Marsberg-Bredelar. Ein Heißluftballon stürzt 2019 bei Marsberg ab. Es gibt Schwerverletzte. Jetzt liegt der Untersuchungsbericht vor, der die Schulfrage klärt:
Bei einem Ballonabsturz nahe der B7 in Marsberg-Bredelar im Sauerland waren am am 4. Juni 2019 neun Passagiere sowie der Pilot (64) zum Teil schwer verletzt worden: Die Verletzten erlitten Brandverletzungen 1. bis 3. Grades, Rippenfrakturen, Prellungen und Schürfwunden. Der Ballon war kurz vor der Landung ins Trudeln geraten und hart aufgeschlagen. Die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) kommt jetzt fast zwei Jahre nach dem Unglück zum Ergebnis: Es war ein Pilotenfehler. So fasst es ein Sprecher der Behörde gegenüber der WP zusammen.
Die Ballonfahrt
Laut Zeugenaussagen hatte der die prekären Windverhältnisse im Blick. Er habe gesagt, dass die Fahrt nicht durchgeführt werden würde, falls der Wind nicht nachlassen sollte. Demnach traf er gegen 20 Uhr die Entscheidung, die Fahrt durchzuführen. Start war gegen 20:15 Uhr. Es habe eine Sicherheitsunterweisung gegeben, heißt es im BFU-Bericht. Die Fahrt sei ruhig gewesen. Der Pilot habe sich zur Landung bei Bredelar entschieden. Der Begleitmannschaft im Verfolgerfahrzeug habe er per Funk seinen Standort und das Landegebiet mitgeteilt und erwähnt, dass der Wind „kernig“ sei.
Das Unglück
Bodenspuren belegen laut BFU, dass das erste Aufsetzen des rechteckigen Korbes mit der Breitseite erfolgte. Das Aufsetzen wird als hart bewertet. Der Ballonführer habe höchstwahrscheinlich die Schnellentleerung der Hülle erst voll aufgezogen, als der Korb aufgesetzt oder nach dem ersten Aufsetzen wieder abgehoben hatte. Ein fataler Fehler. Denn unter den Windbedingungen habe sich folgendes Szenario ereignet: Gegen 21.10 Uhr setzte der Heißluftballon zur Landung an. Beim ersten Aufsetzen pendelte die Ballonhülle nach vorn, der Korb blieb zurück. Der Korb hob daraufhin wieder vom Boden ab, pendelte nach vorn und beschleunigte dabei. Beim Zurückpendeln setzte der Korb wieder auf und blieb am Boden. Durch den Bodenkontakt verlor der Ballon an Geschwindigkeit, er wurde sozusagen abgebremst, und hatte somit eine geringere Geschwindigkeit als die umgebende Luft. Der Korb wurde nun unkontrolliert über den Boden geschleift. Vom ersten Aufsetzen bis zur Endlage des Ballons konnten Bodenspuren über eine Distanz von 150 Meter festgestellt werden. Die BFU kommt zum Schluss: „Der Ballonführer hatte keinen Einfluss mehr auf das weitere Geschehen.“ Beim Überschlag des Korbes in der letzten Phase der Bruchlandung wurde ein Brennerventil ausgelöst. Die Flamme traf den Piloten und einen Passagier. Der Untersuchungsbericht konnte nicht klären, wie das Brennventil wieder geschlossen wurde. Ein Helfer der Ballonmannschaft habe von außen den Korb ein Stück anheben können, so dass sich die Insassen gegenseitig helfend aus dem Korb befreien konnten.
