basis Wahlkreise eingeteilt und auch die Stimmenverteilung im Bundesrat orientiert sich an den Einwohnerzahlen. Zudem werden Ausgleichszahlungen wie der Länderfinanzausgleich und der kommunale Finanzausgleich sowie EU-Fördermittel pro Kopf berechnet.