Der Ballonpilot
Der 64 Jahre alte Ballonführer gilt als erfahrener Pilot. Er war seit 27 Jahren als Ballonfahrer aktiv, davon 24 Jahre im gewerblichen Personentransport. Der Mann wurde bei dem Unglück so schwer verletzt, dass er von Mitarbeitern der BFU erst im November 2019 vernommen werden konnte. Der Untersuchungsbericht kommt zum Schluss, dass er sich umfassend mit den Wetterbedingungen beschäftigt hatte. Unter den gegebenen meteorologischen Bedingungen habe er ein gut geeignetes Gelände ausgewählt. „Den letzten Teil der Anfahrt, kurz vor dem Aufsetzen, führte er richtigerweise entsprechend flach aus.“ Aber: „In dieser Phase der Landung hätte er sowohl die Pilotflamme löschen, als auch das Ventil des Brennstoffbehälters schließen müssen. Diese Handlungen hätten etwa 2 bis 3 Sekunden Zeit in Anspruch genommen.“ Diese Fehler hätten zu dem verhängnisvollen Aufprall geführt.
Der Ballonführer selbst gibt gegenüber der BFU an, in einer Höhe von etwa 8 bis 10 Meter begonnen zu haben, die Schnellentleerung zu öffnen. Das erste Aufsetzen sei wie geplant auf einer gemähten Wiese, erfolgt. Der Korb sei aber wieder abgehoben, einmal in Fahrtrichtung gependelt und beim Zurückpendeln habe der Korb ein zweites Mal aufgesetzt und sei am Boden geblieben. Während der anschließenden Schleiffahrt hangabwärts sei die Hülle vom Wind plötzlich nach linksweggezogen worden, so dass sich die Stahlseile quer über die Brennerspiralen gespannt hätten. Er habe sich dann auf den Rand des Korbes gesetzt und versucht, die Stahlseile aus den Brennerspiralen zu lösen. Aber die flexiblen Brennerstützen seien immer weiter in seine Richtung, in Richtung seines Korbabteils, gebogen worden. Hierbei habe er – vermutlich am Brennerrahmen – einen Schlag am Kopf erlitten. Er habe daraufhin versucht, sich in seinem Korbabteil abzuducken, aber sein Oberkörper sei zwischen Korbbrüstung und Brennerrahmen eingeklemmt worden. Dies geschah beim Umkippen und dem weiteren Überschlagen des Korbes bis in die Kopflage. Dann sei ihm die Flamme eines Brenners, vermutlich die des Flüsterbrenners, entgegengeschlagen, diese habe seinen Kopf nur um wenige Zentimeter verfehlt,aber seine Beine getroffen. Beim Anheben des Korbes sei dann die Flamme in ein Passagierabteil geschwenkt und habe dort einen Passagier getroffen.
Der Heißluftballon
Der Ballon war ordnungsgemäß zum Verkehr zugelassen und befand sich in einem guten Wartungszustand.
Die Schlussfolgerung der BFU
Der Aussage des Ballonführers, er habe - gemäß Flughandbuch - in etwa 10 bis 8 Meter Höhe begonnen, die Schnellentleerung der Hülle zu öffnen, widerspreche der Verlauf von Landung und Unfall, heißt es im Unfallbericht. Auch seine Aussage, dass der Ballon nach dem ersten Aufsetzen wieder abgehoben habe und dabei der Korb ins Pendeln gekommen sei, widerspreche dem Verlauf. „Mit einer vollständig geöffneten Schnellentleerung hätte dies nicht geschehen können, weil der Tragkraftverlust bei rechtzeitiger Öffnung - auch bei großen Hüllen - so hoch ist, dass ein Abheben und Pendeln des Ballons nahezu ausgeschlossen ist“, so die BFU.
Im Abschlussbericht heißt es: „Der Unfall ist darauf zurückzuführen, dass bei der Landung mit erhöhter Windgeschwindigkeit:
das Fast Deflating System zu spät eingesetzt wurde und somit das erneute Abheben des Ballons und die nachfolgende Ausbildung der Hülle zum Spinnaker begünstigt wurde;
es vor dem Aufsetzen unterlassen wurde, die Brennstoffzufuhr zu schließen und die Pilotflamme zu löschen und somit das unkontrollierte Zünden eines Brenners ermöglicht wurde;
der Korb sich hangabwärts überschlug und sich dabei die Flamme in den Korb richtete.“